Vermächtnis eines „echten Österreichers“

In sein Testament hat Richard Lugner dies

Ich habe keine Rechtsextremen gesehen. [S]elten so gehobene Schichten wie am Akademikerball. [W]o überhaupt nichts Unanständiges geschieht.

nicht geschrieben. Dennoch wird dies von ihm etwa ein halbes Jahr vor seinem Tod Geäußerte gar vielen in diesem Land ein sie bestärkendes Vermächtnis sein, die österreichische Leitkultur weiter aufrechtzuerhalten, das Zusehende nicht zu sehen.

Wer in die Hofburg zu, was für ein gar schön altes Wort für Eliten, Establishment, „gehobene[n] Schichten“ immer wieder eingeladen wurde, schuldet der Höflichkeit und Anständigkeit, ebenfalls eine Einladung zu hinterlassen,

zur Feier in den Stephansdom

diese ehrenreiche Einladung, eine Rede zu halten, hat der Präsident in Treue recht gerne angenommen, um zu bekennen, der Verstorbene sei ein „echter Österreicher“, sei ein „wahrer Österreicher“ gewesen; es werden ihm dabei wohl noch die ihn wärmenden Winterhofburgballworte in Erinnerung gewesen sein,

dieses Bekenntnis zum Nichtsehen, dieser Ausdruck der wohligen Geselligkeit im Kreise gehobener Schichten, in dem nichts Unanständiges geschieht, „in dem nichts Wildes erzählt wird“ – bloß „Burschenschafter, junge, nette Studenten und alte Herren“ unter sich, so ungezwungen frei, als wären sie auf ihren Buden der gesinnungsgehobenen Schichten, die sie zu ihrer Weltanschauung kleben, den Klebstoff dafür aus Hopfen, Spucke, Malz und Mehl —

Mit ihm, dem Präsidenten vom Lande, kamen an diesem Samstag viele seiner Gesinnung in das österreichische Zentrum des Glaubens, u. a. der Kommentator Österreichs, die Grand Dame, der Переводчик, des Übersetzers ehemaliger Vize, der Eingeheiratete mit dem Namenswechsel

Ebenfalls eingeladen in die Kathedrale, um eine Rede zu halten, der poysdorferische Präsident auf dem Lande, und dieser bekannte, heute verneige sich ganz Österreich ehrerbietend vor Richard Lugner. Wie recht er sprach, einem Mann mit einem derart ausgesprochenen Vermächtnis, nicht zu sehen, was zu sehen ist, kann nur Ehrerbietung bezeugt werden. Es sprach an diesem 31. August 2024 also ein Präsident, der dazu wohl von seinem heimatlichen Lande anreiste, und ein aus einer Kleinstadt stammender Präsident auf dem Lande, in dem die Parteien dieser Präsidenten bereits in einer Regierung gemeinsam sitzen.

Möglich, daß die Einladung, einen patriotischen Präsidenten und einen christlichen Präsidenten reden zu lassen, auch ein und dazu passender Teil des Vermächtnisses ist, ebenfalls nicht im Testament niedergeschrieben, aber

SEin unausgesprochener Wille, sein dahingehend zu deutender letzter Wille, es mögen diese zwei Parteien die nächste Regierung auf dem ganzen Lande …

Eine Ministerin als Vertretung der österreichischen Bundesregierung war an diesem Samstag ebenfalls in der Stephanskirche zugegen und „spricht ihr Beileid aus“

und vielleicht sprach sie dabei für sich still nach innen ein „Vaterunser“, DEin Wille geschehe und gebet uns das Reich, zu regieren, gemeinsam allein meiner Partei und der Partei des burgenländischen Präsidenten,

der so recht schön vom „echten“, vom „wahren Österreicher“ spricht, ganz und gar erfüllt von unserer Leitkultur, geheiligt sei ihr Name

PS Wenn nun der Grinzinger Friedhof die letzte Heimstätte, wie es gläubig so hoffnungsreich heißt, auch von Richard Lugner ist, dann ist dieser Friedhof wohl endgültig zum Friedhof der Lustigsten Österreichs geworden, und damit hat dann — Gläubige wissen mitleidend um das schmerzvolle Leben der Skelette und der Aschen in Einsamkeit — auch das lange Warten eines ebenso großen Unterhalters auf einen ebenbürtigen Unterhalter als Nachbarn ein Ende, nach fünfunddreißig Jahren.