Möglicherweise ist ein Land dann in der größten Gefahr, wenn einzelne Menschen in diesem Land meinen, sie seien für das Hohe und Höchste qualifiziert, bloß weil sie einmal eine Leistung, genauer, bloß weil sie einmal mit einer Einzelleistung, genauer, bloß weil sie einmal mit einer übernommenen Aufgabe schlagartig im ganzen Land bekannt werden, wie etwa – unter größter Anstrengung gerade noch zu erinnern sein wird – Claudia Bandion-Ortner, die das Sitzen auf dem Richterinnenstuhl in einem bestimmten Prozeß schlagartig im ganzen Land bekannt machte, und nun meint die nächste Richterin, sie sei für das Hohe und Höchste im Staat qualifiziert, weil sie auf dem Vorsitzstuhl einer bestimmten Kommission saß, und sie also als nächster Mensch bereit ist, in die Bandion-Ortner-Falle zu gehen …
Wie arm muß ein Land sein, wenn also eine einzige erledigte Aufgabe bereits ausreicht, um für hohe und höchste Aufgaben in einem Staat ernsthaft in Frage zu kommen? Sehr arm! Wie eingebildet und von sich eingenommen muß ein Mensch sein, sich selbst für hohe und höchste Aufgaben qualifiziert zu sehen, bloß wegen einer erledigten Einzelaufgabe, die ihn auf die Titelseiten der gutter press brachte? Sehr von sich eingenommen und sich sehr überschätzend!
Es ist menschgemäß auch im Fall der Irmgard Griss ein unseliges Zusammenspiel. Zum einen treibt sie sich selbst in die Bandion-Ortner-Falle, und wer will es einem Menschen zum Vorwurf machen, etwas werden zu wollen. Zum anderen, und das wiegt schwer und ist bedrohlich, sind es nicht wenige in diesem Land, die nun den nächsten Menschen in die Bandion-Ortner-Falle treiben wollen, und die In-die-Bandion-Ortner-Falle-Treibenden werden nach dem Scheitern wieder jedwede Verantwortung dafür von sich weisen und die In-die-Bandion-Ortner-Falle-Getriebene wird sich nach dem Scheitern – für eine Sekunde soll angenommen werden, es gelinge ihr, gewählt zu werden – im Titel Bundespräsidentin sonnen und wohl einlullend erklären, weshalb sie nicht schuld sei am Scheitern, weil sie habe ja durch die seinerzeitige erledigte Einzelaufgabe hinreichend bewiesen, wie sehr sie für hohe und höchste …
Einlullend … Einlullender als die Bekanntgabe ihrer Kandidatur, obgleich Irmgard Griss in ihrem Nobelhobelvideo davon spricht, sie wolle keine Sprache, die einlullt, Einlullenderes wurde von einem Kandidaten, von einer Kandidatin in all den Jahrzehnten, seit Kandidaturbekanntgaben gehört und gesehen werden, nicht gesehen und nicht gehört. Ihr Auftreten hat nicht die Peinlichkeit des bandion-ortnerischen Auftretens, aber politisch inhaltlich ist die griss’sche Peinlichkeit kaum noch zu überbieten …
PS Wie geistig armselig und rückständig dieses Land ist, kann zusätzlich an den Reaktionen auf die Kandidatur vom Irmgrad Griss abgelesen werden. Sofort wird sie als „Oma“ denunziert, und das auch von einem, der in Österreich zu den sogenannten opinion leadern gezählt wird, also von diesem Eigentümler der Umsonst gleichen Namens … Wurde je ein kandidierender Mann in dem Alter von Irmgard Griss als „Opa“, hätte nicht gerade Heinz Fischer bei seiner zweiten Kandidatur als „Opa“ … Und weil gerade aktuell besonders vor dem rückständigen Frauenbild von Moslems aufgeregt gewarnt wird, kann festgestellt werden, gar so fortschrittlich ist das Frauenbild der christlich sozialisierten Frauen und Männer in diesem Land auch nicht, wie dieser Umgang mit Irmgard Griss es wieder einmal aufzeigt …