Es ist, muß eingangs klar geschrieben werden, menschgemäß erfreulich, daß Claus Peymann, der offensichtlich eines Stomas bedarf, einen Weg gefunden hat, sich der schmerzvollen Operation, mit der einem Körper sonst ein künstlicher Ausgang gelegt wird, zu entziehen, und es ihm dadurch auch, wozu ihm aufrichtig zu gratulieren ist, gelungen ist, das unbequeme und lebensqualitätsmindernde ständige Mitschleppen eines Beutels zu vermeiden.
Persönlich ist es ihm also von ganzem Herzen gegönnt, daß ihm ein Anus praeter ganz ohne Operation gelegt ist, er soher auch nicht ständig einen Beutel an seinem Körper tragen muß, der mehrmals am Tage auch noch zu wechseln ist.
Sonst aber muß gesagt werden, es werden wohl nicht wenige denken, es wäre erfreulicher, heilsamer, gesünder, Claus Peymann würde tatsächlich eigene Beutel zur Verfügung haben, die er für sich allein mit seinen Absonderungen auffüllte und diskret entsorgte. Aber sein Anus praeter sind leider die Zeitungen, durch den alles auf die Morgentische der Leser rinnt, durch den alles auf die Frühstücksteller der Leserinnen hinausgedrückt wird.
Wie in dieser ersten Märzwoche des Jahres 2016, in der die österreichischen Tageszeitungen „Kurier“ und „Der Standard“ große …
Zuerst wurde in den Kurierpeymannbeutel gegriffen, um einmal vorsichtig zu kosten, ob das, was in diesem Beutel ist, überhaupt streichfähig ist. Es ist streichfähig und es riecht recht … aber es auf Frühstücksbrötchen zu schmieren, dazu fehlte dann doch die hierfür notwendige Überwindung. Es wurde zwar mehrere Male probiert, aber immer mit dem gleichen Ergebnis: es mußte sofort ausgespuckt werden.
Um zukünftig das Kosten nicht wiederholen zu müssen, wurden die Proben aus dem Kurierpeymannbeutel nicht einfach ausgespuckt, sondern zur Erinnerung auf Zettelchen gespuckt:
„Letztlich ist Merkel eine Zerstörerin der europäischen Einheit. Sie zerstört durch ihren Konsequentismus, würde Thomas Bernhard sagen. Hinzu kommt ein grundsätzlicher Widerspruch: Die Kunst besteht immer nur aus Konsequenz, sie kann nicht radikal genug sein. Die Politik aber besteht immer aus dem Kompromiss. Dadurch entsteht viel Unsinn. Der Stephansdom ist eines der wunderbarsten Dokumente des klerikalen Größenwahns. Etwas Großartiges! Aber so etwas wie der Stephansdom würde heute nicht mehr gebaut werden können – aus Rücksicht vor irgendwas. Der Kompromiss als entscheidender Punkt einer Demokratie ist nicht mehr imstande, Großes zu leisten.“
„Man wird eines Tages die Monarchie anders beurteilen. Wenn Sie mit Handke nicht unweit von seinem Wohnort Chaville spazieren gehen, landen Sie bei Versailles. Versailles ist nicht nur ein Schloss, sondern auch ein Modell. Denn dort haben neben dem Adel Tausende Bauern, Gärtner und Soldaten gewohnt. Das war die Vision einer Stadt – mit Kirchen, Theatern, Stallungen, Parkanlagen. Und jetzt leben wir in einer Zeit des Kompromisses.“
„Aber ist denn der ‚American Way of Life‘ wirklich das Vorbild? Wollen wir wirklich, dass alle Libyer, Syrer und Afghanen wie die fetten, Pistolen-tragenden Amis im Mittleren Westen leben? Oder wie dieser reaktionäre Präsidentschaftskandidat, dieses Großmaul, der am liebsten beim Ku-Klux-Klan wäre? Ist wirklich das die Alternative? Gehören wir wirklich diesem Lager an? Haben wir deshalb Gaddafi, Hussein und die Assads vertrieben? Das kann es nicht sein! Dann lieber etwas Verrücktes – wie dieses Stück von Handke!“
„Am Montag wurde – an der Grenze Mazedoniens – das erste Mal geschossen, wenn auch nur mit Tränengas. Das ist der Prolog zum dritten Weltkrieg.“
„Vielleicht ist der einzige Weg der, den wir seit letztem Samstag im Burgtheater sehen: Dass man diesem Schrecken den Traum entgegenstellt. Im Grunde handelt Peter Handkes neues Meisterwerk davon, wie das Individuum, der Einzelne, der Clown, der Idiot – wie Handke einer ist, wie ich einer bin – versucht, sich gegen die Allmacht der Gesellschaft zur Wehr zu setzen. Einmal fällt im Stück ‚Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße‘ der Satz: ‚Es ist längst Krieg.‘ Die Gruppe der ‚Unschuldigen‘ führt diesen Krieg herbei.“
„Aber wie will man eine jahrhundertealte Fehlentwicklung des Kolonialismus und der Ausbeutung rückgängig machen?“
Das ist mehr als genug. Vom Standardpeymannbeutel müssen gar keine Proben aufbewahrt werden. Es hätte nicht einmal mehr vom Kurierpeymannbeutel gekostet werden müssen, um zu wissen, daß es nicht schmeckt, aber es wurde schlicht darauf vergessen, daß schon einmal einmal von einem Peymannbeutel gekostet wurde, nämlich von einem Weltpeymannbeutel:
Thilo Sarrazin füttert Claus Peymann und zieht ihm dabei alte Hosen an …
PS Sie werden jetzt vielleicht sagen wollen, es fehlen Ihnen die Einwände gegen diese peymannsche … aber allein die wenigen oben aufbewahrten Proben, wenn Sie nur ein wenig an diesen kauen, werden Sie fassungslos diese sogleich ausspucken … nicht einmal so viel Substanz, um diese zerkauen zu wollen.
PPS Menschgemäß kann auch nichts anderes erwartet werden, von Menschen, die im Thomas-Bernhard-Land leben: Stillstand, Ausweglosigkeit, die große Schmiere des sogenannten deutschsprachigen Bildungsbürgerinnentums, das gerade erst wieder einmal in dem Land, in dessen Hauptstadt Claus Peymann Fort-Knox-Geschäftsführer ist, nämlich in Köln während eines Konzertes nationale, künstlerische und musikalische Geistesenge als Pegidageistermarsch blies … und nicht zu vergessen: das Geschimpfe.
Daß heutzutage Thomas Bernhard in Österreich als Nationaldichter verehrt wird, ist kein Irrtum, sondern die Bestätigung dessen, was er tatsächlich war. Lebte Thomas Bernhard heute, er fiele nicht mehr auf unter den vielen Thomas Bernharden, die sich vor allem im Internet tummeln, jeder und jede etwa aus der unzensurierten Schreibstaffel könnte sich auch den Namen Bernhard geben, Schreiber und Schreiberin in seiner Nachfolge, sich auf ihn als Ahnherren des Geschwefels mit Recht berufen. Es ist noch in Erinnerung, wie Marcel Reich-Ranicki fragend ausrief, was werde von Thomas Bernhard bleiben … Das Geschimpfe, konnte damals schon gesagt werden, und heute? Heute könnte nicht einmal mehr gesagt werden, sein Geschimpfe bleibt. Denn, es sind zu viele, die schimpfen, bloß schimpfen, Bernhard wäre unter ihnen bloß einer mehr, und wohl nicht einmal mehr der originellste …