„Ich teile Ihre Meinung nicht, und Sie werden Ihr Leben dafür geben, daß Sie sie äußern.“

Der Satz von der Meinung, wie dieser vor allem von Menschen nachgeredet wird, die beispielsweise gesinnungsgemäß rechtsextrem mit rechts verwecheln, lautet, und das ist hinlänglich bekannt, anders, auch landläufig bekannt ist, daß der Satz von der Meinung nicht von einem Mann verfaßt wurde, sondern von einer Frau.

Der Satz von der Meinung ist menschgemäß eine große Ansage, um nicht zu sagen, eine Angeberei. Denn. Wer würde schon das Leben dafür geben, damit irgendwer eine Meinung, die nicht einmal geteilt wird, sagen darf; wörtlich oder gar ernst ist dieser Satz von der Meinung menschgemäß nicht zu nehmen.

Was ist weither sichtbarer als Feuer, vor allem in der Nacht, die über eine Gesellschaft hereinbricht, die einer Gesellschaft den Tag zur dauernden Nacht wandelt?

Und damit kann auf Johanna Mikl-Leitner zu sprechen gekommen werden, die im „Amtsblatt Bezirkshauptmann Melk“ vom 1. April 2024 verkündet:

Es ist immer wieder schön, hier im Stift Melk zu Gast sein zu dürfen. Niederösterreich ist ein Land mit vielen Stiften und Klöstern, auf die wir unglaublich stolz sind und wo wir uns immer wieder freuen, dass christliche Symbole von weither sichtbar sind“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Seit Jahrzehnten wird immer wieder darauf hingewiesen, daß der Satz von der Meinung nicht von einem französischen Philosophen ist, nicht aber erzählt wird der Anlaß, der zu diesem Satz von der Meinung führte.

Vor 265 Jahren verbot der Vatikan das Buch „De l’esprit“ (Essays on the mind, Diskurs über den Geist des Menschen), vor 265 Jahren wurde dieses Buch mit einem christlichen Kirchenbann belegt, sein Verfasser der Verfolgung ausgesetzt, vor 265 Jahren wurde dieses Buch von Helvétius durch einen Henker in Paris öffentlich verbrannt, mitverbrannt wurde auch ein Buch vom französischen Philosophen, dem bis herauf in die Gegenwart der Satz von der Meinung fälschlich zugeschrieben wird.

What the book could never have done for itself, or for its author, persecution did for them both. ‘On the Mind’ became not the success of a season, but one of the most famous books of the century. The men who had hated it, and had not particularly loved Helvétius, flocked round him now. Voltaire forgave him all injuries, intentional or unintentional. ‘What a fuss about an omelette!’ he had exclaimed when he heard of the burning. How abominably unjust to persecute a man for such an airy trifle as that!{199} ‘I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it,’ was his attitude now. But he soon came, as a Voltaire would come, to swearing that there was no more materialism in ‘On the Mind’ than in Locke, and a thousand more daring things in ‘The Spirit of Laws.’ Turgot and Condorcet forgave the philosophy, in their pity for the philosopher. D’Alembert made common cause with the man with whom he had nothing else in common. Rousseau instantly stopped writing his refutation. Diderot roundly swore ‘On the Mind’ was one of the great books of the age. Though Rome had censured it, cardinals wrote to condole with its author on the treatment it had received. It was translated into almost all European languages. Presently, England published an edition of her own. And Helvétius, when that two years’ exile—a punishment surely only in name?—was over, returning to Paris, found himself the most distinguished man in the capital.

Helvétius was all at once ‘regarded as a child of perdition, and the Queen pitied his mother as if she had produced Anti-Christ.’ Rome banned the accursed thing. On January 31, 1759, the Pope attacked it with his own hand in a letter. On February 6 the Parliament of Paris condemned it. On February 10 it was publicly burned by the hangman, with Voltaire’s ‘Natural Law.’ On April 9 the Sorbonne censured it, and declared it to contain ‘the essence of the poisons’ of all modern literature.

So beschreibt Evelyn Beatrice Hall in ihrem Buch „The friends of Voltaire“ den Anlaß, weshalb sie überhaupt auf den von ihr verfaßten Satz von der Meinung kam, vor rund 120 Jahren.

Weither sichtbar das gläubige Feuer, in diesem Fall das christliche Feuer, weither sichtbar war das christliche Feuer auch vor bald 60 Jahren, genauer, als am 3. Oktober,

»Am Erntedanksonntag des Jahres 1965 brannten am Rhein wieder einmal Bücher. Der evangelische »Jugendbund für Entschiedenes Christentum« warf beim Gesang frommer Lieder »Schundhefte« sowie Werke von Kästner, Grass, Camus, Sagan und Nabokov ins Feuer. Das Ordnungsamt hatte die Aktion offiziell genehmigt. Der CVJM sah in ihr einen »Akt der Notwehr«.

Bei der Bibellesung war es um die Aufgabe des Menschen gegangen, sich selber und seine Umwelt rein zu halten. Die jungen Leute hätten sofort Konsequenzen ziehen wollen, berichtet Schwester Brigitte später einem Reporter der NRZ. „Einer schlug schließlich vor, jeder solle die Schriften mitbringen, die eine schlechte Wirkung auf ihn ausgeübt haben. Um ein Bekenntnis gegen das Böse abzulegen, sollten sie öffentlich verbrannt werden.“ Keine Sekunde lang sei ihr der Gedanke gekommen, man tue es den Nazis gleich, beteuerte Schwester Brigitte. „Wir wollten doch etwas ganz anderes – das Gute!“

Das Ziel der Christen: sich selbst und die Umwelt rein halten
Jemand hatte eine Gitarre dabei. Alle sangen fromme Lieder. Schwester Brigitte warf noch schnell einen Blick auf das gesammelte Material. Bei einigen Büchern hatte sie zwar Bedenken, aber im Großen und Ganzen stand sie hinter der Aktion, die ihre ältere Kollegin Schwester Christa, die eigentliche Leiterin dieser Jugendgruppe des „Bundes Entschiedener Christen“, vor vier Wochen mit den Jugendlichen abgesprochen hatte.

Aber nicht nur in Düsseldorf wurden 206 Jahre nach der Verbrennung des Geistes des Menschen wieder und weiter Bücher verbrannt auf gläubigen Befehl im Geheiß des mikl-leitnerischen Allahs, auch in Brugg, dort angeführt von einem Mann, der „Schundpapst“ genannt wurde …

Was Erich Kästner 1965 widerfuhr, was Erich Kästner 32 Jahre zuvor auch schon widerfuhr, wäre Erich Kästner auch 265 Jahre zuvor widerfahren worden – verbrennt zu werden.

Die Wiederbetätigung der Glauben seit 206 Jahren, und nicht erst seit 206 Jahren, sondern seit einer Ewigkeit, so wird wohl die von Gläubigen angebetete Ewigkeit verstanden und auf ewig eingesetzt werden wollen …

Und was dem vatikanischen Allah Eingebung, ist nicht weithin sichtbar, aber weithin festgeschrieben zur Weiterbetägung und auch einer Niederösterreichischen auferlegt,

ihren „Leit“ stolz zu verkünden, als Kultur, über die staatlichen Gesetze sind zu stellen der Evangelien

so in Melk wie in Kloster…

Die Stadt Melk könne sich glücklich schätzen, das Stift in der Stadtmitte zu haben. „Es ist unsere Verantwortung und Verpflichtung, diese Stifte und Klöster in die kommenden Generationen gut weiterzutragen. Da kommt der Denkmalpflege eine große Bedeutung zu“, unterstrich die Landeshauptfrau, die ergänzte,

und das ergänzte die Niederösterreichische nicht, aber es ist zu ergänzen, zur Verkündigung der heiligen Johanna der Klosterhöfe1

in Wien kommt gerade der „Denkmalpflege eine große Bedeutung zu“,

das Denkmal eines christschwarzen Parteikameraden der Niederösterreichischen wird gereinigt, gesäubert, recht herausgeputzt …

1 Es gibt bereits ein Stück über eine heilige Johanna in Chicago, aber vielleicht sucht gerade eine Theaterautorin Stoff für ein Stück, das in der Gegenwart spielt; der Titel dafür wird gerne unentgeltlich beigesteuert: Die heilige Johanna der Klosterhöfe