Vor einhundertachtzig Jahren veröffentlichte der Reclam-Verlag
„Der Einzige und sein Eigentum“.
Sein Buch läßt Johann Caspar Schmidt mit dem Kapitel „Ich hab mein‘ Sach‘ auf Nichts gestellt.“ beginnen, das endet:
[H]at die Menschheit, wie ihr versichert, Gehalt genug in sich, um sich alles in allem zu sein: so spüre Ich, daß es mir noch weit weniger daran fehlen wird, und daß Ich über meine „Leerheit“ keine Klage zu führen haben werde. […]
Ich selbst als Schöpfer alles schaffe. Fortdenn mit jener Sache, die nicht ganz und gar Meine Sache ist! […]
[D]as Menschliche Sache „des Menschen“. Meine Sache ist weder […] noch das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte, Freie et. sondern allein das Meinige, und sie ist keine allgemeine, sondern ist —
einzig, wie Ich einzig bin. Mir geht nichts über Mich!
Mit „Ich hab mein‘ Sach‘ auf Nichts gestellt.“ schließt Johann Caspar Schmidt sein Buch „Der Einzige und sein Eigentum“ auch — anders kann es folgerichtig gar nicht enden. Dazwischen ist noch viel zu erfahren, das Menschen der Gegenwart bis zur Kenntlichkeit charakterisiert, als wäre dieses Buch nicht vor über einhundertachtzig Jahren geschrieben worden, sondern eben erst, irgendwann, um eine Zahl zu nennen, soll gesagt sein: nach 2015 …
Welche Menschen das bis zur Kenntlichkeit charakterisiert, deren Namen sind zwar von Land zu Land verschieden, aber in jedem Land werden die Menschen nach dieser Charakterisierung namentlich sofort erkannt werden, die in der Öffentlichkeit stehenden Menschen, von denen gemeint wird, sie hätten etwas über sie selbst Hinausgehendes zu sagen, sie könnten etwas, das einen über sie selbst Hinausgehendes Wert — aber
dem Egoisten hat nur seine Geschichte Wert, weil er nur sich entwickeln will, nicht die Menschheits-Idee […], nicht die Freiheit u. dergl. Er sieht sich nicht für ein Werkzeug der Idee […] an, er erkennt keinen Beruf an, er wähnt nicht, zur Fortentwicklung der Menschheit dazusein und sein Scherflein dazu beitragen zu müssen, sondern er lebt sich aus, unbesorgt darum, wie gut oder schlecht die Menschheit dabei fahre.
Ließe es nicht das Mißverständnis zu, als sollte ein Naturzustand gepriesen werden, so könnte man an Lenaus,,Drei Zigeuner“ erinnern.
Was, bin Ich dazu in der Welt, um Ideen zu realisieren? Um etwa zur Verwirklichung der Idee ,,Staat“ durch mein Bürgertum das Meinige zu thun[?] Was ficht Mich ein solcher Beruf an!
Ich lebe so wenig nach einem Berufe, als die Blume nach einem Berufe wächst und duftet. Das Ideal „der Mensch“ ist realisiert, wenn die christliche Anschauung umschlägt in den Satz: „Ich, dieser Einzige, bin der Mensch“. Das gilt von Mir: kein Begriff drückt Mich aus, nichts, was man als mein Wesen angiebt, erschöpft Mich; es sind nur Namen. Gleichfalls sagt man von Gott, er sei vollkommen und habe keinen Beruf, nach Vollkommenheit zu streben. Auch das gilt allein von Mir.
Eigner bin Ich meiner Gewalt, und Ich bin es dann, wenn Ich Mich als Einzigen weiß. Im Einzigen kehrt selbst der Eigner in sein schöpferisches Nichts zurück, aus welchem er geboren wird.
Jedes höhere Wesen über Mir, sei es Gott, sei es der Mensch, schwächt das Gefühl meiner Einzigkeit und erbleicht erst vor der Sonne dieses Bewußtseins.
Stell‘ Ich auf Mich, den Einzigen, meine Sache, dann steht sie auf dem vergänglichen, dem sterblichen Schöpfer seiner, der sich selbst verzehrt, und Ich darf sagen: Ich hab‘ mein‘ Sach‘ auf Nichts gestellt. Ende.

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