Freilich war nicht das gesamte Werk von Sergius Pauser dem einen Österreicher ein „Dreck“, sondern ein bestimmtes Werk, ein Bild, das Belvedere-Bild. Dieses Bild der „Staatsvertragsunterzeichnung“ wollte er von einem anderen gemalt haben, und dieser Maler malte es dann auch;
wer hätte sich auch dem Willen eines Kanzlers widersetzen wollen, entgegenzustellen gewagt?
Auch für diesen Österreicher war das Werk von Sergius Pauser ein Dreck, genauer, in seiner gesinnungsgemäßen Diktion: „entartet“. Freilich nicht das gesamte Werk, sondern die 1938 ausgestellten Werke im „Haus der Deutschen Kunst“ in München.
In der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 war Sergius Pauser allerdings wieder dabei, mit einem Bild von „Hilda Trenker“ …
Daß Sergius Pauser auch wußte, wie ihr Ehemann vorteilhaft zu malen ist, zeigt sein Bild aus 1938.

1942 lehnte er eine Berufung an die Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe ab. 1943–66 war er Leiter der Meisterschule für Portraitmalerei an der Wiener Akademie, der er 1945/46 auch interimistisch als Rektor vorstand.
So wird, ist am 16. Juli 2025 zu lesen, über Sergius Pauser auf der Website „Österreichische Galerie Belvedere“ informiert. Ein begnadeter Portraitmaler kann sich eben aussuchen, wo er arbeiten will, wo er lehren will. Davon ist auf der Website Sergius Pauser im „Lebenslauf“ nicht zu lesen, auch nicht bei Isabella Ackerl, von der auf der Website Sergius Pauser zu lesen ist, ebenfalls am 16. Juli 2025:
Dunkle Jahre
Die Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich veränderte zunächst nur wenig an Pausers Leben, wenn auch eine Reihe seiner Auftraggeber Österreich verlassen mußte. Noch erlebte er bei der Secessionsausstellung im Jahre 1938 einen großen Erfolg. Als er jedoch hörte, daß Hitler in der Münchner Ausstellung im Haus der Deutschen Kunst einen Wutanfall erlitten und alle seine Werke als „entartet“ bezeichnet hätte, stürzte ihn diese Affäre in eine tiefe Depression und Existenzangst. Als Maler sah er sich außerstande, auf Dauer anderswo zu leben und zu arbeiten. Gleichsam als Tarnung und Schutzschild begann Pauser, intensiver denn je in altmeisterlicher Technik zu arbeiten. Nach einer kurzen Kriegsdienstepisode übernahm er mit März 1943 die Leitung der Meisterschule für Bildnismalerei an der Wiener Akademie für bildende Künste. Sein Verhältnis zum Regime war sichtlich gespannt, denn 1944 wurde er mit anderen „Politisch Unzuverlässigen“ zu Schanzarbeiten nach Radkersburg kommandiert. Der Schauspieler Curd Jürgens (1915-1982), der ebenfalls die Ehre hatte, diesem Transport anzugehören, schrieb in seinen Erinnerungen: „… daß Sergius … recht viel Unangenehmes durchmachen mußte, da die SA-Bewacher mehr und mehr die Nerven verloren und dies an den Gefangenen ausließen.“

Und das Heeresgeschichtliche Museum in Wien stellt auf seiner Website am 30. April 2025 unter „Objekt des Monats Mai 2025“ die Information zur Verfügung:
Die künstlerische Karriere des Absolventen der Münchner und Wiener Akademie, Sergius Pauser, war ein stetiges Auf und Ab. Anfangs dem Expressionismus anhängend, wechselte er Ende der 1920er Jahre zur Neuen Sachlichkeit und drückte sich später mehr und mehr in aufgelockerter Malweise aus. In den 1930er Jahren stellte er in Deutschland, den USA und der Schweiz aus – mit Erfolg, wie zahlreiche österreichische und internationale Preise belegen.
Dem Nationalsozialismus passte sich Pauser stilistisch nicht an – im Gegenteil: bei der Eröffnung einer Ausstellung im „Haus der Deutschen Kunst“ 1937 entfernte Adolf Hitler persönlich in einem Wutanfall seine Bilder von der Wand und bezeichnete selbige als „entartet“. Diese Affäre löste in Pauser heftige Existenzängste aus. Wie sich herausstellte nicht unbegründet, er wurde im Herbst 1944 mit fünftausend sogenannten „Politisch Unzuverlässigen“ in ein Schanz-Lager bei Bad Radkersburg gebracht.
Ab 1945 stellte Pauser wieder national und international aus und wurde vielfach ausgezeichnet. 1955 erteilte ihm die Bundesregierung den Auftrag, die feierliche Unterzeichnung des Staatsvertrages im Oberen Belvedere in einem Gemälde festzuhalten. Die erste Fassung wurde abgelehnt, aber dennoch vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst angekauft (heute Artothek des Bundes). Anschließend, über einen Auftrag sowohl der Stadt Wien als auch des Niederösterreichischen Landesmuseums, schuf Pauser eine zweite und dritte Fassung seiner an Ort und Stelle entstandenen Ölskizze in Form von Pastellskizzen. Das für die zeitgenössischen Regierungsmitglieder viel zu impressionistisch gestaltete Werk wurde von Bundeskanzler Julius Raab mit den höchst unstaatsmännischen Worten „Fahrts ab mit dem Dreck!“ abgelehnt. Den Auftrag für das Staatsvertragsgemälde erhielt schließlich Raabs „Leibmaler“ Robert Fuchs. Eine der beiden noch erhaltenen Pastellskizzen Pausers befindet sich heute in der Albertina, die andere konnte 2005 von der Witwe des Malers durch das HGM angekauft werden und wird hiermit zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.
Rupert Feuchtmüller schreibt zu Sergius Pauser:
Doch man sprach nun einmal über Pausers Berufung. Immerhin hatte er 1942 den Baldur von Schirach-Preis erhalten. Schirach aber hatte ursprünglich, wie Anny Pauser berichtet, den Maler Andreas Patzelt protegiert. Eine Ausstellung im Künstlerhaus soll die Möglichkeit geboten haben, den Reichsstatthalter von seiner vorgefaßten Meinung abzubringen, er entschied sich für Pauser.
Ob der „Reichsstatthalter“ der Meinung war, das von Pauser sei Dreck? Das wird nicht gewußt.
Jedenfalls konnte er von seiner Meinung oder von seinem Willen abgebracht werden.
Rupert Feuchtmüller schreibt:
Trotz der Wertschätzung der Bilder Pausers, auch durch die Machthaber dieser Zeit, war seine Einstellung zum Regime nicht verborgen geblieben. So kam es, daß er im Herbst 1944 mit fünftausend sogenannten „Politisch Unzuverlässigen in ein Schanz-Lager bei Radkersburg gebracht wurde. Am 27. März 1945 tritt Pauser einen vierwöchigen Krankenurlaub an und erlebt das Kriegsende in seinem Haus in Waidhofen. Pauser, zuerst (1945) im allgemeinen Arbeitseinsatz in seiner Heimatstadt, dann von der russischen Besatzungsmacht als Künstler „entdeckt“, hatte dort die Aufgabe, unter militärischer Beaufsichtigung Lenin, Stalin und andere Persönlichkeiten nach Zeitungsausschnitten zu malen. Durch die Intervention des Wiener Stadtrates (Matejka) bei der zuständigen sowjetrussischen Militärdienststelle konnte er Waidhofen schließen verlassen.

Die „Staatsvertragsunterzeichnung“ malte Robert Fuchs, der „Leibmaler“ des Österreichers, der auch Kanzler war, ihn, den Kanzler, davon abzubringen, wagte wohl kein Mensch in seinem unmittelbaren Umfeld. Und Robert Fuchs war ihm doch eine ausgezeichnete Wahl. Wie genau und sachlich die „Österreichische Galerie Belvedere“ den Lebenslauf von Robert Fuchs zu beschreiben vermag, das ringt doch immer wieder Bewunderung ab …
„Nach dreijähriger Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt 1914/15 Studium an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei J. Schmid, H. Tichy und R. Jettmar. Fortsetzung des Studiums 1918–24, u. a. bei R. Bacher. Ab 1933 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Pressezeichner für die Zeitungen ‚Neue Freie Presse‘, ‚Wiener Tagblatt‘, ‚Wiener Montag‘ und ‚Die Wirtschaft‘. Fuchs widmete sich vor allem der Portrait-, Landschafts- und Figurenmalerei und blieb einer realistischen Kunstauffassung verbunden.“ [aus: Reiter, Cornelia (Bearb.)/ Koja, Stephan (Bearb.)/ Márkus, Hella (Bearb.): Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie des 20. Jahrhunderts, Bd. 1: A–F, hrsg. v. d. Österreichischen Galerie Belvedere, Wien 1993, S. 271]
Auf der Website „Haus der Geschichte Österreich“ ist ebenfalls am 16. Juli 2025 zu lesen:
1955: Staatsvertragsgemälde
Ein illegaler Nationalsozialist als Staatskünstler
Für den Ball der Stadt Wien 1937 fertigte der Maler Robert Fuchs Portraits der hochgestellten Ballgäste an, darunter auch eines des ehemaligen Justizministers Robert Winterstein, der als Vertreter der Schuschnigg-Regierung sofort nach dem „Anschluss“ am 15. März 1938 verhaftet und 1940 im KZ Buchenwald ermordet wurde. Während Winterstein in Haft saß, fertigte Robert Fuchs als langjähriger illegaler Nationalsozialist ein Wandgemälde für den Hauptsaal des Wiener Stadtkrugs, einem Treffpunkt illegaler Nazis an, das den Marsch der SA in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 darstellte. Sein berühmtestes Werk ist Die Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags im Oberen Belvedere 1955, das im Auftrag der Bundesregierung entstanden ist. Bundeskanzler Julius Raab, der ehemalige Handelsminister der letzten Schuschnigg-Regierung, entschied sich für die Version von Robert Fuchs und gegen den ursprünglichen Entwurf von Sergius Pauser.

Was in der Geschichte, soll in der Geschichte bleiben, tot und vergraben. Was aber leben bleiben soll, sind die recht guten Erinnerungen, beispielsweise diese der Tochter, zu lesen auf der Website „DENK*MAL Verein zur Pflege der Denkmäler und der lokalen Kultur in Neustift am Walde und Salmannsdorf“:
Prof. h. c. Robert Fuchs
Aus den Erinnerungen seiner Tochter Margarete Groiss
„1942 brachte uns Vati mit der Erzieherin wegen der Bombardierung des 2. Weltkriegs nach Kamegg am Kamp/NÖ zu den Fallmann’s (Bauern u. Mühlenbesitzer). Wir bewohnten ein Zimmer und eine Veranda. Er kam nur zum Wochenende zu uns und erlebte die grauslichen Bombenangriffe hautnah.
1947 zogen wir alle wieder nach Wien. Vati malte wieder fleißig in seinem Atelier und bekam allmählich wieder Porträtaufträge (vor allem Politiker und Prominente), daneben entstanden Kompositionen und er schuf auch kleine Plastiken (Raab-Kopf, Töchter, u.s.w.). 1955 kaufte er in Neustift am Walde ein schönes Haus mit großem Garten. 1955 bekam er auch den Auftrag, die Staatsvertragsunterzeichnung im Belvedere zu malen. Dieses Gemälde hängt heute im Bundeskanzleramt.“
„Vati hatte ein sehr geselliges Leben – jedes Wochenende wurden Gäste eingeladen (auch Bundeskanzler Raab war oft zu Gast). Vati war auch ein sehr beliebter „Haus u. Hofmaler” der Familie Franz Mayr-Mellnhof aus Fronleiten.
Im Künstlerklub „Alte Welt” in der Windmühlgasse wurden oft kleine Theaterstücke von ihm aufgeführt, in denen er selbst mitspielte. Vati war auch sehr naturverbunden. Er hatte herrliche Rosen im Garten, die er mit Liebe pflegte und malte. Bei verschiedenen Heurigen in Neustift war er ein gern gesehener Gast – obwohl er nicht mehr als höchstens zwei Vierteln genoss. Er besuchte oft Kamegg und Gars und malte wunderschöne Landschaften. Vati war immer voller Ideen – verfasste philosophische Schriften, und schuf einen Christuszyklus mit sehr großformatigen Bildern. Auch die „Weinberg-Muttergottes” stammt von ihm. Im 83. Lebensjahr wurde er dann schon sehr gebrechlich und als er nicht mehr malen konnte, freute ihn das Leben nicht mehr. Mit 84 Jahren starb er nach einem ausgefüllten und trotz allem schönen Leben.”
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