„Puls unserer Heimat schlug wieder“

Das Wesentliche zur Unabhängigkeitserklärung des Staates Österreich wurde bereits im letzten Kapitel hervorgehoben: die Gegenerfüllung der Unabhängigkeitserklärung in bezug auf die Bundesverfassung Österreichs.

„Sehr geehrte Festgäste, der Augenblick, in dem Österreich am 27. April 1945 seine Unabhängigkeit erklärte, ist nicht nur ein Moment des Neuanfangs für unsere Heimat. Er stellt auch einen bedeutenden Einschnitt in der Geschichte Europas dar. Der Puls unserer Heimat schlug wieder. Und die ganze Welt konnte ihn hören. Aber hatte er je aufgehört, zu schlagen?

Das sagt am 27. April 2025 in der Wiener Hofburg Alexander Van der Bellen im Staatsakt zur Wiedererrichtung Österreichs vor achtzig Jahren. Oh, und wie die Heimat wieder pulste, mit dem Herzschlag der Heimat unterschreibt am 27. April 1945 Leopold Kunschak mit die Unabhängigkeitserklärung für Österreich, mit diesem auch

seinem Herzen der Heimat wurde die Unabhängigkeitserklärung auf das Papier geschlagen, so liest sich die Unabhängigkeitserklärung Österreichs, recht‘ Herz der Heimat, auch eines Leopold Kunschak, des „Streichers von Österreich“, des „Radau-Antisemiten“ und des ersten ersten Nationalratspräsidenten des österreichischen Parlaments im „Neuanfang“, „und die ganze Welt“ — ohne Österreich — „konnte ihn hören“ —

Oh, und was für einen Schlag „Neuanfang“ sie hören konnte, für den lohnt es zu erinnern, das zu zitieren, was schon einmal zitiert wurde, ebenfalls im Zusammenhang mit einem ersten Nationalratspräsidenten.

Als Tabubrecher tat sich schon im Herbst 1945 als erster prominenter Politiker Nationalratspräsident Leopold Kunschak hervor, der jene Vorurteile artikulierte, die in der Bevölkerung nach wie vor ungebrochen vorherrschten. Während Kunschaks antisemitische Äußerungen in der österreichischen Presse ignoriert wurden und politische Beobachter ihnen keine besondere Bedeutung beimaßen, schrieb die in New York erscheinende Zeitung »Der Aufbau« den im Frühjahr 1946 wachsenden Antisemitismus dieser Agitation zu: »Wenn man bedenkt, daß Leopold Kunschak, ‚der Streicher von Österreich‘ unter der neuen Regierung den wichtigen Posten eines Parlamentspräsidenten innehat und daß derselbe Kunschak, von seiner traurigen Vergangenheit als einer der übelsten österreichischen Radau-Antisemiten abgesehen, auch im neuen Österreich in Reden proklamieren konnte, daß ‚die polnischen Juden nicht nach Österreich kommen sollen, wir Österreicher brauchen aber auch die anderen nicht!‘ […] und ‚Ich bin immer ein Antisemit gewesen und bin es auch heute noch!‘ – so braucht man sich über diese ‚losgelassene Volkswut‘ nicht zu wundern.“

Im Blaimschein am

„Donnerstag, 19. April 1945: Die sowjetische Kommandantur übergibt die sogenannte Blaimschein-Villa im 13. Bezirk, Lainzer Straße 28, Ecke Wenzgasse an Karl Renner als Amtssitz. Die Villa trägt ihren Namen nach dem Margarinefabrikanten Blaimschein, der 1938 als Jude aus Wien geflohen ist. Die Nazi-Familie, die sich dann in die Villa setzte, ist 1945 geflohen.
Freitag, 27. April 1945: Unter strenger Geheimhaltung werden in der Hietzinger Blaimscheinvilla die Regierungsverhandlungen, von denen die Bevölkerung nicht einmal gerüchteweise hört, abgeschlossen.“

Für solch einen Akt ist auch eine Person einzuladen, die mit einer Rede sich schon bewährt und für weitere sich empfohlen hat, von der gewiß ist, sie wird das Herz der Heimat pulsieren lassen, als wäre es ein vor achtzig Jahren gespielter Akt in der Villa Blaimschein, die die Burg gibt.

Und wenn in diesem Jahr 2025 tatsächlich mit der Säuberung des Denkmals auf dem KL-Platz begonnen werden wird, das auch ein Erbe von Leopold Kunschak ist, dann wird nach achtzig Jahren ein herausgeputzter Nationalsozialist auf dem KL-Platz strahlen, und es wird ihn gar nicht kümmern, daß sein dargestellter Antisemit unmerklich in eine Schieflage gebracht sein wird, und auch seine ihn mit der Denkmalerrichtung Beauftragten wird das nicht kümmern, es wird ihnen schwächlich vorkommen, und es wird ihm eine Ehre sein, mit Stolz sich zu erinnern, wie seine Gesinnungskameraderie mit einem Denkmal verfahren das ist, das nicht ihrer Zeit entsprach.

»Am 18. 5. 1933 wurde von Herrn beauftragten Oberbürgermeister berichtet: ›Bezüglich des Heine-Denkmals darf ich annehmen, daß Sie durch die Presse davon unterrichtet sind, daß die Bronzefigur in der Nacht vom 26. zum 27. IV. 1933 gewaltsam von ihrem Sockel heruntergeworfen wurde.

So wurde mit einem Denkmal umgegangen, kaum, daß der Österreicher zum Volkskanzler gemacht war, in der Nacht zum 27. April 1933, und am 27. April 1938

Die Reden von Adam Wandruszka, Friedrich Peter (damals Parteiobmann und vormals SS-Offizier) und Jörg Haider (derzeit einfaches Parteimitglied) im Neuen Saal der Wiener Hofburg im Rahmen des Festaktes »25 Jahre Freiheitliche Politik in Österreich« am 6. April 1974 sind für hier nicht von herausragendem Interesse, sondern die immer noch bestimmende Gegenwärtigkeit der bereits der Historiographie übergeben erhofften Vergangenheit, wofür auch Adam Wandruszka, dessen Drei-Lager-Theorie Grundlage der Rekonstruktion des nationalliberalen Lagers, der Gründung des VDU in 1949 war, ein Beispiel ist:
„Die erste Vorlesung hielt der Historiker Heinrich von Srbik, neu ernanntes Mitglied des Reichstages und neu ernannter Präsident der Akademie der Wissenschaften, am 27. April: Es bedeute nun die höchste Erfüllung, daß der tausendjährige Traum der Deutschen Wirklichkeit geworden, daß zu der geistigen Einheit nun auch die staatliche gekommen sei. Aufgabe des deutschen Österreichertums sei die Verpflichtung, mit eiserner Kraftanspannung dem Reiche zu dienen und so eine wertvolle Bereicherung des Gesamtdeutschtums zu sein. Mit ‚Ein Volk! Ein Reich! Ein Führer!‘ schloß Srbik. Im Namen der nationalsozialistischen Hörerschaft dankte der junge Historiker Dr. Adam von Wandruszka, Parteigenosse und SA Obertruppführer, dem Lehrer für die geistige Führung und tatkräftige Unterstützung in den Jahren des Kampfes und der Unterdrückung. [Kursive Hervorhebungen B.K.].“

Und wieder an einem 27. April diesmal 1945 in der Blaimscheinvilla das Zimmern des Unabhängigkeitserklärungsmöbels, auf dem auch noch achtzig Jahre später gemütlich geruht wird, nun verbracht in die Burg … Rechtzeitig zum Festakte achtzig Jahre „Puls unserer Heimat“ erweist der zurzeitige erste Nationalratspräsident seine recht besondere Referenz, wobei er nicht bis zum 27. April 2025 warten wollen konnte, zu ungeduldig war er,

und er wollte wohl auch der Erste der Reverenz sein, indem er schon wenige Apriltage zuvor der „Umvolkung“ Ordnung wiederherstellte.