Michael Maar schreibt in „Das Blaubartzimmer“ (Neuausgabe 2025. Rowohlt Verlag, Hamburg.), Seite 96 und 97, die Fußnote 115 auf Seite 121 f.:
Leverkühn jedenfalls kehrt an den Ort zurück, wo ihn der nackte Trieb hämisch berührte, und folgt der Verfüherin nach Ungarn. Was hätte Ungarn mit Italien zu tun, oder ist „Ungarn“ nur Chiffre und Kennwort im homosexuellen Code? 115 […]
Zwischen Ungarn und Italien laufen unterirdische Tunnel, offenbar, und als drittes ist Wien. Dorthin verschlägt es Rosza auf ihrem Weg durch die Bordelle (VII, 382), und dort macht der volljährig gewordene Thomas Mann im Juni 1896 Zwischenhalt, bevor er nach Italien weiterfährt. Dreißig Jahre später schreibt er über diesen Kurzbesuch, er habe es damals geschafft, in drei Tagen 200 Goldmark zu verprassen; „obgleich ich“, wie er kopfschüttelnd oder geheimnisvoll hinzufügt, „bloß in dem guten alten Hotel Klomser in der Herrengasse wohnte“. (XI, 399) In der Herrengasse steigt auch Leverkühn ab, nach der Erstaufführung des verhängnisvollen Violinkonzerts, die Thomas Mann in Wien stattfinden läßt.
Das Konzert ist die Liebesgabe, zu der sich Adrian von dem zudringlichen Freund hat beibiegen lassen, das platonische Kind, das Schwerdtfeger sich von ihm wünscht. (VI, 399, 467) Von Wien aus fährt er mit dem Freund nicht nach Neapel, aber auf Madame de Tolnas ungarisches Schloß, wo Schwerdtfegers Zudringlichkeit ihr unplatonisches Ziel erreicht.
115 Verbreiteten Spekulationen zu Beginn des Jahrhunderts „verdanken die Ungarn den Ruf, besonders zur Männerliebe zu neigen. So signalisiert bereits der Titel des anonymen – Oscar Wilde zugeschriebenen – Romans Teleny, daß hier die Geschichte eines homosexuellen Jünglings erzählt wird.“ (Detering, Das offene Geheimnis, S 273 f.)
Mit einem Konzert beginnt der Roman „Teleny“ und damit die Geschichte von der gleichgeschlechtlichen Liebe zwischen dem ungarischen Pianisten Teleny und Camille Des Grieux.
Vitathatatlan, hogy Oscar Wilde (1854-1900) igazi zseni volt, hiszen csak egy zseni tudja oly szélsőségesen megosztani a közvéleményt, mint ahogy tette ezt ő. A tragikus sorsú nagy deviáns bizarr, megrendítő, rejtelmes pályájú könyvével jelentkezik a kiadó, egy megdöbbentő művel forró erotikáról, szerelemről és megszállottságról. Pompás, szórakoztató, ugyanakkor igen szomorú szenvedélytörténet ez a homoerotikusnak is nevezhető regény, mely a már-már beteges rögződés és a nagyon is emberi hűtlenség drámája, s bizony olyan könyv is a Teleny, melyet a világirodalmi köztudat még pár évtizeddel ezelőtt is szégyellt és figyelmen kívül hagyott. A történet elsősorban a Teleny és Camille Des Grieux között kibontakozó szerelmi kapcsolatról szól. Köntörfalazás nélkül, nyíltan mond ki a szerző olyan dolgokat, amivel megbotránkoztatja az olvasót. Érzékletesen ábrázolja a francia bordélyok duhaj mindennapjait, a különféle szeretkezések legintimebb pillanatait. Ám nem csupán ebből áll a mű, hiszen az író egyúttal lerántja a leplet kora társadalmáról is, görbe tükröt állítva a viktoriánus kor erkölcsi normái elé. A fiatal Camille és Teleny mindent elsöprő szerelme meghiúsul, a társadalom bűnösnek tartja az ifjú szerelmeseket, az a társadalom, amely a valóságban sokkal nagyobb fertőben van, sokkal mocskosabb bűnök terhelik, az a társadalom, amely Wilde-ot is kivetette magából, s csak később ébredt rá, hogy egy kivételes művésszel, a 19. századi irodalom legnagyobb alakjával művelte ezt.
»Sie hätten nicht Priester werden sollen, dann hätten Sie heiraten können. Das, denke ich, würde Sie gerettet haben.«
Ronald Heatherington erhob sich und legte die Hand auf des Rektors Arm. »Sie verstehen mich nicht. Niemals in meinem Leben hat eine Frau mich gereizt. Können Sie nicht sehen, daß die Menschen verschieden, völlig verschieden von einander sind? Es ist unmöglich zu denken, wir alle seien gleich; unsere Naturen, unsere Temperamente sind durchaus ungleich. Aber das wollen die Menschen niemals sehen. Sie bauen ihre Meinungen auf einer falschen Grundlage auf. Wie können ihre Schlüsse richtig sein, wenn ihre Voraussetzungen falsch sind? Eine Bestimmung, die von der Mehrheit derer festgelegt ist, welche zufällig gleicher Sinne sind, verpflichtet die Minderheit nur gesetzlich, nicht moralisch. Welches Recht haben Sie oder irgend jemand, mir zu sagen, diese und jene Handlung sei sündig für mich? Oh, warum kann ich Ihnen das nicht erklären, warum kann ich Sie nicht zwingen, zu sehen?« und sein Griff preßte des anderen Arm.
Dann fuhr er ernst und fest fort: »Für mich, für meine Natur würde es Sünde sein, wenn ich geheiratet hätte: es würde ein Verbrechen gewesen sein, eine große Unsittlichkeit, und mein Gewissen würde sich empört haben.« Dann fügte er bitter hinzu: »Gewissen sollte jener göttliche Naturtrieb sein, der uns heißt, unseren natürlichen Anlagen nachzufolgen, das haben wir vergessen. Für die Meisten von uns, für die Welt vielmehr, sogar im allgemeinen für Christen ist Gewissen nur ein anderer Name für die Feigheit, die da fürchtet, dem Herkömmlichen zu trotzen. Verflucht sei dieses Herkommen! Ich habe kein moralisches Vergehen solcher Art verübt; vor Gott ist meine Seele schuldlos; für Sie jedoch und die Welt bin ich eines abscheulichen Verbrechens schuldig, abscheulich, weil es Sünde ist gegen das Herkömmliche. Ich fand diesen Knaben. Ich liebte ihn, wie ich niemals vorher jemanden oder etwas geliebt habe. Ich brauchte nicht um seine Neigung zu werben, er war in Wahrheit mein. Von Anfang an liebte er mich wie ich ihn. Er war die notwendige Ergänzung meiner Seele. Wie darf die Welt sich erdreisten, uns zu richten? Was ist uns das Herkömmliche? Obgleich ich wahrhaftig weiß, daß solch eine Liebe schön und rein ist, obgleich ich vom Grunde meines Herzens aus das niedrige Urteil der Menschen verachte, versuchte ich zuerst, Widerstand zu leisten, nur zu seinem Heil und zum Heil unserer Kirche. Ich kämpfte gegen die Bezauberung, die er auf mich ausübte. Niemals würde ich zu ihm gegangen sein und ihn um seine Liebe gebeten haben; bis zum Ende würde ich gekämpft haben. Aber was konnte ich tun? Er war es, der zu mir kam und mir den Reichtum seiner edlen Seele bot. Wie konnte ich ihm das häßliche Bild zeigen, das die Welt malt? So wie Sie ihn diesen Abend sahen, ist er Nacht für Nacht zu mir gekommen; wie durfte ich die süße Reinheit seiner Seele zerstören, durch Andeutung des fürchterlichen Argwohns, den seine Gegenwart hätte erwecken können? Ich wußte, was ich tat. Ich habe der Welt Trotz geboten und mich gegen sie aufgelehnt. Ich habe offen über ihre Vorschriften gespottet. Ich bitte Sie nicht, Mitleid mit mir zu haben, noch bettele ich, daß Sie Ihrer Hand wehren. Ihre Augen sind blind durch einen lügnerischen Star. Sie sind gefesselt, gefesselt durch jene elenden Bande, die Ihren Leib und Ihre Seele von der Wiege an gebunden hielten. Sie müssen tun, was Ihre Pflicht gebietet. In Gottes Augen sind wir Märtyrer, und wir sollten selbst vor dem Tode nicht zurückschrecken in diesem Kampfe gegen die abgötterische Anbetung des Herkömmlichen.«
Ronald Heatherington sank in den Sessel und verbarg sein Gesicht in den Händen. Der Rektor verließ schweigend den Raum. Einige Minuten hielt der junge Priester sein Gesicht begraben. Dann erhob er sich mit einem Seufzer und durchschritt den Garten, bis er vor seines Lieblings offenem Fenster stand. »Wilfred«, rief er sehr leise. Das liebliche Antlitz, bleich und mit Tränen benetzt, erschien am Fenster. »Ich bedarf deiner, mein Liebling; willst du kommen?« flüsterte er. »Ja, Vater.« Der Priester trug ihn in sein Zimmer zurück, schloß ihn sanft in die Arme; er versuchte, die kalten kleinen Füße zu erwärmen. »Mein Liebling, alles ist dahin.«
Und er erzählte ihm, so schonend er vermochte, was ihnen bevorstand. Der Knabe verbarg das Gesicht an seiner Schulter und schluchzte leise. »Was kann ich tun, lieber Vater?« Für einen Augenblick schwieg er. »Ja, du kannst für mich sterben; du kannst mit mir sterben.«
Die liebenden Arme umschlangen noch einmal seinen Hals, und die warmen Lippen küßten die seinen. »Alles will ich für Sie tun. Oh laß uns zusammen sterben.« »Ja mein Knabe, es ist besser so.« Ruhig und zärtlich bereitete er den Knaben zum Tode vor; er hörte seine letzte Beichte und gab ihm die letzte Absolution. Sie knieten Hand in Hand vor dem Kruzifix nieder. »Bete für mich, mein Liebling.« Still sandten sie ihre Gebete hinauf, daß der Herrgott Mitleid haben möge für den Priester, der gefallen war im furchtbaren Lebenskampfe.
Bis Mitternacht knieten sie dort, dann nahm Ronald den Knaben in die Arme und trug ihn in die Kapelle. »Ich will eine Messe lesen für die Ruhe unserer Seelen,« sagte er. Über sein Nachtgewand zog der Knabe den scharlachfarbenen Priesterrock mit Stickerei und Spitzen, bedeckte die nackten Füße mit den geweihten Schuhen; er zündete die Kerzen an und half ehrerbietig dem Priester, sich zu bekleiden. Bevor sie die Sakristei verließen, nahm der Priester ihn in seine Arme und zog ihn fest an die Brust. Er streichelte das weiche Haar und flüsterte ihm ermunternd zu. Der Knabe weinte still, seine schlanke Gestalt zitterte unter Schluchzen, das er kaum unterdrücken konnte. Nach kurzer Zeit beruhigte ihn die zärtliche Umarmung, und er erhob den schönen Mund zu dem des Priesters. Ihre Lippen fanden sich und ihre Arme umfingen einander eng. »Oh mein Knabe, mein einziger süßer Liebling«, flüsterte der Priester zärtlich. »Bald werden wir für immer zusammen sein.« »Dann soll uns niemand mehr trennen,« sagte das Kind. »Ja, es ist besser so; weit besser, im Tode vereint, als getrennt im Leben.«
In der schweigenden Nacht knieten sie vor dem Altar, während der Schimmer der Kerzen die Gesichtszüge des Gekreuzigten in seltsamer Deutlichkeit aufleuchten ließ. Niemals hatte des Priesters Stimme in so wundervollem Ernst gezittert, niemals hatte der Knabe mit solcher Ergebenheit geantwortet, wie bei dieser mitternächtigen Messe für den Frieden ihrer eigenen scheidenden Seelen. Vor der Einsegnung nahm der Priester ein winziges Fläschchen aus der Tasche seines Gewandes, segnete es und schüttete den Inhalt in den Kelch. Als er den Kelch nehmen mußte, setzte er ihn an die Lippen, doch er trank nicht. Er reichte dem Kind die geweihte Hostie, dann nahm er den schönen goldenen, mit kostbaren Steinen besetzten Kelch zur Hand und wandte sich dem Knaben zu; doch als er das Leuchten in dem schönen Antlitz sah, kehrte er sich ab zu dem Kruzifix und stöhnte leise. Für kurze Zeit verließ ihn sein Mut, doch dann neigte er sich zu dem Knaben und bot seinen Lippen den Kelch.
»Das Blut unseres Herrn Jesu Christi, das für dich vergossen wurde, bewahre deinen Leib und deine Seele zu ewigem Leben.« Niemals hatte der Priester so reine Liebe, solch vollkommenes Vertrauen in den lieben Augen erblickt, wie jetzt aus ihnen strahlte, jetzt, da er mit erhobenem Antlitz den Tod empfing aus den Händen dessen, den er am meisten in der Welt liebte. Als er getrunken hatte, fiel Ronald neben ihm auf die Knie und leerte den Kelch bis zur Neige; setzte ihn nieder und schlang seine Arme um die Gestalt seines geliebten Meßnerknaben. Die Lippen fanden sich in einem letzten Kuß vollkommener Liebe, und alles war vorüber.
Da die Sonne am Himmel emporstieg, sandte sie einen breiten Strahl auf den Altar der kleinen Kapelle. Die kaum zur Hälfte abgebrannten Kerzen leuchteten noch. Die traurig blickende Gestalt am Kreuz hing in majestätischer Ruhe. An den Stufen des Altars war die hagere, asketische Gestalt des jungen Priesters ausgestreckt, in die geheiligten Gewänder gekleidet; dicht bei ihm, das lockige Haupt auf die prächtigen Stickereien gebettet, die seine Brust bedeckten, lag der Knabe in Scharlach und Spitzen.
Ihre Arme hielten einander umschlungen; seltsame Stille lag wie ein Grabtuch über allem. »Und wer über diesen Stein fällt, der soll zerbrochen werden, aber auf wen er fällt, den soll er zu Staub zermalmen.«


Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.