Kurt Scholz malt mit der memelauerischen Sylvesterpredigt 1941 schönfarbig weiter am milden katholischen Selbstbild

In dieser Woche mit dem österreichischen Nationalfeiertag des Jahres 2015 erzählt Kurt Scholz kurz vor 7.00 Uhr auf dem Radiosender Ö 1 des österreichischen Rundfunks von der

„Rolle, die die christlichen Kirchen während der NS-Zeit gespielt haben, ist zu Recht immer wieder kritisch beleuchtet worden. Viele Christinnen und Christen standen auf der Täterseite oder waren Mitläufer. In dieser Woche erinnere ich an jene Menschen, die – auch aus ihrem christlichen Glauben heraus – Widerstand geleistet haben und dafür oft mit ihrem Leben bezahlen mussten.“

Kurt Scholz malt weiter am milden BildUnd es kommt dabei ein unbehagliches Gefühl auf, wie hier von Kurt Scholz versucht wird, die Rolle dieses Organisierten Glaubens im Dienste des Nationalsozialismus herunterzuspielen und gleichzeitig den Widerstand gegen den Nationalsozialismus von einzelnen Gläubigen zu erhöhen – wohl zum einzigen Zweck einer gesamtmoralischen Rettung dieses Organisierten Glaubens und zur Wiedereinsetzung und Wiedererlangung seiner wesentlichen Rolle in der Gegenwart.

Am 28. Oktober 2015 erzählt Kurt Scholz von dem Kirchenfürsten und seinem Protest:

„Beginnen wir langsam. 1927, im Jahr des Justizpalastbrandes, wurde Michael Memelauer Bischof von St. Pölten. Aus der Politik hielt er sich heraus, auch dem ‚Ständestaat‘ gegenüber hegte er ein gesundes Misstrauen. Seine Aufgabe sah er als Seelsorgebischof, der ‚die Christen‘ vor dem ‚Sämann des Unkrauts‘ warnen wollte.

Dieser Sämann war für ihn – wie für die meisten Katholiken seiner Zeit – der Bolschewismus. Aber Memelauer begegnete auch anderen Ideologien mit Misstrauen. Ab 1933 war er aus den Akten der Bischofskonferenz über die Verbrechen der Nationalsozialisten genau informiert . Er warnte.

Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich erklärte Memelauer wiederholt, dass er an die neuen Machthaber keinen Gruß unterschreiben wolle. Erst als man ihm erklärte, ein ‚Alleingang‘ sei unmöglich, leistete er eine Unterschrift. Misstrauisch blieb er – und mutig.
So etwa am Silvesterabend 1941 in St. Pölten. Mit klaren Worten geißelte er die neuen Herren. Memelauer: ‚Vor unserem Herrgott gibt es kein unwertes Leben. Man mag uns das noch so sehr beweisen wollen, man mag uns das im Film verherrlichen, die Euthanasie ist und bleibt ein Eingriff in die Gottesrechte.‘

So weit der St. Pöltner Bischof in seiner Silvesterpredigt 1941 – lange vor der Niederlage von Stalingrad und dem Umdenken, das diese bewirkte.

Die Silvesterpredigt von Bischof Memelauer ist sträflich unbekannt. Der spätere Kardinal König war Mitarbeiter Memelauers in St. Pölten – har er von ihm gelernt? Seine Tradition fortgeführt?

Der Mut des St. Pöltner Bischofs im Jahr 1941 überragt viele. Seine Silvesterpredigt hat mehr Andenken verdient. Vielleicht entschließt sich die Kirche irgendwann, sie einmal als Broschüre zugänglich zu machen.“

Er, Memelauer, wolle, erzählt Kurt Scholz, an die neuen Machthaber keinen Gruß unterschreiben. Ein Gruß, wie harmlos das doch klingt, ein Gruß klingt nicht nach einem Kniefall vor den neuen Machthabern, ein Gruß klingt nicht nach Propaganda für den Nationalsozialismus. Deshalb zur Erinnerung der mit 18. März 1938 datierte Gruß im Wortlaut, den auch dieser Kirchenfürst unterschrieb:

„Die österreichischen Bischöfe begrüßen den Anschluss

Feierliche Erklärung! Aus innerster Überzeugung und mit freiem Willen erklären wir unterzeichneten Bischöfe der österreichischen Kirchenprovinz anläßlich der großen geschichtlichen Geschehnisse in Deutsch-Österreich:

Wir erkennen freudig an, daß die nationalsozialistische Bewegung auf dem Gebiet des völkischen und wirtschaftlichen Aufbaues sowie der Sozialpolitik für das Deutsche Reich und Volk und namentlich für die ärmsten Schichten des Volkes Hervorragendes geleistet hat und leistet. Wir sind auch der Überzeugung, daß durch das Wirken der nationalsozialistischen Bewegung die Gefahr des alles zerstörenden gottlosen Bolschewismus abgewehrt wurde. Die Bischöfe begleiten dieses Wirken für die Zukunft mit ihren besten Segenswünschen und werden auch die Gläubigen in diesem Sinne ermahnen. Am Tage der Volksabstimmung ist es für uns Bischöfe selbstverständliche nationale Pflicht, uns als Deutsche zum Deutschen Reich zu bekennen, und wir erwarten auch von allen gläubigen Christen, daß sie wissen, was sie ihrem Volke schuldig sind.

+ Th. Kard. Innitzer + Johannes Maria Gföllner + Adam Hefter + Ferdinand Pawlikowski + Michael Memelauer + S. Waitz F. E. B.“

Ach, ein „Alleingang“, erzählt Kurt Scholz, sei plötzlich einem Fürsten nicht möglich gewesen, weil ihm das seine Fürstenkollegen dieses Organisierten Glaubens es wohl so erklärten, und gerade weil sie über die „Verbrechen der Nationalsozialisten ab 1933 genau informiert“ waren, konnte es nur einen fürstlich freudigen Gesamtpropagandagruß geben – von Kirchenfürsten, die wieder einmal Vorzugsschüler sein wollten, diesmal ihrem Herrn Klassenvorstand Adolf Hitler gefallen wollten.

Kurt Scholz zieht die memelauerische Sylvesterpredigt 1941 wie ein Zauberer einen Hasen aus dem Hut. Aber wie der Zaubertrick mit dem Hasen funktioniert, lange schon gewußt wird, ist auch bei Kurt Scholz der doppelte Boden durchsichtig. Michael Memelauer hielt seine Predigt am 31. Dezember 1941. Bereits Monate davor, nämlich am 26. August 1941, gab Adolf Hitler die Weisung, die „Aktion T4“ einzustellen. Ein Grund dafür wird auch darin vermutet, daß die Euthanasie-„Tötungsexperten“ gebraucht wurden, nämlich für die Massenermordung von Menschen, die für die Nationalsozialisten und Nationalsozialistinnen einfach deshalb zu ermorden waren, weil sie Juden, weil sie Roma und Sinti waren. Und sie wurden bei diesen Massenmorden auch eingesetzt. Ein weiterer Grund für die hitlerische Weisung, offiziell die „Aktion T4“ zu beenden, wird auch in der bevorstehenden Ausweitung des seines Krieges gesehen. Aber auch in der breiten Ablehnung in der sogenannten Bevölkerung. Und bei diesem Protest spielen prominente Angestellte des Organsierten Glaubens der römisch-katholischen Kirche eine Rolle, wie Clemens August Graf von Galen, der seine auch auf Flugblättern verbreiteten drei Predigten nicht nach der hitlerischen Weisung, sondern unmittelbar vor der Einstellung hielt – hinzuzufügen ist, das Morden der Menschen wurde nicht eingestellt, eingestellt wurde nur, es so offen zu machen.

Es will hier der Widerstand gegen die Euthanasie in keiner Weise gering geredet werden, aber der Widerstand gegen die Euthanasie eignet sich so gar nicht für den scholzschen Versuch der moralischen Gesamtrettung des Organisierten Glaubens der römisch-katholischen Kirche. Denn bei diesem Morden ging es um die eigenen Leut‘, und dieses Ermorden der eigenen Kinder, der eigenen Verwandten fand menschgemäß keine breite Zustimmung der Menschen im Deutschen Reich. Es war soher, könnte gesagt werden, ein Partikularwiderstand aus Eigeninteressen, aber kein genereller Widerstand gegen diese Ideologie, keine Gesamtablehnung des totalitären Terrorregimes des Nationalsozialismus.

Auch der Kirchenfürst Galen mit seinem tapferen Eintreten gegen die Euthanasie sah sich nicht veranlaßt, darüber hinaus zu gehen, im Gegenteil, wie, als eine erste Information hierzu, bereits ein Ausschnitt aus dem Artikel der Zeitung „taz“ vom 7. Oktober 2005, zusammenfassend belegt:

„Gegen faschistische Diktaturen grundsätzlich aber hatte er nichts. Zumindest, soweit sie dem Katholizismus huldigten. So bejubelte er den Sieg der Franco-Truppen über die ‚Scharen des Antichrists‘ im spanischen Bürgerkrieg. Hitlers Überfall auf die Sowjetunion unterstützte Galen in seinem Hirtenbrief vom 14. September 1941 als Abwehrschlacht tapferer deutscher Soldaten gegen die ‚Pest des Bolschewismus‘, von der nun auch das russische Volk befreit werde, wie er glaubte. Offenbar zustimmend zitiert er Hitlers Rede über die ‚jüdisch-bolschewistische Machthaberschaft von Moskau‘, die nun militärisch zurückgedrängt werde. Zugleich beklagte er die ‚gottlose‘ Politik der Nazis, die ein Aufkommen des Bolschewismus im Innern befördern könne. ‚Wenn man glaubt, nicht mit uns gemeinsam den Bolschewismus bekämpfen zu können‘, solle der Staat der Kirche die Freiheit geben, das Ihrige allein zu tun.

Auch Sozialdemokraten sah Galen – selbst Mitglied der Zentrumspartei – als ‚Christenfeinde‘, die Weimarer Republik als eine ‚Zeit der extremen Demokratie‘. Er geißelte die ‚Pest des Laizismus‘, die unter der ‚Vorherrschaft liberaler und sozialistischer Ideen‘ gewütet habe. 1919 hoffte er auf eine schnelle Rückkehr zu einer ‚organischen‘, also ständisch-monarchistischen Ordnung. Und noch nach Kriegsende 1945 war er überzeugt, die Demokratie ‚hat uns ins Unglück gebracht vor 1933‘, sie habe ‚Hitler zur Herrschaft gebracht‘ und werde nun ‚Kommunismus bringen‘. Dagegen müsse eine ‚positive christliche Politik‘ betrieben werden.

In der Rückschau erscheint der ‚Löwe von Münster‘ als ambivalenter Repräsentant eines politisch-sozial strikt vormodernen Katholizismus: Ein Bischof, verwurzelt in der Soziallehre, der kirchenpolitisch ‚unglaublich fortschrittlich‘ gewesen sei, so Süß, da er ‚eine Art politisches Mandat‘ der Kirche in Menschenrechtsfragen verlangt habe. Gerade weil er zugleich stramm deutschnational und antikommunistisch war, sei er für die Nazis so ‚bedrohlich‘ gewesen.

Ein Bischof aber, so Fasse, der nicht zuletzt unter dem Motto ‚treudeutsch und treukatholisch‘ nationale ‚Pflichterfüllung‘ und ‚Opferbereitschaft‘ anmahnte, der so, wie seine Kirche insgesamt, zur ‚zusätzlichen Legitimation des Vernichtungskriegs‘ beigetragen habe und der nach dem Krieg sofort gegen jede Kollektivschuld auftrat. Der durch Galens raschen Tod begünstigte Löwen-Mythos habe dann auch über Jahrzehnte für ein ‚mildes katholisches Selbstbild‘ gesorgt.

Galen hat den Einmarsch der Nazis ins Rheinland befürwortet, wie auch den ‚Angriffs- und Vernichtungskrieg.'“

Das Jahrhundert wird heller - im Hause Scholz und Schüssel

Wenn es heller wird, dann ist Kurt Scholz als Leuchter am Werke. Wie bei der Präsentation des Buches „Das Jahrhundert wird heller“ von Wolfgang Schüssel. Einen geeigneteren Vorsitzenden für einen “Zukunftsfonds Österreich” kann es wohl kaum noch geben, als den Oberbeleuchter, der es versteht, dunkle Zeiten derart stark auszuleuchten, bis gleißend geblendet … mit seinen “Gallionsfiguren” Wolfgang Schüssel und Andreas Khol und Ignaz Seipel … https://pronoever.wordpress.com/?s=wolfgang+sch%C3%BCssel; https://pronoever.wordpress.com/2011/10/09/fritz-neugebauer-oder-christschwarzer-revisionismus/; https://pronoever.wordpress.com/?s=andreas+khol

Für das „milde katholische Selbstbild“ nimmt also Kurt Scholz im Oktober 2015 den Pinsel zur Hand, um das Bild mit seinen schönfarbigen Strichen zu ergänzen, damit es nicht nur ein zum Selbstbild reduziertes und verklärtes bleibt, sondern auch endlich wieder ein Fremdbild wird, damit also alle wieder ein derart mildes Bild von diesem Organisierten Glauben in ihren Küchen gleich neben das Kruzifix hängen können.