Das werden so knappe Geschichten sein, die im Kleinwalsertal vielleicht noch lange erzählt werden, nicht im ganzen Kleinwalsertal, aber in der einen mittelberglerischen Familie, weil der Vater, der das erlebte, es seinen Kindern …
Als einmal, Corona I ging eben zu Ende, der Bundeskanzler kam, und er dem Vater die Hand reichen wollte.
Das wird der Mann erzählen, seinem Kind oder seinen Kindern, falls er ein Kind oder Kinder hat, vielleicht seinen Neffen und Nichten, falls er ein Onkel ist.
Er sei hinter dem Bundeskanzler gestanden. Plötzlich habe sich der Bundeskanzler umgedreht, habe ihn erblickt, den Vater und Onkel, und sofort habe er, der Bundeskanzler, seinen Arm angewinkelt und nach vorne schnellen lassen, wie es eben üblich sei, um einem Menschen zum Handgeben die Hand zu reichen, er aber, der Vater oder der Onkel, habe die ausgestreckte Hand des Bundeskanzlers nicht zum Handschlag ergriffen, sondern er, der Onkel oder der Vater, habe sich sofort abgewendet und sich vom Bundeskanzler wegbegeben, dieser, der Bundeskanzler, sei ihm, dem Vater oder dem Onkel, mit weiter angewinkelt gestrecktem Arm zum Händeschütteln bereiter Hand …

Was den Vater oder den Onkel dazu bewegen könnte, diese klitzekleine Geschichte immer wieder zu erzählen, seinem Kind und seinen Kindern, die diese nur einmal hören wollen, immer wieder seinen Neffen und Nichten, seinen Enkelkindern oder seinen Großnichten oder Großneffen, die bis zu deren Schuleintritt von dieser nicht genug …
Vielleicht mit einem gewissen Stolz, seine Hand nicht dem Bundeskanzler gereicht zu haben, nicht mehr auf diese Weise gerührt gewesen zu sein, wie einst ein Greißler stolz gerührt war, daß ihm die Hand reichte der Doktor …
Zu einem Lied wird es die mittelberglerische Geschichte nicht bringen. Dabei hätte diese es durchaus verdient. Ein Lied mit dem Titel etwa: Gereicht nicht die Hand …
So ein Lied könnte etwas Tröstliches haben, daß seit den Tagen des Doktors sich doch etwas geändert hätte, in Österreich … Auch wenn gewußt wird, daß das Tröstende nicht wahr ist.
Ohne Wahrheit ist ein Leben auszuhalten, aber nicht ohne Trost.

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