Galerie der nicht gelesenen Rezensionen

Nach der Lektüre von „Politik der Feindschaft“ stellt sich die vor langer Zeit getroffene Entscheidung erneut als eine richtig getroffene Entscheidung heraus.

Vor dem Kauf von „Politik der Feindschaft“ wurde keine einzige Rezension dieses Buches gelesen, und also auch nicht die von Klaus Nüchtern, die im letzten Winter, am 18. Dezember 2017, in der „Zeit“ veröffentlicht wurde. Das Nichtlesen dieser Rezension war kein Glück, sondern die Konsequenz aus der vor langer Zeit richtig getroffenen Entscheidung. Nämlich: keine Rezensionen von Klaus Nüchtern zu lesen, vor allem von Klaus Nüchtern. Ein Glück hingegen war es, vor langer Zeit diese Entscheidung getroffen zu haben, und bis zum heutigen Tage konsequent eingehalten zu haben.

Nun, nach der Lektüre von „Politik der Feindschaft“, beim kurzen Anlesen von nüchtern’schen Buchbetrachtungen, kann nur mit Erleichterung festgestellt werden, was für ein Leseglück diese vor langer Zeit getroffene Entscheidung bescherte. Was wäre das für eine Quälerei gewesen, die von Nüchtern positiv betrachteten Bücher zu lesen, was wäre das für ein Verlust gewesen, die von Nüchtern negativ betrachteten Bücher nicht zu lesen.

Wie aktuell das konkrete Beispiel des Buches von Achille Mbembe es eindrücklich aufzeigt.

Die Entscheidung des Nichtlesens von Rezensionen von gewissen Personen, also nicht nur, aber vor allem von Klaus Nüchtern, hat bei Klaus Nüchtern eine Ausweitung erfahren, nämlich auf seine Tätigkeit als Juror des Bachmann-Preises. Was er als Juror für preiswürdig befand, war stets, zwar nicht hauptverantwortlich, aber doch anteilig ausschlaggebend, diese Texte tatsächlich ignorieren zu können.

Wäre also je nach den Betrachtungen von Nüchtern der Kauf und der Nichtkauf von Büchern entschieden worden, es wäre nicht die „Politik der Feindschaft“ erstanden worden. Das wäre menschgemäß kein Unglück gewesen, aber es hätte ein Buch gefehlt, das beitragen kann zum Verständnis der gegenwärtigen Zeit und darüber hinaus vor allem zum Ändern des prekären Weltenlaufs, wie dieser sich gegenwärtig darstellt, nicht nur in Österreich.

Ludwig Wittgenstein schreibt in einem seiner Bücher, es sei als Leiter zu verstehen, auf die hinaufzusteigen sei, um sie dann, die Leiter, wegzuwerfen, wenn es verstanden wurde, Sätze darin auch als unsinnig …

Auch dieses Buch von Achille Mbembe kann als eine solche Leiter verstanden werden. Besser ist es wohl davon zu sprechen, daß es nicht eine Leiter ist, sondern eine solche Leiter aus vielen Sprossen besteht, und eine wichtige Sprosse ist das Buch von Mbembe, um endlich über eine solche Leiter mit diesen Sprossen hinaufzusteigen und über sie hinauszusteigen, hinter sich zu lassen, all das Alte und in Wahrheit lange schon Verweste, all das Denklos-nur-Wiederholte, ob geschrieben oder gesprochen, also auch das von Klaus Nüchtern.

Und zu was hat dieses Buch Klaus Nüchtern bewegt?

Zum Sitzenbleiben.

Zu was sonst? Ein schöngeistiger Stubenhocker kann nur in seinem Schöngeistigen, wie er mit seinem Können halt das Schöngeistige versteht, hocken bleiben, und schön gelangweilt urteilen und ausspeien, was er doch alles von der Welt wisse, oh, was Achille Mbembe schreibt, das hätte er, Nüchtern, ihm alles aus dem Effeff diktieren können, an einem einzigen Nachmittag in Klagenfurt im Café Perstinger, in einer einzigen Pause zwischen den Sitzungen …

Und er, Nüchtern, hätte nichts vergessen, so wie Mbembe: „den Gulag hat er womöglich einfach vergessen.“  Was für ein wesentlicher und berechtigter Einwand von Nüchtern, ganz auf der Höhe österreichischen Denkens, vor allem des in den elitär identitären Kreisen, in denen, fällt beispielsweise das Wort Rechtsextremismus, sofort Linksextremismus hinzugefügt und erhaben verkündet wird, gegen Linksextremismus und Rechtsextremismus zu sein, um dann weiter das eine zu …

Ach, schon der Titel. Nüchtern hätte einen anderen gefunden, keinen, der „eigentlich ein Pleonasmus“ … wie eben der von Mbembe gewählte „Politik der Feindschaft“. Könnte sich Nüchtern bewegen, würde er wenigstens über diese Sprosse hinaufsteigen können, käme er womöglich von der „Politik der Feindschaft“ zur Politik der Freundschaft, vielleicht genau das von Mbembe intendiert … und dann wäre es kein „Pleonasmus“ mehr … Seltsam mutet hierbei nur an, was für ein Gewicht Carl Schmitt in der Welt immer noch hat, sogar für Achille Mbembe, der ihn zitiert. Dafür aber hat Nüchtern kein kritisches Wort übrig, daß Mbembe ausgerechnet den hitlerischen Kronjuristen …

Womöglich wollte Nüchtern nur Mbembe belehren, daß einer von einem anderen Kontinent und mit einer anderen Hautfarbe Carl Schmitt nicht recht verstehen kann, wie beispielsweise einer aus dem schmitt’schen Herkunftskontinent, vor allem was die Frage vom Kern der „Politik“ mit seiner Unterscheidung von „Freund und Feind“ betrifft …

Es könnte noch einiges angeführt werden, einiges aus der nüchternen Betrachtung zitiert werden, damit kein Mensch das sich antun muß, die gesamte Rezension zu lesen, aber das nächste Buch von Mbembe liegt schon griffbereit, um es von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen.

Eines nur, doch noch.

Er, Nüchtern, hätte gerne gehabt: „[…] aber irgendwie würde man doch gerne zumindest einen Hinweis darauf erhalten, wie man wieder rauskommt aus dem ganzen Schlamassel, das da in einem […]“

Kurz zur Geschichte der Lager

Einen Ratgeber also hätte Nüchtern geliefert bekommen haben wollen. Von einem Historiker und einem politischen Philosophen … einen Ratgeber, also etwas Kurzes und schön Schlichtes … Kurzgeber gibt es aber bereits zur Genüge, und viele dieser Kurzgeberinnen sind auch in hoher und höchster politischer Verantwortung, aber die schreiben keine Bücher, von denen er, Nüchtern, dann wenigstens einen Hinweis erhalten würde wollen, mit welchen Handlungen, die zu ihren gegenwärtigen Taten vollkommen entgegengesetzte zu sein haben, sie herauskommen wollen aus dem …

Das Buch „Politik der Feindschaft“ ist kein Ratgeber, kein Kurzgeber, aber eine genaue Beschreibung des gegenwärtigen Menschen auf dem Kontinent mit Schmittuntergrund, und es überrascht nicht, daß die Rezensionen zu diesem ausfallen, wie sie, nüchtern betrachtet, ausfallend …

Nüchtern betrachtet - Galerie der nicht gelesenen Rezensionen

 

„Blinder Organist“

Orgelpfeifen lassen sich von einem blinden Organisten spielen

Ein Holzschnitt von Werner Berg aus 1956 mit dem Titel: „Blinder Organist“ und ein Bild von Karl Bauer auf einer Postkarte als Propaganda aus 1933: „Adolf Hitler“ — —

Werner Berg habe, wie auf der Website des gleichnamigen Museums zu lesen ist, „den blinden Organisten der Dorfkirche in zahlreichen Bildern wiederholt dargestellt“.

„Krallen gleich greifen hier die Hände des Blinden ins Nichts und entringen dem dunklen Schwarz eine Welt der Töne.“

Gleich, ob dies eine Interpretation oder eine Aussage von Werner Berg selbst ist über den „blinden Organisten“, wird fortan eines, besonders mit dem bauerischen Portrait „Adolf Hitler“ vor Augen, nicht mehr möglich sein, den „blinden Organisten“ anders als das kenntlichste Portrait von „Adolf Hitler“ anzusehen.

Sich selbst spelende Orgel

Freilich ist dann der Satz von den Krallen umzuschreiben:

Der Blinde mit seinen Krallen in seinem Nichts entringt den Orgelpfeifen sein Gebrüll als einschmeichelnde Töne zum Stoß der Welt in das dunkle Schwarz. 

Es ist dafür gar nicht entscheidend, ob es die bewußte Intention von Werner Berg war oder nicht war, das kenntlichste Bild von „Adolf Hitler“ zu schaffen, dem künstlerischen Menschen bleibt zu oft selbst verborgen, was er eigentlich schafft, welche Einflüsse ihm die Hand führen …

Blinder Organist spielt Orgelpfeife

Karl Konrad Friedrich Bauer, ein Zeitgenosse von Werner Berg, und einer, der zu jener Zeit, auch der Massenverbrechen, nicht unbekannt war, geehrt und ausgezeichnet auch vom massenmörderischen deutschen reich

Der umgeschriebene Satz von dem „blinden Organisten“ trifft auch dann zu, wenn der „blinde Organist“ nicht „Adolf Hitler“ ist, wenn es tatsächlich bloß ein namenloser „blinder Organist einer Dorfkirche“ ist, ihm kein Mensch Modell war, ist der namenlose „blinde Organist“ das kenntlichste Bild für — auch für die Kirche, für jedwede Religion … jede Pfarrerin, jeder Priester, jeder Imam, jeder Rabbiner, gleich wie immer die von Religionen je vorgeschriebene Berufsbezeichnung für ihre Weltblinden lautet, ist der „blinde Organist“, dem sich das „Volk“ als Orgelpfeifen ohne Not anbietet und freiwillig als Orgelpfeifen aufstellt, mit ihnen und auf ihnen zu spielen, ihm zu gewähren, sie zu spielen, die Welt in ein schwarzes Dorf zu verkleinern, in dem ihnen gemeinsam das Dunkle ihr Licht ist, in dem ihnen gemeinsam alles, was die Welt ist, nichts …

Der hochgestellte Kragen des Exhibitionisten ist der hochgestellte Kragen des „blinden Organisten“ der hochgestellte Kragen des „Adolf Hitler der hochgestellte Kragen des „Martin Luther“ der hochgestellte Kragen der …

Martin Luther - Mein leeres Buch.png

Der „blinde Organist“ ist keine Figur der Vergangenheit, keine, die, wie lange Zeit gedacht und mehr noch gehofft wurde, die spätestens mit „Adolf Hitler“ endgültig und endlich aus der Welt vertrieben ist, aber die Hoffnung enttäuscht, wie gewußt wird, zuerst … der „blinde Organist“, gleich welchen Geschlechts, spielt weiter und weiter, und das „Volk“ ist ihm weiter bereitwillig und weiter hingebungsvoll Orgelpfeifen zur Verstärkung seines Gebrülls. Es gibt so viele „blinde Organisten“ in der Welt, allein schon beispielsweise in Österreich, daß nicht zu entscheiden ist, welcher, gleich welchen Geschlechts, für die Gegenwart zu nennen und in die Collage zu kleben ist, so ist es Ihnen, die Sie selbst alle kennen und bereits nach kürzester Überlegung zu nennen wissen, überlassen, einen in die Collage zu kleben, exemplarisch für einen „blinden Organisten“ der Jetztzeit, wie „Adolf Hitler“, wie „Martin Luther“ hier exemplarisch für die Vergangenheit …

Wie sähe ein Bild des „blinden Organisten“, dem das „Volk“, gleich wo auf der Welt, keine Orgel mehr ist, er, gleich welchen Geschlechts, nur mit und sich selbst auf sich spielen könnte, seine Identitäten, von denen der Mensch, wie gewußt wird, mehr als eine hat, ihm die einzigen Orgelpfeifen zur Verstärkung seines Gebrülls …
Blinder Organist ohne Orgel

 

Mary Ann Evans, 61 Jahre, heiratet zwanzig Jahre jüngeren Mann

„Seine Familie heißt mich mit äußerster Zärtlichkeit willkommen. All dies ist eine wunderbare Gnade, die mir über meinen Anteil hinaus zugefallen ist, als ich schon dachte, daß das Leben zu Ende sei und daß mein Sarg sozusagen im nächsten Zimmer bereitstehe. Tief unter der Oberfläche fließt ein Strom von Trauer, aber das wird bei denen, die lange gelebt haben, immer so sein – und ich bin doch fähig, mich meines eben wieder anfangenden Lebens zu erfreuen. Ich werde ein besseres, ein liebevolleres Geschöpf sein als in der Einsamkeit. Für die Gabe einer vollkommenen Liebe beständig und liebevoll dankbar zu sein, ist unserem Geiste die beste Erleuchtung für alle die möglichen Formen des Guten, das dem Menschen auf diesen unruhigen kleinen Planeten beschieden sein kann.“

Es sind nicht die besten Zeiten, als Mary Ann Evans das zu ihrer Ehe mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann schreibt, weder in Großbritannien noch anderswo. In einer Hinsicht sind es aber die besten Zeiten, als Mary Ann Evans einen zwanzig Jahre jüngeren Mann ehelicht. Es gibt Österreich nicht.

Und es gibt auch alle anderen Umsonsten nicht, die als Zeitungen durchgehen. Weder in England noch sonst irgendwo. Es gibt nicht diese sonderlichen Fernsehanstalten, in denen Menschen tratschen, als hätten sie etwas zu sagen, auch dazu, ob es gehörig sei, wenn eine Frau einen um sechzehn Jahre jüngeren Mann zum … Und moderiert von Menschen, die Sportreportern aufmerksam zuhören, die zu diesem Thema sich irgend etwas aus den Fingern … Einzig hell in solchen Anstalten sind die eingeschalteten Lampen.

Von Umsonsten, von derartigen Sendungsanstalten ist nichts anderes zu erwarten. Aber von Medien, wie beispielsweise jene aus der Hanse, ist auch nur noch zu erwarten, was von den Umsonsten eben zu bekommen ist, mit ihren Redaktionen, denen offensichtlich die Zutat Aufklärung ausgegangen ist, und nun mit Gepökeltem (Suren, wie es in den Alpländern Österreich und Bayern genannt wird) ihre Buchstabenlaibchen … Heruntergemacht werden Frau und Mann. Der Vorwurf an die Frau, einen jüngeren Mann haben zu wollen. Dem Mann abgesprochen, ein Mann zu sein, nur ein „Bubi“, und diese Medien, die sich selbst als Hort des Geistes sehen, werden es sich wohl hoch anrechnen, großzügig dem jüngeren Mann nicht abgesprochen zu haben, überhaupt männlichen Geschlechts zu sein. Ach, wie aktuell … es gelesen werden kann, weil eine Frau von 44 Jahren mit einem Mann um sechzehn Jahre jüngeren Mann …

Es sind nun einhundertachtunddreißig Jahre her, daß Mary Ann Evans mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann die Ehe einging, im Mai 1880.

Es war ihre Zeit die beste Zeit, ohne Österreich, ohne die Zeit, die die Zeit nicht mehr ist.

Es ist die schlechteste Zeit, mit Österreich, mit allen Umsonsten, mit der Zeit, wie sie geworden ist.

Es ist die beste Zeit, für den Sarg im nächsten Zimmer, in dieser schlechtesten Zeit mit Österreich, mit allen Umsonsten, mit der Zeit, wie sie geworden ist, schon vor so langer Zeit von seinem Warten auf sie von Mary Ann Evans erlöst worden zu sein.

Zeit Aufklärung.png

 

Mann alleen

avenidas y ramas 18 - BK
Im Prater wichsen wieder die Bewunderer

Ein Gedicht von Eugen Gomringer ist zum Mittelpunkt eines Disputes um Kunst und deren Freiheit geworden, es hat nun sogar die Philosophie, zu großes Wort, Konrad Paul Liessmann bewogen, etwas zu diesem Disput beizutragen.

„Die Barbaren sind mitten unter uns. Sie lauern nicht am rechten oder unteren Rand der Gesellschaft, sie gehören nicht zu den Bildungsfernen und Bildungsverlierern, sie kommen nicht aus unterentwickelten Regionen, sondern sie sitzen an den Schaltstellen von Kunst und Wissenschaft, schreiben in Qualitätsmedien, diskutieren an Universitäten, leiten Gemäldegalerien, dominieren die Talkshows. Barbaren sind sie dennoch. Denn im Grunde ihres Herzens verachten sie die Kunst. Unter dem Vorwand, gegen Sexismus und Rassismus zu kämpfen, übermalen sie Gedichte.“

So beginnt Konrad Paul Liessmann seinen Beitrag am 8. Februar 2018 in der „Neuen Zürcher Zeitung“ …

Vollkommen unverständlich, derart zu beginnen. Denn. Gesinnungsgemäß kann es nicht der „rechte Rand“ sein. Diesem würde das dem Gedicht Vorgeworfene gar nicht stören, im Gegenteil, diesem wäre es, in dieser Interpretation gelesen, ein Gebet der gesinnungsgemäßen Männlichkeit. Gesinnungsgemäß kann es nur dann der „rechte Rand“ sein, wenn es gegen die sogenannte Moderne in Literatur und Kunst geht, die Werke also nicht reaktionär blümeln …

Vollkommen richtig. „Die Barbaren sind mitten unter uns.“ Ein Barbar ist ein Mensch, so wurde es einst verstanden, der die Sprache eines anderen nicht versteht, nur, sollte ihm dieses Glück beschieden sein, seine eigene Sprache. Konrad Paul Liessmann versteht die Sprache der Frauen nicht.

Im Prater blühn wieder die Bäume

Konrad Paul Liessmann versteht nicht, wenn Frauen davon sprechen, daß das Gedicht von Eugen Gomringer sie an sexistische Übergriffe, an sexistische Belästigungen erinnert, sie, die Frauen, zum Objekt des Begaffens verpflanzlichen.

Im Gedicht kommen Alleen vor.

avenidas y flores y mujeresIm Gedicht kommen Blumen vor. Und Frauen kommen im Gedicht vor. Auf einer Stufe. Zusammen an den Wegesrand gestellt, zum Bewundern, aber es kann ein abgründiges …

Wie leicht wäre es doch zu verstehen, daß Frauen von Männern nicht mit Blumen in Alleen in eine Reihe gestellt sich sehen wollen.

Aber Konrad Paul Liessmann versteht die Sprache der Frauen nicht. Wie sollte er erst tonlose Blumen verstehen können, die ihm einiges über Männer erzählen könnten. Sie könnten ihm erzählen, daß ihnen Männer wie Basho vielleicht lieber sind als Männer wie Goethe, Männer wie Tennyson ganz und gar ein Greuel, eine tödliche Gefahr, die sich in Gedichten mit ihnen … obgleich Basho, anders übersetzt, auch ein „Bewunderer“, letztlich ein Vereinigungsbegehrer … das könnten die am Rand auf der Prater Hauptallee ihm nicht erzählen, es treibt die Männer nicht die Wissenschaft, nicht die Dichtung in die Alleen, wo sie unruhig wichsen, wenn die Blätter treiben, wenn die Blätter nicht treiben.

Wie oft haben Frauen schon erzählt, auf der Prater Hauptallee an wichsenden Männern vorbeilaufen zu müssen, wenn sie die Prater Hauptallee zur sportlichen Ertüchtigung aufsuchen. (Es erschließt sich nun wie von selbst die tiefe Bedeutung des beliebten Liedes: „Im Prater blühn wieder die Bäume.“)

Es mag Konrad Paul Liessmann ein Kunstfreund sein, ein Gegner der Kunstzensur, aber ein Gegenwartsfreund, ein Fortschrittsfreund, ein Zukunftsfreund kann er nicht genannt werden, und er wird sich viele Freunde gemacht haben, unter den Bewunderern mit den Barbareneiern auf der Prater Hauptallee, mit seiner Unterzeichnung des „Briefes der 800“,

Heinz Mayer bestätigt die Notwendigkeit der Binnen-I-Schreibung – Teil 8 der Komödie in Fortsetzung

mit dem im Grunde nichts anderes gefordert wurde, als die Zensur der Sprache.

Dem Gedicht von Eugen Gomringer gebührt aber die höchste Auszeichnung. Es zieht Konrad Paul Liessmann die Hose aus, und zum Vorschein kommen …

Avenidas y gachósEin Elend ist aber stets das Interpretieren von Gedichten. Wer wird das Gedicht noch übermalen wollen, wenn dabei an die „Bewunderer“ auf der Prater Hauptallee gedacht wird, wie sie hinter Bäumen versteckt ihr kümmerliches und stets nur für Sekunden steifes Glied wichsen und wichsen, die ärmliche Hugo-Boss-Hose bis zu den Wadeln hinuntergelassen, mit ihren entblößten Bierschwangerschaftsstreifenbäuchen  – wer wollte dann nicht auch dieses Gedicht in Goldlettern in einem Goldrahmen an der Wand im besten Zimmer der Wohnung haben.

Männer in Alleen allein. In Berlin – und der Disput geht um das Gedicht auf einer Mauer in Berlin. Stehen sie auch wichsend in den Alleen, und nicht nur in Wien, kann das Gedicht gerade in Berlin auch Erbarmen mit dem „Bewunderer“ hervorrufen, so „alleen“, das Kümmerliche in der Hand, mit sorgenvollem, einsamkeitsgefurchtem Gesicht, das können die Mimik der unverschämten Überlegenheit und die Posen der geilen Frechheit nicht verbergen, mit hilfloser Tonlosigkeit nach Aufmerksamkeit, nach einer Geste, mag diese auch ablehnend sein, der Zuneigung, mit dem Wichszeichen ständig den Satz „Lass mir nicht so alleene da stehn!“ …

Und ob Konrad Paul Liessmann wirklich ein Kunstfreund ist? Vielleicht von sehr alter Kunst. Es wäre stimmig. Kommt er doch auch bei der Philosophie nicht so recht an die Gegenwart heran, bleibt Jahrzehnte davor stehen, wie er so eindrücklich in Salzburg …

„Doch das ist nichts Neues“

… wo er gerade einmal bis …

Alleen und Männer

Übrigens, beim „Brief der 800“ war gesinnungsgemäß die FPÖ die treibende Kraft, also die Partei, in der die Männer meinen, Eier wie Odin (falls dieser überhaupt Eier haben kann) zu haben, und weil es ebenfalls sehr aktuell ist, dürfen die Burschenschaften nicht unerwähnt bleiben. Wie sehr würde sich wohl gerade in diesen Tagen die montagsgemachte identitäre Regierungspartei wünschen, es wäre die heutige Zeit noch eine so recht gute alte Zeit, in der ein Wortführer (gesinnungsgemäß ein Mann) einmal sagt, eine Debatte um die Burschenschaften brauche es jetzt nicht, und augenblicklich ist die Debatte beendet. Wie lange ist das schon her, daß Konrad Paul Liessmann

Rund um und aus Odin Wiesinger dampft es

genau das sagte, in einer Fernsehdiskussion – aber wer hört schon auf …

Das wäre jetzt ungerecht, zu sagen, er werde nicht gehört … es könnte ihm noch ein großer Aufstieg bevorstehen, zum ersten Philosophen, kein zu großes Wort, der FPÖ und der AfD …

Konrad Paul Liessmann - Aufstieg zum führenden Philosophen

Eine Nebenfigur begehrt eine Hauptrolle

Andreas Tögel

Von Nebenfiguren werden zu selten Einblicke in ihr Innenleben gewährt, vor allem nicht in sehr dicken Büchern, besonders in Romanen mit Tausenden von Seiten fristen sie ein Schattendasein, hervorgeholt als Statistinnen, die zu schweigen haben, den Hauptfiguren Tee servieren dürfen, unbemerkt, unbedankt, und sie haben aus den Romanen zu verschwinden, wobei ihr Verschwinden nicht einmal erwähnt wird, nicht einmal ein Tritt, mit dem sie aus einem Roman gestoßen werden könnten, wird ihnen als kleinste Respektbezeugung zugestanden, wie sie kommen, haben sie wieder zu verschwinden: still, ohne Pomp, kurz: ganz nebenher.

Andreas Tögel ist so eine Nebenfigur. Auch wenn sie fälschlicherweise meint, es sei in der Hauptsache von ihr gesprochen worden, soll ihm nun seine Hauptrollensekunde zugestanden werden. Denn es ist selten, und das verdient Anerkennung, daß eine Nebenfigur selber Einblick in ihr Innenleben gibt. Es ist rührend, wie sie meint, es gehe um sie, er könnte „Antipathie“ auslösen, und gar, es könnte mit ihr eine „alte Rechnung offen“ sein.

Vielleicht findet sich ein geduldiger Mensch, der mit ihr das durchgeht, worum es ging, Satz für Satz, es wird ein sehr geduldiger Mensch sein müssen, der ihr wohl jeden Satz

Zerstört Servus-TV mit seinen Geladenen die Demokratie in Österreich mit?

mehrmals langsam, deutlich, erklärend, mit vielen Pausen zwischen den Sätzen zum Erfassen des Inhalts, vortragen wird müssen …

Es wird sie, die Nebenfigur, freuen, eine Nebenfigur zu sein, die nicht so leicht loszukriegen ist, und bald schon in einem weiteren Kapitel

Trump card of the present: Hail of bottles

auftaucht, auch wenn es wieder nicht in der Hauptsache um …

Brandstifter bei Biedermanns oder Biedermann bei Brandstifters

Menschgemäß ist es unerhört, ein Stück nicht gesehen zu haben, und dennoch etwas zu diesem Stück zu schreiben, das ein „Volksstück“ genannt wird, während „Schasstück“ als Gattungsbezeichnung in Wahrheit die treffende ist.

Zu dieser Unerhörtheit zwingt aber Peter Turrini selbst, daß es diesmal vollkommen ausreicht, den Inhalt mit kurzen Tonausschnitten erzählt zu bekommen, wie Mitte dieser Woche am Morgen von einem österreichischen Radiosender. Kaum war der Bericht zu Ende, war entschieden, das Stück bietet nichts, in die Josefstadt zu fahren.

Es sträubt sich sogar alles, den Inhalt, wie er berichtet wird, dieses Schasstückes nachzuerzählen. Mit montierten Zitaten aus Zeitungsberichten über die Aufführung am letzten Donnerstag, 25. Jänner 2018, kann dem aber entgangen werden.

Salzburger Kleine Zeitung Standard Krone Tiroler Apa im Frendenzimmer von Peter Turrini

Das Schasstück könnte auch Zeitungsstück, Parlamentsstück, Josefstadtstück genannt werden, oder Standesdünkelverfestigungsstück, Einfallslosstück,  Bildungsbürgerinnenselbstvergewißerungsstück, Bildungsbürgertumselbstbestätigungsstück, Schlachtrufstück gegen die sogenannten Flächenbezirke in Wien …

Das alles fällt dazu ein, wie nun über dieses Stück berichtet wird, von den österreichischen Zeitungen …

„Föttinger verweigert einen Zimmer-Küche-Realismus. Statt in einer lichtarmen Wohnung in Wien-Donaustadt befinden wir uns stets auf der Bühne.“ 

Ach, wie gut wäre dieses Land, wären da nicht diese Menschen in den „lichtarmen Wohnungen“, wären diese Menschen aus den Gemeindebauten nicht so verstockt, so lernresistent, ja, selbst so lichtarm, würden sie nur ein wenig das annehmen können, was täglich in den österreichischen Zeitungen so gut geschrieben wird, über die Menschen, die nach Österreich kommen, alles wird ihnen, den „Alltagsfaschisten“, in den österreichischen Zeitungen so gut erklärt, all die Zusammenhange wirtschaftlicher, politischer, geschichtlicher Natur, Trotzdem wollen sie nicht ablassen von ihren „Vorurteilen“, von ihren „Vorverurteilungen“, sie „formulieren“ so vor sich hin, wollen dabei gar nicht daran denken, „dass Sprache die schärfste Waffe“ …

Täglich also werden sie belehrt, von den österreichischen Medien, wie es recht ist, über Menschen, die nach Österreich kommen, zu denken, wie diesen recht zu begegnen ist, aber in ihren „lichtarmen Wohnungen“ reicht das Licht nur, um ihre eigenen Formulierungen zu schreiben, mit denen von der Donaustadt aus die ganze Welt überschwemmt wird, mit verheerenden Folgen. Allein die auf „Zimmer-Küche“ ersonnene Formulierung „Kampf der Kulturen“ …

Das Stück, ist zu lesen, soll ein „Märchen“ sein.

Ein Märchen muß, wie gewußt wird, immer erst entschlüsselt werden.

Vielleicht aber ist das Stück von Peter Turrini ganz anders zu lesen, von ihm ganz anders gemeint. Bereits der Titel „Fremdenzimmer“ nicht der wirkliche Titel, sondern: Biedermann bei Brandstifters.

Und wenn das „Märchen“ auf andere Weise zu lesen sein soll, will gerne der Inhalt nicht zitiert, sondern entschlüsselt werden, nein, nicht entschlüsselt, das wäre anmaßend, Entschlüsselungsversuche angeboten werden.

Biedermann bei Brandstifters

Es kommt ein Junge in die Bude zu Leuten, die eine Homepage betreiben, da er auf ihrer Seite gelesen hat, bei ihnen könne Sebastian, so heißt der Junge in Wahrheit, sein Handy aufladen.

Gustl ist in Wahrheit der Nachname, und mit Vornamen heißt er Hans.

Der wahre Ort, wo das Märchen spielt, ist nicht eine Zimmer-Küche-Wohnung von „lichtarmen“ Menschen in der Donaustadt, sondern das Parlament

Herta, die in Wahrheit auch anders heißt, trällert im Parlament nicht Lieder von Abba nach, sondern Reden von …

In einem Märchen kann eine Person viele Personen sein. So kann Sebastian einmal der Junge sein, dann auch wieder der Gustl, der Briefträger, der seine Arbeit verlor, dem die Menschen, die nach Österreich kommen, das dringlichste Problem, also dem zurzeitigen Bundeskanzler das größte Problem, wie Gustl eben erst wieder, gestern oder vorgestern, in Tirol deklamiert hat, es gäbe viele Probleme in Tirol zu losen, und das erste von ihm genannte: „illegale Migration“ …

Der Titel kann auch umgedreht werden:

Brandstifter bei Biedermanns

Der Briefträger oder der Junge kommt zu den Biedermanns, die in der nächsten Szene schon Brandstifter wieder heißen können, zum Essen aufs Land, aber, wenn er als Junge kommt, weiß er, bei den Brandstifters bekommt er auch Strom für sein Handy, weil der Gustl, der in Wahrheit anders heißt, ist kein Ungustl, auch wenn ihn jetzt die Krone sogar als „Alltagsfaschisten“

Die „lichtarme Wohnung“ könnte in Wahrheit auch eine bestens ausgeleuchtete Wohnung in einem altehrwürdigen Palais in der Josefstadt, in Hietzing sein, und Herta, die in Wahrheit anders heißt, nimmt nicht nur den Jungen gerne auf, Platz hat sie ja genug

Und während das Handy vom Jungen aufgeladen wird, sieht sich Herta mit Sebastian, der zwar nur einfachste Sätze sprechen kann, aber alles recht genau versteht, was gesprochen wird, den Gustl im Fernsehen an, der ihr, der „Mindestrentnerin“, ihr verlorener Sohn ist …

Gustl heißt, ist zu lesen, mit Nachnamen Knapp. Knapp, der „frühpensionierte Briefträger“, kurz: Bundeskanzler, und der Junge er selbst, als er noch nicht frühpensioniert war, und stets auf der Suche nach Strom für sein Handy, an alle Türen klopfend, bei den Biedermanns, bei den Brandstiftern …

Am Ende des Märchens soll auch ein Flugzeug vorkommen, mit dem der Junge, Gustl und Herta fortfliegen, weit weg. Das freut besonders Gustl, endlich einmal geradeaus, nicht immer im Kreis, und er telefoniert freudig mit seinem Freund Wolfgang Zamanik, ihm gleich aufgeregt das zu erzählen, und auch, was für ein Glück er mit seinem Jungen …

Es ist ein Märchen, ist zu lesen, aber es ist ein Märchen, für das es keinen Schlüssel bedarf, um es zu verstehen, die Tür zu diesem Märchen steht weit offen, es gibt den Blick frei auf eine Bühne, die, ist zu lesen, mehr oder weniger leer sein soll, bis nach hinten, bis zur Brandmauer, nichts als Leere … es scheint, als hätte wenigstens der Bühnenbildner begriffen: Leere kann nur durch Leere dargestellt werden.

Es ist ein Stück für die Menschen, die nicht in der Donaustadt wohnen, nicht im sogenannten Gemeindebau, ein Stück für die Menschen, die es sich behaglich eingerichtet haben, in ihren Redaktionsstuben, in ihren Parteiräumen, in ihren Parlamenten, in ihren Cottage-Zimmerfluchten, in ihren Theatern mit ihren Vorstellungen von den „lichtarmen Wohnungen“ der Menschen, denen sie alle Schlechtigkeit der Welt zuschieben können.

Und spätestens jetzt kann auch verstanden werden, weshalb ein Peter Turrini für einen Christian Benger ein Kulturpreiswürdiger ist, den es nicht schert, wen ein Kulturgremium vorschlägt.

Benger wird wohl in die Josefstadt pilgern, um sich das anzusehen, und dann zufrieden feststellen: Genauso sei es, so müsse die Diagnose der Gesellschaft sein, und wir, also Benger, sind ja recht gut, aber die in der Donaustadt, die sind nicht so, noch mit Tränen in den Augen, ganz gerührt noch davon, den Jungen im Trachtenjanker gesehen zu haben, ist ihm doch der Kärntner Weltkulturebe …

Fremdenzimmer

FPÖ braucht nur einen Widerruf für FPÖ Oberösterreich und für FPÖ Unzensuriert

Widerruf FPÖ Unzensuriert

Wie praktisch, wie ökonomisch, wie sparsam, einen Widerruf nur einmal schreiben zu müssen, und diesen für zwei Seiten verwenden können, einmal für die oberösterreichische FPÖ und einmal für die unzensurierte FPÖ — die Absätze dicht geschlossen …

Wie in der Collage gelesen werden kann, besteht dabei die Mehrarbeit bloß darin, einmal mit „1848 Medienvielfalt Verlags GmbH“ und einmal mit „Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), Landesgruppe Oberösterreich“ unterschreiben zu müssen.

Es geht bei dem Widerruf um die Rücknahme von Behauptungen gegen einen Vortragenden. Es müssen also Behauptungen als Vorwürfe gewesen sein. In dem Widerruf sind Wörter zu lesen wie „allesamt Nationalsozialisten und Rassentheoretiker“, „Nazischweine“, „rechtsextremen“ …

Der österreichische Weg(Lediglich als Einschub: Der Vortragende erhielt im letzten Jahr einen Wissenschaftspreis. Er nahm ihn mit einem freundlichen Lachen entgegen. Es ist ja auch ein besonderer Preis. Wer kann einem Preis sich schon verweigern? Zumal. „Für den Verein Erinnern Gailtal ist die Auszeichnung Anlass noch intensiver an der Errichtung eines Denkmals in Hermagor für die Opfer des NS-Terrors im und aus dem Gailtal zu arbeiten. Die Würdigung ist aber auch ein Zeichen dafür, dass der Verein Erinnern Gailtal zwar einen schweren und steinigen, aber vor allem richtigen Weg eingeschlagen hat und diesen weiter fortsetzen wird.“ Wie geschrieben. Es ist ein besonderer Preis, benannt nach dem „österreichischen Streicher“ … den richtigen, also den österreichischen Weg eingeschlagen …)

Es verwundert doch einigermaßen, daß Freiheitliche solche Behauptungen aufstellten, also einen Widerruf riskierten. In Anbetracht, daß es dabei nur mehr um Nullwörter geht, um Nullvorwürfe. Denn. Heutzutage bezichtigen doch alle alle als „Nazis“, „Faschisten“ … und es muß dafür nicht lange ein Beispiel gesucht werden.

Es muß gar nicht gesucht werden. Wie ebenfalls in der Collage zu lesen ist.

Am 14. November 2017, also gestern, ist in einem Kommentar zum Verteidigungskommentar der FPÖ Unzensuriert zu lesen: „Islamfaschismus“, „Islamnazi“, „gewaltaffine Linksfaschisten“ …

Der Verteidigungskommentar der unzensurierten FPÖ bezieht sich auf die Demonstrationen in Polen am Unabhängigkeitstag am 11. November 2017. Wie gelesen werden kann. Und wenn es um derart Hehres geht, also „patriotische Kundgebungen“ zu verteidigen, da muß auch ein recht besonderer Kommentator oder Kommentatorin ausrücken, nämlich „Unzensurix“.

Wer „Unzensurix“ ist?

Kant – Putin, Unzensurix: Von der Schrecklichkeit der eiskalten Pflicht

Schreibt NR Präsident III Norbert Hofer als Unzensurix auf FPÖ unzensuriert?

Nach wie vor ein Rätsel, das beinahe reizte, es endlich zu lösen.

Was in den Reihen mit den dichtgeschlossenen Absätzen unter „Patriotismus“ verstanden wird, das wird in den Kommentaren selbst offenbart, wenn von ihren Dichtern und Schriftstellern erzählt wird, etwa von Franz Karl Ginzkey mit Werken von einem „ausgeprägten Patriotismus, von Weinheber …

Und mit den recht verehrten Dichterinnen und Schriftstellerinnen – auch die sind darunter, wie nachgelesen werden kann, geht die Reise von Polen über Unzensuriert zurück in das Oberösterreichische, wo ein Mann Gruppenleiter ist, der auf einer geheimen Ministerliste“ steht, wie gelesen werden kann, und zwar als möglicher Justizminister …

Mit dem Verteidigungskommentar sich zu beschäftigen, etwa darauf einzugehen, wie es tatsächlich in Polen ist, weshalb Menschen aus und von welchen Regionen der Ukraine und aus welchen Gründen nach Polen kommen … wozu? Es hieße bloß, in die Falle zu gehen, Obsessionen zu bedienen, daran änderte sich auch nichts, Fakten und Daten entgegenzustellen …

Interessant ist im Grunde nur eines, mit Blick darauf, daß diese Partei gerade zu einer identitären Regierungspartei gemacht wird, wie lange wird es dauern, bis Wählerinnen und Wähler sich wünschten, ihre Wahl vom 15. Oktober 2017 widerrufen zu können …

NS Es ist nicht das erste Mal, daß der identitäre Blick mit Hoffen und Sehnen gen Polen gerichtet ist …

Rosenkranzgrenzhappening in Polen: Für Volk, Vaterland und Führerin. Kurz etwas zum identitären Glaubensdada

Mit Vergangenheitsweichenstellparteien will Alexander Van der Bellen als Bundespräsident in die Zukunft

Nun ist er also doch dabei, bei den Verhandlungen für eine feudalchristlich blaue Regierung in Österreich, der Bildungssprecher der identitären Parlamentspartei als, kurz gesagt, Untergruppenleiter Bildung …

Das werden Veränderungen werden.

Könnte Veränderung ein Gesicht aufsetzen, sie könnte auch das von Wendelin Mölzer nehmen, vielleicht am Montag das von ihm, am Dienstag das von Norbert Nemeth, am Mittwoch das von Harald Stefan, am Donnerstag das von Herbert Kickl, am Freitag das von Anneliese Kitzmüller, am Samstag das von … und am Sonntag versammelt sich die gesamte Partei vor dem Franz-Dinghofer-Gesicht zur Anbetung …

Das werden Veränderungen werden. Auch in der Bildung.

Was hat diese Partei mit ihrem Bildungssprecher nicht alles beizutragen, zur Bildung, wie lange schon spricht sie von gesinnungsgemäßer Bildungsveränderungen, und sie weiß auch genau, was der Bildung fehlt, die ihr recht teuren Schriften …

FPÖ-ZZ „wünscht weiteste Verbreitung“ der „braunen Festschrift“ für Rolf Kosiek, einen „radikalen Antisemiten und Rassentheoretiker“

Was wird das für eine Bildungsoffensive werden, mit einer identitären Regierungspartei! Nicht nur Bildung für die schulpflichtigen Kinder, wie in dem oben verlinkten Kapitel gelesen werden kann, sondern gesinnungsreiche Bildung für alle im Land. Vielleicht gibt es dafür sogar einen parteiinternen Decknamen, für diese Bildungsoffensive? Es böte sich etwa an „Unternehmen Silone“.

Es gibt in Wien diese Aktion des Gratisbuchs. Vielleicht wird es bald für das ganze Land eine solche Aktion geben. Zur Bildungsoffensive. Damit Österreich wieder ein Land der, wie es einmal so schön hieß, „Dichter und Denker“ wird. Es böte sich dafür ein schlagkräftiger Titel an, vielleicht: „Ein Volk, ein Buch“

Die Auswahl des Buches zu treffen, wer wäre dafür berufener als das Magazin des Bildungssprechers? Wer sonst hat heute noch einen Literaturkanon?

Manfred Haimbuchner und der recht besondere Literaturkanon der FPÖ

Und auch zur Weihnachtszeit wird die Bildung nicht vergessen. Besinnliche Lesungen von Josef Weinheber für die Frauen, Franz Karl Ginzkey für die Kinder und für die Männer etwas von Männern, von einem „Bajuwaren von echtem Schrot und Korn“, kurz gesagt, von „Haudegen“ … Und dazu Musik vom Meister aus Deutschland … Für diese Bildungshilfe böte sich ein Titel an, wie: „Winterwerk“.

Am 26. Oktober 2017 sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Ansprache:

„Der heutige Nationalfeiertag ist eine wichtige Nachdenkpause für unser Land. Die Verhandlungen zur Regierungsbildung haben begonnen. Jetzt werden Weichen für die Zukunft gestellt. Ich bin überzeugt, dass die agierenden Personen sich der Verantwortung bewusst sind, die sie in diesen Wochen in ganz besonderem Maße tragen. Ich jedenfalls werde penibel darauf achten, dass stets das Wohl Österreichs über das jeweilige Partei-Interesse gestellt wird. Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir Österreich in eine gute Zukunft führen, wenn wir das Miteinander nicht aus den Augen verlieren. Warum? Weil das auch in der Vergangenheit stets eine unserer größten Stärken war. Sehen Sie sich unser Land an. Es ist ein gutes Land.“

Es wäre beinahe verlockend, nachzulesen, wie im letzten Jahrhundert Ansprachen von Bundespräsidenten waren, ob deren Ansprachen geklungen haben wie aus ihrem letzten, also aus dem 19. Jahrhundert, oder doch nach ihrem, also dem 20. Jahrhundert. Die Ansprache von Alexander Van der Bellen klang nicht nach dem 21., sondern nach dem letzten, also nach dem 20. Jahrhundert …

„Jetzt werden Weichen für die Zukunft gestellt.“ Sagt der Bundespräsident. Wie recht er doch hat – nach dem Kalender geht es stets in die Zukunft

„Es ist ein gutes Land.“ Sagt der Bundespräsident als Grillparzer. Aber er sagt nicht alles, weil er eben nicht Grillparzer ist. „Da tritt der Österreicher hin vor jeden,
denkt sich sein Teil und lässt die anderen reden!“

Es scheint, der Bundespräsident hat für sich schon einen neuen Vers gemacht, und nicht nur er, sondern bereits viele mit ihm in diesem Österreich mit den Vergangenheitsweichenstellparteien, die nun verhandeln und die Regierung stellen sollen:

Da steht die Österreicherin vor jedem Room,
denkt sich ihr Teil und lässt die anderen thun!

Österreich - Es ist ein gutes Land - Alexander van der Bellen

Auf einer Wiese am Teich bei Eisenstadt

Ereignisse im Hochsommer

Er sitzt auf einer Bank im Badener Kurpark bei Wien. Die Frauen tragen helle Sommerkleider, der Tag ist lind und wolkenlos und von sattem Grün. Er liest und hört, halbbewusst nur, der Kurkapelle zu. Plötzlich bricht die Musik mitten im Takt ab … 

Das erzählt Schirach, halbgenau nur, seinem hohen Publikum in Salzburg. Und setzt fort mit einem Zitat: „Es mußte sich etwas ereignet haben.“ Schirach liest nicht aus einem Buch von einer Dichterin der Gegenwart, schon gar nicht aus einem Buch des Dichters, der über hundert Jahre später nackt auf einer Teichweise weit von Baden bei Wien sitzt, ebenfalls lesend, und dabei seine Hoden baumeln läßt.

Von Stefan Zweig wird es wohl kein Bild geben, das ihn nackt in der Öffentlichkeit zeigt. So haben sich die Zeiten geändert. Der Dichter zeigt sich nackt. Und beim Anblick der Hoden des Dichters muß an diesem Nachmittag gedacht werden, so also haben sich die Zeiten geändert – statt Seelen baumeln …

Beim Anblick der Hoden des Dichters im Hochsommer

Wie vor über hundert Jahren ist der Himmel an diesem Tag ohne Wolken, die Wiese von sattem Grün. Es ist heiß. Und der Wunsch ist groß, es möge auch lind sein, also mild, freundlich, schön, endlich ein wirklicher Tag zum Glücklichsein. Und vor allem, es möge sich nichts ereignen, das die Kurkapelle dazu zwingt, ihr Spiel plötzlich abzubrechen. Aber hier, auf dieser Wiese, wo der Dichter seine Hoden baumeln läßt, spielt auch keine Kapelle. Es ist nicht das vornehme Publikum, für das eine Kurkapelle je aufspielt.

Es ist mild. Es ist schön. An diesem Tag. Die Menschen sind freundlich und friedlich. Sie liegen auf der Wiese an diesem Teich. Dösend die einen, lesend die anderen, manche in Gruppen sich ausgelassen unterhaltend, in der Sandkiste zuhauf Kinder spielend …

Es ereignet sich nichts. Das die Menschen an diesem Nachmittag veranlassen könnte, ihr Verhalten zu verändern, ihren geplanten Ablauf für diesen Nachmittag abrupt zu ändern, ihre Postkartenidylle … heutzutage wäre es wohl stimmiger zu sagen, ihre Smartphoneidylle augenblicklich zu verlassen.

Es ereignet sich zu viel. Auch an diesem Tag. Allein zu viel an einem Nachmittag. In der Welt. Einfach ein Zuviel an Ereignissen. Aber deswegen bricht die Musik nicht mehr plötzlich mitten im Takt ab, die Menschen kleiden sich nicht hurtig an, um … Was sich wohl vor über hundert Jahren noch alles ereignet haben mag, an diesem Tag, von dem Stefan Zweig nur ein einziges Ereignis in Erinnerung behielt, oder, ihm nur ein einziges Ereignis wert erschien, von ihm beschrieben zu werden?

Beim Beobachten der baumelnden Hoden – nein, der hängenden Hoden, sie baumeln nicht, die Hoden hängen still, vielleicht deswegen, weil kein Lüftchen … beim Anblick der hängenden Hoden des Dichters stellt sich die Frage ein, ob je etwas von ihm einst zitiert werden wird, über ein Ereignis dieses Tages des Jahres 2017? Und welches der Ereignisse wird es sein? Welches, wenigstens eines der Ereignisse wird der Dichter mit den hängenden Hoden wert befinden, von ihm beschrieben zu werden? Es sind zu viele Ereignisse in der Welt, die es unmöglich machen, eine Liste der dafür in Frage kommenden Geschehnisse zu erstellen, um anhand dieser zu spekulieren, welches der Dichter mit den hängenden Hoden wert befinden könnte, von ihm beschreiben zu werden, von diesem einen Tag im Hochsommer.

Keine Spekulation aber ist darüber notwendig, ob der Dichter mit den hängenden Hoden einst zitiert werden wird. Er wird es. Ganz ohne Zweifel. Er ist ein sehr bekannter und wohl auch schon berühmter Dichter. Anders berühmt als Schirach. Aber Schirach ist ja auch kein …

Wie schön wäre es gewesen, muß gedacht werden, noch lange nach dem Verlassen der Wiese, wären die Hoden des Dichters auf der Wiese am Teiche das einzig berichtenswerte Ereignis von diesem Tag, von dem ganzen Sommer gewesen.

Beim Anblick der Hoden des Dichters Gedanken über die Ereignisse des Tages im Hochsommer 2017

Haben sie wenigstens einen Schirach dabei?

Es gibt gerade in Österreich, wenn im Dialekt gesprochen wird, eine Vorliebe dafür, das „R“ zu verschlucken, es einzusparen, ungehört zu machen. Im Dialekt würde dann aus Schirach einfach und vielleicht dadurch mit einer erzwungenen winzigen Betonungsveränderung: Schiach.

Und kenntlicher könnte über die Rede von Schirach in Salzburg in diesem Sommer gar nicht geurteilt werden, ohne zu urteilen, es bräuchte bloß im Dialekt über diese gesprochen werden:

— Hast Du die Festspielrede gehört?

— Von Schiach?

— Ja, die Schiach-Rede.

Es sind jetzt viele Touristinnen und Touristen im Land, die sehr neugierig sind, und es könnte eine vom Nebentisch, die ihr Bestellung aufgibt,

— Mozarttrüffeltorte mit Sahne –

— Mit Schlag?

— Sahne.

— Sahne ist Schlag.

— Dann mit Schlag.

fragen: Schiach?

— Häßlich.

— Häßlich heißt er?

— Nein, Schiach.

— S c h i -?

— S c h i 〈r〉 a c h !

— Ah, Schirach.

— Ja. Schi〈r〉ach.

So leicht kann es zu Mißverständnissen kommen, zu Verwechslungen. So leicht machte es sich auch Schirach. Mit seinem Beispiel aus der Türkei. Als er für seinen „Volkszorn“ als Beispiel Mitglieder der AKP-Partei mit dem „Volk“ verwechselte. Und er warnte davor, wie leicht das „Volk“ aufzusticheln sei, er sprach sich massiv dafür aus, das Recht gegen die Macht zu stellen. Nun, in Polen, gehen gerade diese Tage Zehntausende auf die Straße, für eine unabhängige Justiz, also für das Recht gegen die Macht. Wer stichelt sie auf, in Polen und in anderen Staaten? Haben sie wenigstens einen Schirach dabei?

Es muß ein Irrtum einbekannt werden, eine alte Platte

Wie verführerisch schön das Plattschäbige zu klingeln vermag

kann beim ersten Hören durchaus verführerisch schön klingen, aber dann …

PS Es wäre wohl zu einem Tumult gekommen, hätte Schirach über die Macht der Männer in Salzburg und also in Österreich gesprochen, über des Mannes Zorn gegen die Frauen, anhand des konkreten Beispiels, wie wenigen Frauen

2026 darf wieder eine Frau die Salzburger Festspielrede halten, vielleicht.

in Jahrzehnten das Recht eingeräumt wurde, die Festspielrede zu halten. Diese Frauen kann ein Mensch an einer Hand abzählen, und braucht dazu nicht einmal fünf Finger.

Und wenn es gar eine Frau gewesen wäre, die diese Rede gehalten hätte, mit Zornesröte und schwarzer Galle hätte sein, das schirachsche „Volk“, den Saal stampfend, brüllend, das Abendland dem Untergang geweiht sehend, spuckend und schreiend … nein, machtgemäß nicht, Anerkennung wäre ausgesprochen worden, die Frau ob ihres Mutes, hinzutreten vor die Macht des Landes, eine Rede, durchaus überlegenswert, wenn es die Staatsgeschäfte … die Männer der Macht sind doch ohne Zorn, und vor allem, Männer der Macht lassen sich nicht aufstacheln, sie besitzen Vernunft, sie haben Informationen, sie wägen ab, sind voller Sorge ob der Behandlung der Frau im „Volke“, besonders der Nachbeteiligung der Frau in den „Communities“ … sie, die Männer der Macht, schunkeln höchstens sanft und verständnisvoll zu Andreas Gabalier, diesem einfachen Manne aus dem „Volke“, der gelernt hat, wo der Platz der Frau ist seit Anbeginn der Festspielreden …

Schiache Rede