Am 27. November 2024 hat das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes seinen „Rechtsextremismus-Barometer“ präsentiert, und österreichgemäß ist die Antwort auf die Frage, „welche dieser Personengruppen hätten sie NICHT gern als Nachbarn?“ nicht, daß achtunddreißig Prozent keine Kärntnerischen, keine Steirirschen, keine Burgenländischen, keine Niederösterreichischen und so fort in ihrer Nachbarschaft gern haben wollen, weil diese Minderheiten wurden nicht abgefragt, die Antwort auf diese Frage war, 38 Prozent hätten nicht gern „Roma/Romnja und Sinti/Sintizze“ als Nachbarinnen.
In der breiten Berichterstattung war aber nicht dieses Ergebnis im Mittelpunkt, sondern, daß sechsunddreißig Prozent nicht gerne „Muslime/Musliminnen“ in ihrer Nachbarschaft hätten …
Geradeso, als wäre das das erschütterndste Ergebnis dieser Umfrage. Dabei wurde gar nicht gefragt, ob sie nicht gern ausländische Menschen als Nachbarn hätten, es wurde gefragt, ob sie nicht gern Muslime/Musliminnen als Nachbarinnen hätten, also es wurde gefragt nach Nachbarn, die sie nicht gerne als Nachbarinnen hätten, mit einer Organisierten Weltanschauung, in diesem Fall nach Nachbarinnen mit einer islamischen Weltanschauung.
Was daran schlagzeilenträchtig sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Wer will schon in der unmittelbaren Nachbarschaft eine Weltanschauung, die der eigenen Weltanschauung zuwiderläuft? Mehr oder weniger zeitgleich wird vom Exodus berichtet, in Österreich, viele verlassen nun X, weil ihnen die Nachbarschaft zuwider ist, sie ziehen in eine Nachbarschaft in der Hoffnung, dort nur noch unter Gleichgesinnten zu sein, unter einem Himmel, der nicht getrübt ist von anderen Weltanschauungen, aber den blauen Himmel, den sie sich mit ihrem Umzug erhoffen, gibt es nicht, auch unter ihrem blauen Himmel sind sie schon da, die Menschen mit anderen Weltanschauungen … rührend, noch zu glauben, Nachbarschaftsburgen —
Und auch im Fernsehen, beispielsweise am 28. November 2024, im Mittelpunkt die Weltanschauung:
Ani Gülgün-Mayr: Gestern wurde eine der umfassendsten Studien der österreichischen Bevölkerung präsentiert, vom Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes, und es war ziemlich ernüchternd, was dabe herausgekommen ist, nämlich, zum Beispiel ein Drittel hat nichts gegen einen starken Mann, der sich nicht ums Parlament kümmert, und 36 % geben auf die Frage, wen sie nicht gern als Nachbarn hätten, Muslime an. Was sagen uns diese Ergebnisse?
Cornelius Obonja: Ich glaube zweierlei, erstens, jetzt kann man natürlich immer wieder sagen, die große Politikverdrossenheit, es gibt vieles, was, es gibt unendlich viele Ängste, Ängste, Dinge zu verlieren, Ängste, allein zu bleiben, Ängste, nicht mitgenommen zu werden, und viele Dinge, die eigentlich wunderbar funktionieren, die auch Dank der Europäischen Union sehr gut funktionieren. Ich darf erinnern, es ist jetzt zum Beispiel gerade eine Direktive herausgekommen, das zum Beispiel, was den black friday betrifft, daß da nicht herumbetrogen wird […] Das andere, was die Muslime betrifft, ist es wahrscheinlich verständlich, ich glaube, daß da vieles unterlassen wurde, wo man immer wieder gesagt hat, ja, offene Hand, die sollten wir haben, die müssen wir haben, das ist das, was Humanität bedeutet, schlicht und ergreifend, ein Mensch, der, niemand, niemand auf der ganzen Welt geht freiwillig aus seiner Heimat weg, das glaub ich nicht, ja, und selbst wenn das Leben da so schlecht ist, daß man nicht weiterkommt, wenn man sich das einmal auf die eigene Person umlegt, wie würde es mir gehen, wenn ich weg müßte, ganz einfaches Beispiel, stellen Sie sich vor, das Wiener Wasser wäre so schlecht, daß ich da nicht mehr leben kann, dann bricht auch hier noch viel mehr die Wirtschaft zusammen, als an allen schiefgegangenen black friday, und dann wenn ich weggehen müßte, würde ich mir auch wünschen, daß es im Land, das mich vielleicht aufnimmt, zumindest erst einmal eine offene Hand gibt. Dann können wir über alles reden. Müssen wir auch reden. Es ist viel falsch gelaufen, was die sogenannte Integration betrifft. Gibt es allerdings auch von den Integrationswilligen tatsächlich auch eine massive Bringschuld, als da wäre in unseren Breiten selbstverständlich Deutsch als Selbstverständlichkeit zu lernen, sich darum zu kümmern, wie die hiesigen Gepflogenheiten sind, und dann muß man sehen, daß man sich eben auch den hiesigen Dingen anpaßt, auch das gehört dazu. Da ist viel schiefgelaufen, aber wir werden es nur gemeinsam regeln können, durch Ausgrenzung und Abgrenzung und den Staat in eine Art von, wie soll ich sagen, in eine Art von orbánischer, Populismusprater umbauen zu wollen, ist, glaube ich, nicht die Lösung. Bei der letzten Nationalratswahl haben das auch 70 % der Österreicher erkannt, daß das nicht die Lösung ist.
Ali Gülgün-Mayr: Cornelius Obonja, vielen Dank.
Kultur heute, menschgemäß an erster Stelle die Faszination des „starken Mannes“, und dann gleich die 36 Prozent der Menschen in Österreich, die nicht gern diese Organisierte Weltanschauung in ihrer Nachbarschaft hätten. Selbstverständlich werden in der Berichterstattung später, weiter unten „Roma und Sinti“ erwähnt, aber die Schlagzeilen sind „Muslime“, wenn über diese Umfrage berichtet wird, ist es eben unvermeidbar, doch auch die Ergebnisse der anderen Fragen zu erwähnen, wenngleich es wohl vielen es gern gewesen wäre, die 38 Prozent, die sich gegen eine Nachbarschaft von „Romnja und Sintizze“ aussprechen, nicht erwähnen zu müssen.
Wenn an dieser Umfrage etwas erschütternd ist, dann dieses Ergebnis, in Österreich, im Portschyreich, dessen Namensgeber ein Burgenländer,
wenn an dieser Umfrage etwas erschütternd ist, dann dieses Ergebnis, in Österreich, im Kloepferland, dessen Namensgeber ein Steiermärkischer,
verehrt, gepriesen nicht nur von einem Hermann, seiner Partei ein Dichter der Heimat …
Achtunddreißig Prozent hätten nicht gern diese Menschen, zu denen beispielsweise einem Ben Becker das in Österreich nach wie vor so gern gehörte und gehabte „Zigeuner“ einfällt, als Ihre Nachbarn, 38 % hätten nicht gern diese Menschen als ihre Nachbarinnen, und der einzige Grund, weshalb sie diese Menschen nicht in ihrer Nachbarschaft gern haben wollen, ist, daß sie sind, ihr Dasein, ihre Existenz reicht, um sie nicht in der Nachbarschaft haben zu wollen, deren Weltanschauungen, deren Orientierungen spielen dabei keine Rolle, sie seien ihnen wohl das, was Tobias Portschy in seinem, wenn es richtig in Erinnerung, letzten Interview irgendwann vor seinem Tod 1996 sagte, von Menschen sagte, die für ihn „Krätze“ … Und bei Menschen, die gesinnungsgemäß mit „Krätze“ verglichen werden, wird nicht nach Weltanschauungen, nicht nach Orientierungen gefragt, hier zählt nichts oder nur eines, sie nicht haben zu wollen, sie nicht in die Nachbarschaft zu lassen, und wenn doch, sie so schnell wie möglich wieder loszuwerden, durch „Remigration“ oder
durch Mord, wie es geschehen ist, und wenn sie ermordet werden, dann sind die Mordenden zuerst, zuallererst unter ihnen selbst zu suchen, wie es geschehen ist, und auch hier hat sich eine Partei hervorgetan, die diese brauchtümelnde Weltanschauung Pflicht …


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