Dumont, Walter M. Weiss – „Kärnten, ein Reise-Taschenbuch“, das ein Führer an falsche Orte

Es gibt, wenn der Sommerurlaub bevorsteht, nach wie vor die Gewohnheit, in einer Buchhandlung in Reiseführern zu blättern, und manchmal wird in Reiseführern von Städten, Ländern geblättert, in die zu reisen niemals die Absicht besteht, es ist nicht einmal Neugier, manchmal ist es einfach Langeweile, ein anderes Mal wieder einfach die Zeit bis zum nächsten Termin zu überbrücken. Und so geschah es in diesem Juli 2025 aus dem Regal das „Reise-Taschenbuch“ von Walter M. Weiss, verlegt von Dumont, zu nehmen: „Kärnten“ …

Kärnten zu besuchen, in Kärnten auch nur einen Tag gar mit Übernachtung zu verbringen, ein nie darauf verschwendeter Gedanke. Um die Zeit bis zum nächsten Termin kürzer erscheinen zu lassen, wurde also „Kärnten“ von Walter M. Weiss aus dem Regal gezogen, und dieser Reiseführer führt wohin? An falsche Orte.

Wer mit diesem Reise-Taschenbuch in Kärnten unterwegs sein will, wird falsch geführt, so wird beispielsweise die Gedenktafel für Peter Turrini an der Volksschule in „St. Margarethen im Rosental“ vergeblich gesucht werden, denn Peter Turrini wurde nicht in „St. Margarethen im Rosental“ geboren, wie Walter M. Weiss schreibt, sondern in St. Margarethen im Lavanttal, und schon wer „St. Margarethen im Rosental“ sucht, wird diesen Ort nicht erreichen, heißt dieser doch entgegen der Schreibe von Walter M. Weiss St. Margareten im Rosental …

Ob die Ortstafeln in St. Margareten im Rosental zweisprachig sind, um das zu erfahren, müßte schon nach Kärnten gefahren werden, was aber zu erfahren ist, ohne Kärnten bereisen zu müssen, ist, daß die Website der Gemeinde St. Margareten im Rosental nicht zweisprachig ist, wie am 5. August 2025 festgestellt werden konnte, also nicht in deutscher und in slowenischer Sprache. Um genau zu sein, das Ergebnis der Suche auf dieser Website bringt zwei Treffer mit dem slowenischen Ortsnamen Šmarjeta v Rožu und einen slowenischen Satz: das Aviso zum „25-jährige[n] Bestandsjubiläum des Kulturverein St. Margareten-Abtei“ —

Peter Turrini ist nicht der einzige, den Walter M. Weiss — mit einem falschen Geburtsort — erwähnt, zu Peter Handke schreibt er:

„[…] für das dem Dichter 2019 der Literaturnobelpreis zuerkannt wurde. Eine Ehrung, die freilich aufgrund Handkes wiederholter Parteinahme für die serbischen Nationalisten während der Jugoslawienkriege auch heftige Kritik hervorrief.“

Das wird Walter M. Weiss noch in Erinnerung gewesen sein, nicht viel später als 2019 wird er wohl seinen Reiseführer geschrieben haben, ist doch die erste DuMont-Auflage aus 2021. Was aber vor Jahrhunderten, vor Jahrzehnten in Kärnten geschah, hat Walter M. Weiss nicht selbst erlebt, wie sollte er es also so genau beschreiben können, wie die „wiederholte Parteinahme für die serbischen Nationalisten“ von Peter Handke, die „auch heftige Kritik hervorrief.“

Ergötzlich werden wohl vor allem jene, die nichts von Antisemitismus lesen wollen, den Reiseführer von Walter M. Weiss finden, der zu Thomas von Villach schreibt:

Doch auch auf Kunstfreunde wartet in der Gegend vielerlei Ergötzliches. Gleich hinter Villach, nahe dem Dreiländereck Österreich-Slowenien-Italien an der Straße Richtung Kanal z. B. in Thörl-Maglern: Dort hinterließ Thomas von Villach, der große Tafel- und Wandmaler der Gotik, im späten 15. Jh. In einer nach außen hin schlichten Kirche eines seiner Hauptwerke – Chorfresken von berückender Formenvielfalt und Qualität. Im Zentrum des vielschichtigen ikonografischen Programms steht ein ‚lebendes Kreuz‘, das den Gläubigen seinerzeit die Geschichten vom Himmel und Hölle, Sünde und Erlösung, Altem und Neuen Testament eindrucksvoll nahe brachte.

Um auch den jüdischen Menschen das „berückende“ Werk von Thomas von Villach nahezubringen, in ihre Häuser, was für ein Service, zu bringen, freilich nicht alle „Geschichten“, sondern die von der „Hölle“, wurden sie „nicht einmal eine Generation nach Fertigstellung des Freskos“ aus Kärnten vertrieben“.

Sakralbauten vom Allerfeinsten
Stifte wie Millstatt, Ossiach, Viktring, Eberndorf und St. Paul oder romanische Dome wie jene in Gurk und Maria Saal … Kärnten ist gespickt mit kostenbarer Sakralarchitektur. Hinzu kommen, nicht minder altehrwürdig, unzählige kleinere Juwelen – Kirchen wie die von Thörl-Maglern, Karnburg und St. Peter am Bichl, Berg, Gajach oder Gerlamoos am Oberlauf der Drau.

Die St. Leonhardskirche im Nachbarort Treffling birgt einen der ältesten gotischen Flügelaltäre des Landes mit Bildern des Meisters Thomas von Villach.

Empfehlenswert ist ein Abstecher in den Nachbarort Tiffen, wo auf hohem Fels eine ehemals stark bewehrte, mit etlichen famosen Kunstwerken ausgestattete Kirche thront (u. a. Wandgemälde des berühmten Thomas von Villach).

Diesbezüglich das wohl verblüffendste Beispiel bietet der Weiler Gerlamoos. Sein Georgskirchlein wartet, halb im Wald versteckt und nur über einen Fußpfad zu erreichen, mit grandiosen Wandmalereien auf: einem Hauptwerk des Thomas von Villach, der hier um 1470 auf über 30 Bildfeldern die Georgslegende sowie Kindheit und Leiden Christi farbenreich […]

Die Schreibe von Walter M. Weiss „vom Allerfeinsten“, es wird ihm wohl wie eine Beschmutzung der „Sakralbauten“ vorgekommen sein müssen, Antisemitismus mit „kostbarer Sakralarchitektur“ zu verbinden, und ist es nicht auch Kritik, die Walter M. Weiss über die „Juwelen — Kirchen wie die von Thörl-Maglern“ schreibt, „Kritik vom Allerfeinsten“ …

Für gewöhnlich ebenfalls zugänglich sind der kleine Wappensaal mit weiteren 298 Wappen, der ob seiner zeitgenössischen Ausgestaltung heftig diskutierte Kolig-Saal sowie, wenn nicht gerade getagt wird, auch der Sitzungssaal des Landtags. Auf dessen Wänden hat Suitbert Lobisser ein Fries mit Szenen aus den schwierigen Jahren vor der Volksabstimmung von 1920 hinterlassen – jenem politischen Schlüsselereignis an das neuerdings unten, an der Nordseite des Hofes, eine Gedenkstätte erinnert.

Switbert Lobisser müssen „Szenen aus den schwierigen Jahren vor der Volksabstimmung von 1920“ noch ganz lebendig in Erinnerung gewesen sein, als er 1938 sein Fries „Kärntens Heimkehr ins Reich“ —

1934 überreichten illegal agierende Nationalsozialisten Adolf Hitler eine große Mappe mit Lobissers Holzschnitten, er selbst schrieb dazu in seiner Autobiographie: „Die Partei braucht Arbeiten aus meiner Hand.“[7] Innenminister Wilhelm Frick kam nach Klagenfurt, besichtigte Lobissers Fresko von 1928 und ordnete an, Lobisser solle den Rest des Raumes weiterbearbeiten. Joseph Goebbels kaufte von ihm genauso wie Rudolf Heß. 1940 beantwortete Lobisser selbst die Frage nach seiner Mitgliedschaft in der NSDAP mit „Ja“.[8]
1938 hatte Lobisser als Auftragswerk von Innenminister Frick den von ihm bereits 1928 ausgestalteten Sitzungssaal des Landtags weiter ausgemalt. Das Fresko trug den Titel Kärntens Heimkehr ins Reich. Unter den neuen Motiven befand sich auch der „Treueschwur“, in dem Männer und Frauen in Kärntner Tracht einer Hakenkreuz-Standarte mit Hitlergruß huldigen und den Anschluss Kärntens verherrlichen.[9]
Diese Motive wurden nach dem Zweiten Weltkrieg übertüncht, hinter Holzpaneelen versteckt und „vergessen“. Die „Wiederentdeckung“ im Sommer 2000 im Zuge von Restaurierungsarbeiten rief ein lebhaftes Medienecho hervor. Nach heftigen Kontroversen wurden die Fresken abgetragen. Nach einer Restaurierung sollten sie öffentlich ausgestellt werden.

So also ging es in den „schwierigen Jahren vor der Volksabstimmung von 1920“ in Kärnten zu, wahrheitsgemäß aufgezeichnet:

Männer und Frauen in Kärntner Tracht einer Hakenkreuz-Standarte mit Hitlergruß huldigen und den Anschluss Kärntens verherrlichen.

So viel „Ergötzliches“ in Kärnten, wen kann es verwundern, daß Menschen von weit her nach Kärnten kommen, etwa jener Mann aus Christchurch,

dem seine Bildungsreise auch nach Kärnten,

Klagenfurt,

in das Landhaus — Die Darstellung des Switbert Lobisser von Walter M. Weiss wird wohl ganz nach dem Geschmacke von Heinrich Moser sein, der selbst ein Herausgeber des „Lobisser Bergkirchen-Führer[s]“ ist und, wie am 5. August 2025 gelesen, eine Website zur Aktivierung von Switbert respektive Suitbert Lobisser betreibt …

Unser Ziel ist es, den Künstler Switbert Lobisser mit seinen Werken einer breiten Öffentlichkeit zu erhalten. Vor allem seine Werke, seine Arbeitsstätte und sein Andenken lebendig zu erhalten, damit auch künftige Generationen an seinem Werk und seinem Leben teilhaben können.

Die Galerie Magnet ist „DER“ Lobisser-Spezialist, ein Besuch in seiner Galerie ist auch außerhalb dieser Ausstellungszeiten zu empfehlen. Die Galerie Magnet ist in Völkermarkt […]

Es gibt keine Pressenotizen. Aber es wäre schön, wenn sich das künstlerische Leben Switbert Lobissers auch in der Öffentlichkeit manifestiert. Sorgen wir dafür!

Suitbert Lobisser ist nicht der einzige Kärntner, der in diesem Land seine Quellen sah, aber in solcher Konsequenz wie er haben nur wenige danach gelebt und geschaffen. Kein Thema in seinen Wandbildern, Aquarellen, Ölbildern, Zeichnungen und schon gar nicht in seinen Holzschnitten, das sich nicht direkt oder indirekt mit der Heimat auseinandergesetzt hätte. Nicht nur mit der Landschaft und den Menschen, die in ihr leben, sondern vor allem auch mit dem, was an Geheimnis in ihr geborgen ist, mit ihren Heiligen und Dämonischen, mit ihren Bräuchen und Lustbarkeiten, mit ihrem Heiteren und ihrem Ernsten. Es kam Lobisser kaum jemals in den Sinn, woanders malen zu wollen, und die wenigen Reisen in fremde Länder waren für ihn beinahe exotische Erfahrungen.

Selbstverständlich erwähnt Walter M. Weiss in seinem Reise-Taschenbuch auch Christine Lavant — „Autor und Verlag haben alle Informationen mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft“, anders kann es auch nicht sein, dieser Kärntenführer wäre ohne Christine Lavant doch recht unvollständig. Christine Lavant darin ganz ein Mensch aus Kärnten,

in der Wahl der Menschen,

mit denen sie vertrauten Umgang pflegte, etwa mit

Otto Scrinzi,

Ingeborg Teuffenbach,

die besondere Beziehung zu Werner Berg, der wirtschaftlich sich genötigt sah, der Auslandsorganisation der NSDAP beizutreten, der sich auch an Josef Weinheber wandte …

Josef Weinheber schreibt, bedrückt Werner Berg nicht auf einer Ausstellung Kärntner Malerei in Wien vertreten zu sehen: „Man sagte mir, Du seiest zu revolutionär. Du kannst Dich also freuen. Denn eine Künstlerbemühung, die nicht dauernd experimentiert, muss schließlich im Gewöhnlichen, um nicht zu sagen im Ordinären, stecken bleiben.“ Weinheber teilt Berg seine Absicht mit, ihm seinen neuestes Buch „Zur Sprache“ zu widmen.

Werner Berg lernt den jungen Dichter Michael Guttenbrunner kennen. Guttenbrunner setzt sich zusammen mit Johannes Linder, Kulturreferent der Landesregierung, unermüdlich für Werner Bergs Belange, vor allem für seine Einbürgerung, ein. So schreiben die beiden an die Abteilung „Staatsangehörigkeit“ der Landesregierung: „Unter den Malern Kärntens, die zu seiner künstlerischen Repräsentation zählen und berufen sind, im Ausland für das Wesen Kärntens Zeugenschaft abzulegen, nimmt Dr. Werner Berg eine besondere Stellung ein. Er hat, obwohl von auswärts gekommen, doch begabt mit einer feinen Witterung für die Hintergründigkeit der Landschaft, innerhalb derer er sich sowohl lebenswirklich als Bauer als auch geistig als Künstler angesiedelt hat, Bereiche aufzuspüren gewusst, wie vor ihm kein anderer Kärntner Maler.
Werner-Berg-Museum

Wohl nicht nur wegen seines „unermüdlich[en] Einsatzes für Werner Berg ist Johannes Lindner der Dank des amtlichen Kärntens gewiß, das seine im Landhaus zu Klagenfurt angeschlagenen Verse unvergessen hält.

„Wie wäre wohl ihr öffentlich literarischer Weg ohne Paula Grogger

Christine Lavant, darin ganz ein Mensch aus Österreich, wußte auch, wem sie sich nicht verschließen darf, und so war sie selbstverständlich auch auf dem Tonhof in Maria Saal — Maria Saal, für Peter Turrini wohl der wichtigere Ort als der Ort seiner Geburt im Lavanttal, Maria Saal, wo Peter Turrini seine Kindheit und seine Jugendzeit verbrachte, und nun Ehrenbürger dieses Ortes