Die Figur Gott fand Eingang in die Weltliteratur. Das ist nicht zu bestreiten. Gestritten aber kann nach wie vor darüber werden, weshalb, und ob zurecht. Vielleicht ja, weil es die abstruseste Figur ist, an der zusätzlich auch und dennoch weiter herumgeschrieben wird. Vielleicht auch, weil an keiner anderen Figur sich so viele Autorinnen noch immer zu schaffen machen. Ein Grund dafür könnte sein, weil keine andere Figur derart viele Mängel aufweist, derart gewaltig fehlerhaft entworfen ist, soher zu ständigen Korrekturen nötigt, dabei aber auch anspornt, sie endlich zur Vollkommenheit zu schreiben, Autoren zum Wettbewerb anstachelt, durch Vorlegen einer vollkommenen Figur endlich als absoluter Sieger – nach Stand der Dinge, ein erster Platz in diesem Wettbewerb wird nicht mehr zu erringen sein. Vielleicht auch, weil keine andere Figur derart dazu reizt, Abstrusität auf Abstrusität zu häufen. Vielleicht auch, weil aus keiner anderen Figur mehr Sicherheit ausströmt, Sicherheit durch die Einfalt der Abstrusität, aber eine, die dreifaltig abgesichert ist, soher Vielfalt gaukelt. Vielleicht auch, weil es die Autorinnen davor bewahrt, zu verstummen. Denn Abstrusität gebiert Abstrusität. Nichts schreibt sich leichter als das Abstruse. Das Abstruse schreibt sich automatisch, ganz von alleine, von abwesenden Autoren, die Hand schreibt, was der Kopf davor nicht zu denken braucht. Vielleicht auch, weil keine andere Figur besser den Stillstand der Menschheit verkörpert, während die Menschheit hingegen meint, sich entwickelt zu haben, meint, die Zeit, in der diese Figur geschaffen wurde, längst hinter sich gelassen zu haben. Seit dem papierenen Wurf dieser Figur ist aber bloße Kalenderzeit vergangen. Die Menschheit zählt die Jahre und meint, das Zählen von Jahren ist schon Bewegung, schon Entwicklung, während sie aber tatsächlich noch immer dabeisteht und über die Schulter schaut, wie der erste Satz, sie zusieht, wie der allererste Satz über diese Figur geschrieben wird, ihr Kalender aber Hoffnung behauptet, seit dem ersten Satz zu dieser Figur seien bereits Tausende von Jahren …
Vielleicht nein, weil …
Kaum ein Kapitel mit dieser Figur ohne Abstrusität. Und dazu. Kaum eine Szene mit dieser Figur ohne totale Wirrnis. Wessen Stimme spricht so und nennt sich Mario Jorge Bergoglio, wessen Stimme spricht so und nennt sich Robert Mugabe, es sind zwei Menschen mit einer Stimme. So hartkarg ist Gottes Roman. In einem der Kapitel über diese Figur werden zwar viele Stimmen behauptet, tatsächlich aber gibt es nur eine einzige Stimme, die ihnen gegeben ist. Seltsam daran ist bloß, daß diese eine einzige Stimme, da eine einzige Stimme kein Stimmgewirr verursachen kann, dennoch nicht deutlich und unmißverständlich gehört werden will, es immer noch Zweifel daran gibt, aus welchen Tiefen diese eine einzige Stimme, die sich Franziskus nennt, aus welcher Finsternis heraus diese eine einzige päpstliche Stimme, die sich Mugabe nennt, spricht …
Es wird nicht gehört, was diese mugabische Stimme spricht, aber mehr und mehr weggehört, wie eben erst Stimmenteiler Franziskus zur Kenntnis nehmen mußte, daß seine Fragen ohne nennenswerte Resonanz blieben. Um diese Gefahr wissen die angestellten Autoren und Autorinnen der Organisierten Glauben schon lange, ungelesene Literatur zu produzieren. Deshalb der angestrengt massive Versuch der Organisierten Glauben in die Gattung der Gesetze zu wechseln. Gesetze zu schreiben, die nicht gelesen, aber befolgt werden müssen. Sie versuchen zwar die Textsorte zu wechseln, aber eines bleibt trotz versuchten Wechsels: das tyrannische Erzeugen von Abstrusitäten. Bitter aber ist, daß es ihnen nach wie vor gelingt, damit durchzukommen, wie beispielsweise eben erst in Uganda, in Kroatien, sie es seit langem massiv versuchen in Spanien …
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