Vorher nehme ich schnell einen tiefen Zug der guten Toboler Luft. Hier ist es noch kälter als in Orenburg: zweiundreißig Grad minus. So viel zur globalen Erderwärmung, von der sie im Ausland faseln. In Russland hat es noch richtig Frost und Schnee, meine Herren, da könnt ihr sicher sein.
Als Gerald Grosz noch etwas war, also „BZÖ-Chef“, somit „Chef“ einer vom Vater der Ulrike Haider gegründeten Partei, die ihre Kandidatur im Rahmen der EU-Wahl im April vor zehn Jahren zurückzog, als Gerald Grosz noch etwas war, also „Chef“ einer untergegangenen Partei, die zehn Jahre nach diesem töchterlichen Verzicht, so das Gerücht, doch noch existieren soll, als Kleinstpartei, irgendwo in Kärnten allein, als Gerald Grosz noch etwas war, also „Chef“ einer außerhalb von Kärnten aufgelösten Partei, gab er im April vor zehn Jahren eine Presseaussendung heraus, mit der er sich auf George Orwell bezog. Zehn Jahre später, im April ’24, ist er, Gerald Grosz, nichts mehr, also kein „Chef“, zehn Jahre später ist er ein Zwetschkenbrocker auf der fellnerischen Birnenplantage …
Und als ob das an Satire vor zehn Jahren nicht genug gewesen wäre, versucht er sich weiter in Satire als fellnerischer Zwetschkenbrockender, wie wieder einmal heute am 23. April ’24, wenn er sich an die klimafühlige Wetterweisheit seiner Großmutter erinnert, einen Menschen zu einem „Unwesen“ … Und dazu fällt unweigerlich die Satire von Vladimir Sorokin aus dem Jahr 2006 ein: „Der Tag des Opritschnik“, in der zu lesen ist:
Vorher nehme ich schnell einen tiefen Zug der guten Toboler Luft. Hier ist es noch kälter als in Orenburg: zweiundreißig Grad minus. So viel zur globalen Erderwärmung, von der sie im Ausland faseln. In Russland hat es noch richtig Frost und Schnee, meine Herren, da könnt ihr sicher sein.
Als Zwetschkenbrocker hegt Gerald Grosz eine nach seiner Herzenswärme mögliche liebevolle Sicht auf das Geschehen in der Wirklichkeit, und wäre er, Gerald Grosz, noch etwas, also „Chef“, dann hätte wohl er diesen Brief nach Moskau der Kleinstpartei unterschrieben, der am 23. April ’24 auf der Website der allein irgendwo in Kärnten noch eine Internetseite betreibenden Partei zu lesen ist:
Liebes russisches Volk, sehr geehrter Herr Präsident Putin:
Seien Sie sich gewiß, daß es in Europa viele gebildete und kulturliebende Menschen gibt, die den von den USA und von der EU betriebenen Wahnsinn nicht gut heißen und die an einem Ausgleich der russischen und europäischen Interessen interessiert sind.

Mehr wird von der Kleinstpartei, deren „Chef“ einmal Gerald Grosz war, von dem Brief nicht zitiert. Vielleicht ist das aber auch schon der ganze Brief, gemessen an den beschränkten Möglichkeiten einer Kleinstpartei nahezu einer langer Brief …
Die Satire von Vladimir Sorokin aus 2006 über einen Mann, dem die Kleinstpartei irgendwo in Kärnten allein und ihr einstiger „Chef“ zugetan, erzählt vom
Russland im Jahr 2027. Das Land hat sich vom Westen abgeschottet und mit einer „Großen Russischen Mauer“ umgeben. China ist der wichtigste Handelspartner, und die reichen Öl- und Gasreserven sichern die Macht des Alleinherrschers, des „Gossudaren“. Und wie einst Iwan den Schrecklichen umgibt ihn eine Leibgarde, die „Opritschniki“, die diesen Machtanspruch gegen jeden Widerstand durchsetzt. Sorokins Romanvision aus dem Jahr 2006 ist eine schmerzhafte Satire, eine negative Utopie im Sinne von Huxley, Orwell und Burgess. Und das Erschreckende daran ist, dass sie — mit Blick auf das heutige Russland – so überaus realistisch erscheint.

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