Heinz Mayer bestätigt die Notwendigkeit der Binnen-I-Schreibung – Teil 9 der Komödie in Fortsetzung

Während des Schreibens der einzelnen Teile dieser Komödie in Fortsetzung wollte sich immer wieder die Idee aufdrängen, doch zu versuchen, das Sprachregelwerk aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren, und auch der Gedanke, in Österreich schreiben sich die Possen ohnehin von selbst, und, es wird nicht noch zusätzlich ein Sprachregelwerk, das eine Komödie …

Das Sprachregelwerk interessiert nicht. Es interessiert derart nicht, daß nicht einmal hinzugefügt werden kann: mehr. Es wurde vor Jahren oder schon vor Jahrzehnten irgendwo liegengelassen, einfach vergessen, vielleicht bereits mit seiner Fertigstellung. Weil möglicherweise das Wissen darum bereits genügte, ein Werk geschaffen zu haben, das – auch davor – bewahren wird, je der Binnen-I-Schreibung den Vorzug …

Dieses Werk aus dem Gedächtnis also noch einmal schreiben zu wollen, hieße bloß, der Angst nachzugeben, nicht genügend Werke vorweisen zu können. Aber wozu? Särge sind ohnehin nicht räumig genug, um zum Leichnam auch noch Dutzende von Werken …

Aber diese Angst, nicht genügend Werke geschaffen zu haben, gibt es nicht. Wie auch. Ohne Ich. Mehr noch. Auch ohne Nicht-Ich. Die Entwicklung ist weitergegangen. Das biologische Geschlecht, erzählt die Erinnerung, das vor Jahrzehnten in diesem Sprachregelwerk keine Berücksichtigung mehr fand, deren Entfernung aus der Sprache eine Regel war, um ganz zu einer Sprache zu kommen, die also ohne das biologische Geschlecht …

Es will nicht einmal mehr berichtet werden, was die Erinnerung über dieses Sprachregelwerk zu erzählen weiß. Wozu auch? Es soll schlicht vergessen bleiben. Auch deswegen, weil die Kritik an dem Sprachregelwerk nach wie vor berechtigt ist. Denn das Sprachregelwerk hätte eine Wirklichkeit vorgetäuscht, die es vor Jahrzehnten kaum gab, und die es heute nicht gänzlich gibt, wenn auch um einiges mehr als vor Jahrzehnten. Und dieses Sprachregelwerk wird sich von selbst schreiben, wird Wirklichkeit werden, wenn in der Wirklichkeit das Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau gänzlich nicht mehr besteht. Und bis dahin ist es gut, die holprige und humpelnde Binnen-I-Schreibung einzusetzen, denn diese mit ihrem großen I inmitten von Wörtern als Stopper und Stachel poltert lautstark von dem Ungleichgewicht …

Das dem Sprachregelwerk vorangestellte Motto aber, mit dem soll von der Bühne abgegangen, wurde nie vergessen. Es soll auf die Fahne der Gegenwart gesprüht werden, es soll die in die Fahne, unter der heute vorwiegend marschiert wird, eingewebten Losungen „Einfach. Bequem. Schlicht. Stillstand. Gefällig.“ überdecken: Die Regeln für den Gebrauch des Geschlechts in der Sprache müssen so kompliziert sein, wie die Verhältnisse zwischen Mann und Frau, wie die Romane von Frau und Mann es sind, um in der Sprache es authentisch ausdrücken zu können.

Die geforderte Kompliziertheit ist es, die verhinderte, das Motto je vergessen haben zu können … Wie schrecklich hingegen das Gerede von der Authentizität.

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