„Euer Wille geschehe“

Auf den Straßen sind nun, kurz vor der nächsten Nationalratswahl in Österreich, Plakate abgestellt, auf denen so kurz vor dem 29. September 2024 zu lesen ist: „Euer Wille geschehe“, ohne Satzzeichen, von einer Parlamentspartei, die mit der Einsparung der Interpunktion wohl bereits ein sichtbares Zeichen ihres totalen Einsparungswillen mit verkünden will.

Wessen Wille soll dieser österreichischen Parlamentspartei geschehen? Auch das spart diese Partei bereits ein, den Namen zu nennen, dessen Willen sie will erfüllen. Denn sie, die Partei, kennt die Namen, und meint, das genügt, wenn sie allein die Namen kennt, deren Wille zu geschehen habe, Namen, die bereits durch „Euer Wille geschehe“ offenbart. Durchlauchten sind mit „Euer“ untertänigst anzusprechen, sie, die Partei, erbittet also von Hochherrschaftlichen mit geziemender Unterwürfigkeit, daß ihr Wille geschehe, der Wille auch von August von Hayek geschehe, in den himmlischen Bergen so in den erdigen Tälern.

Und da es geschrieben steht, kein Mensch solle sich von IHm ein Bild machen, ist auf den auf Straßen abgestellten Plakaten nicht ER abgebildet, sondern ein IHn Bittender, der IHm gleich in den Bergen zu wandern rechte Erfüllung findet.

Manche vor solch einem auf der Straße abgestellten „Euer Wille geschehe“-Plakat werden wohl ins Grübeln kommen und meinen, es sei etwas Religiöses dabei, und wahrlich, es ist, einfach wie kurz gesagt, etwas Religiöses dabei. Ein Jünger auf einer „bemerkenswerten Reise des Glaubens und der Einheit, in diesem Sommer an einer bedeutenden Pilgerreise durch die Vereinigten Staaten“ …

Diese Wallfahrt, die Teil des Nationalen Eucharistischen Kongresses 2024 ist, zielt darauf ab, das Land wieder Christus in der Eucharistie zu weihen. Die Pilger legen dabei Tausende Kilometer zurück, um das Allerheiligste in verschiedene Gemeinden zu bringen. [K. W.], der derzeit ein Studium in Washington, D.C. absolviert, verkörpert den Geist der Hingabe und Liebe zur Eucharistie: Er stammt aus Bayern — einer Region in Deutschland, die für ihre eucharistischen Prozessionen bekannt ist — und freut sich, dass diese Tradition in den USA Fuß fasst. „Es ist eine Freude zu sehen, wie sich dieses Konzept hier durchsetzt, wo es meiner Meinung nach viel nötiger ist“, sagte er gegenüber EWTN. Die Pilgerreise erstreckt sich über 10.000 Kilometer auf vier verschiedenen Routen, die auf den entgegengesetzten Seiten des Landes beginnen und in Indianapolis zum National Eucharistic Congress vom 17. bis 21. Juli zusammenkommen. [W.] geht die Marianische Route, die am Oberlauf des Mississippi in Minnesota beginnt und sich durch mehrere Staaten zieht. [K. W.], der von sich sagt, ein großer Liebhaber des Wanderns und Reisens zu sein, fand die Idee, ein dauerhafter Pilger zu werden, „von Anfang an ideal“. Besonders begeistert ist er vom Potenzial dieser Reise, die Menschen in einem umstrittenen und von Spaltung geprägten Wahljahr zu vereinen. „Jesus im Sakrament erwartet uns alle, unabhängig davon, welche Partei wir wählen oder woher wir kommen“, stellte er fest. „Diese Pilgerreise ist ein verbindender Moment, der dem Land Heilung bringen kann.“

Und wenn der Jünger Abkühlung meint zu brauchen, eine Heilung von der Hitze, wird er auf seiner dauerhaften Pilgergasse fern von seinem Swimming-Pool wohl zu seinem iPhone greifen, einen Apostel oder eine Jüngerin anrufen, um sich anzukündigen, er werde gleich vorbeikommen, um sich in dessen eigenen Swimming-Pool oder gar in deren Schwimmbad zu erfrischen, so wie es auf der Website des Hayek-Instituts am 27. August 2024 und wohl für alle Ewigkeit festgehalten, geschrieben von ihm selbst:

Ich weiß nicht wie es Ihnen dabei geht, aber ich fühle mich plötzlich ganz wohl in unserer Lage. Doch die Frage ist, wieso wir solche Katastrophen nicht mehr erleben – und aller Wahrscheinlichkeit nie wieder erleben werden? Wieso bringen unsere Hitzewellen, auch wenn mit negativen Folgen behaftet, nicht mehr solch extreme Konsequenzen mit sich? Natürlich war der Sommer 1540 schlimmer als alles, was wir in unserer Lebzeit durchgemacht haben, doch trotzdem ist es schwer vorstellbar, dass in der heutigen Zeit wieder eine Million Menschen wegen des Wetters sterben würden. Tatsächlich sterben – obwohl Klimatologen meinen, dass es zunehmend mehr Hitzewellen gibt – immer weniger Menschen aufgrund von warmen Temperaturen. Die Todesfälle aufgrund von Hitze in den USA sind seit 1960 dramatisch gefallen, von jährlich vierzig Menschen pro einer Million Menschen zu nur mehr zehn. Von einem Ausgehen des Wassers sind wir in der westlichen Welt weit entfernt – tatsächlich sind wir an einem Punkt, wo wir bei warmen Wetter einfach unseren Wasserkonsum erhöhen. Dass Wasserknappheit zu Essensknappheit führen könnte ist auch schon lange nicht mehr der Fall: die meisten unserer Energiequellen sind nicht mehr von Wasser abhängig und in einer globalen Weltwirtschaft können notfalls woanders die nötigen Lebensmittel eingekauft werden, sollten sie in der Heimat wirklich ausgehen. Der Grund dafür ist, ganz einfach, eben jener freie Markt und jenes kapitalistische Denken, das Handel vereinfacht und neue Technologien hervorbringt. Statt den rigiden Systemen des staatlichen Interventionismus, wo ein Ausscheren kaum möglich ist, kann auf dem freien Markt jeder Mann und jede Frau Innovationen hervorbringen, wenn er oder sie will und eine gute Idee hat. Der Unternehmer sieht eine Nachfrage für etwas und nutzt sodann seine Ressourcen, um die Lücke, die sonst niemand sieht, zu schließen und damit Profit zu machen. Dieser Prozess hat nicht nur immensen und niemals vorstellbaren Wohlstand hervorgebracht, sondern auch neue Technologien und die Möglichkeiten, sich ändernden Bedingungen anzupassen. Eine Hitzewelle lässt sich eben doch deutlich leichter leben, wenn man in einem klimatisierten Haus sitzt, Wasser im Supermarkt einkaufen (oder den Wasserhahn aufdrehen), sich per Uber Essen holen und für Strom (damals, anno 1540, noch nicht mal in Träumen vorstellbar) einfach die Steckdose verwenden kann. Mit seinem iPhone kann man derweil seine Bekannten anrufen und sich zusammen im Schwimmbad oder dem eigenen Swimming-Pool erfrischen. Und wenn man schon keine Klimaanlage hat, ist man zumindest für den Ventilator dankbar. Keine dieser Möglichkeiten stand den Menschen von 1540 zur Verfügung. Sich dies immer wieder bewusst zu machen – die Tatsache, dass es materiell gesehen noch nie eine Zeit in der Geschichte der Menschheit gab, wo das Leben besser und einfacher war – und sich auch immer wieder bewusst zu machen, wieso das der Fall ist, ist von essenzieller Bedeutung. Mit dem Aufstieg des Kapitalismus und der Industrialisierung vor etwas mehr als zwei Jahrhunderten begann dieser Prozess und hat sich seither stetig fortgesetzt. Selbst das Leben mit der Hitze hat dies zutiefst beeinflusst.

Und nach der Erfrischung im klimatisierten oder mit voll aufgedrehten Ventilatoren vollgestelltem Haus stets bei Wasser aus dem Supermarkt und Essen, das Uber bringt, vielleicht von einem anderen Kontinent, wenn die Lebensmittel doch auf dem Pilgerreisekontinent ausgegangen sein sollten, das Anstimmen der Lobgesänge auf Kapitalismus und Industrialisierungselbst das Leben mit der Hitze zutiefst …

In seiner Heimat in ihren Pools Jünger der rechten Wissenschaft, die mit ihm im hayekschen Beirate, erhoffen, er werde ihnen von seiner Pilgerreise ein ebenso reichlich vollgeschriebenes Tagebuch

Zu allen Zeiten das Gebet „Euer Wille geschehe“, und zu allen Zeiten wird ihnen gegeben

Was wohl in jener vergangenen Zeit Menschen ohne Swimming-Pools, ohne Ventilatoren, ohne Essen, ohne eigenen Wasserhahn und ohne eigene Steckdose in ihre Tagebücher über ihr Leben in diesen Tagen schrieben, wenn sie überhaupt noch Tagebücher besaßen, als wieder einmal Euer Wille geschah