Es herrscht deswegen Angst, und neue Tabus werden errichtet. So wird etwa das Zeichen cui 翠, das in China für die Farbe „Smaragdgrün“, aber auch für den Eisvogel steht, in den sozialen Netzwerken Chinas zensiert, weil es aus Elementen besteht, die den Familiennamen des Staatsoberhauptes Xi Jinping 習近平 / 习近平 bezeichnen, nämlich xi 習 „Lernen“, verbunden mit dem Zeichen zu 卒, welches für „Sterben“ steht.
Das berichtet Helwig Schmidt-Glintzer in „Der Edle und der Ochse – Chinas Eliten und ihr moralischer Kompass“.
Das zu erfahren, ist gut.
Es ist gut, dies zu erfahren, weil es zeigt, die Angst herrscht. Es herrscht immer noch die Angst der Diktaturen vor den Menschen. Denn sonst würden sie nicht ihre Angst durch Zensur verbergen müssen. Und mag es noch so eine lächerliche Zensur sein, wie ebendiese, Zeichen zu verbieten, die das diktatorische Angsthäschen bezeichnen.

Wie lächerlich diese angstgetriebene Zensur ist, mag auf dem europäischen Kontinent das Beispiel des Österreichers dienen, der, wäre das im Deutschen so einfach gewesen wie im Chinesischen, wohl auch Buchstaben verboten hätte, etwa „A“ und „F“ und „E“, die in seinem Namen vorkommen, mit denen auch das Wort „Affe“ geschrieben werden kann … Ohne diese drei beispielhaft genannten Buchstaben aus seinem Namen wäre nur nichts mehr zu schreiben gewesen, er selbst hätte seinen mörderischen Unsinn auch nicht schreiben, nicht reden können.
Durch seine Angst vor den Menschen, die in seinem Namen die Zeichen vorfinden, die ihn bis zur Kenntlichkeit entblößen, entblößt er sich durch Zensureinsatz bis zur Lächerlichkeit —
Im Fall des Österreichers muß aber gesagt werden, er hätte sich als „Affe“, geschrieben mit den Buchstaben aus seinem Namen, bezeichnet, erkannt gefühlt, seine Angst, die totale Macht zu verlieren, dadurch ins Unendliche gesteigert worden, wobei hinzugefügt werden muß, der wirklich Beleidigte wäre der Affe gewesen, den nichts charakterisiert, was den Österreicher charakterisiert.
Im Buch von Helwig Schmidt-Glintzer nehmen „Literaturbeamte“ einen prominenten und wichtigen Platz ein, so endet das Buch auch folgerichtig mit einem.
Zur Aufösung der aus solchen Ängsten resultierenden Lähmung und zur Freisetzung von Lebendigkeit und Kreativität bedarf es nicht zu letzt des „hehren Beamten“, der sowohl im Bild des Ochsen als auch des Edlen tradiert wird. Einen solchen Typus beschwört auch […]
Es ist aber nicht Xi Jinping, von dessen Heranziehung seines Vaters im Buch auch gesprochen wird, der einen solchen Typus beschwört —
in seinem Vater, dem Dichter Ai Qing 艾青 (1910-1996), vom dem er schreibt: „Stoisch ertrug er sämtliche Schicksalschläge. Er war als tolerant, redlich und selbstlos bekannt. Trotz allen Unglücks hat er weder den Glauben an die Gerechtigkeit noch seine freimütige Unschuld verloren […]
Sie werden seinen Sohn kennen: 艾未未.
Sie werden wohl nicht gelesen haben, was er über seinen Vater schreibt, das auch nicht das Entscheidende ist; das Wesentliche ist, was Sie lesen sollten, wenn Sie es nicht schon gelesen haben, was er, der Sohn, über die Ihnen so nahen Unternehmen schreibt, sagt, die —
Es ist gut, von der Angst der Diktatoren vor einem Zeichen zu erfahren, denn sie, die Diktatorinnen wissen zu genau, ein Zeichen genügt, und es ist mit ihren Diktaturen vorbei, und das hat das Wissen von allen zu sein, daß ein Zeichen genügt, und es vorbei ist, mit jedweder Diktatur, mit einem einzigen Zeichen ist jedwede Diktatur zu stürzen, und mit jedweder gestürzten Diktatur verschwindet zugleich auch jedwede Lächerlichkeit, die Lächerlichkeit, die nicht erst wie beim Österreicher im Nachhinein festgestellt werden wollte, sondern die während jedweder Diktatur festzustellen ist, die das Regime jedweder Diktatur ist, die Lächerlichkeit, die Wesenskern ist einer jedweden Diktatur —
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