Wie, Manfred Bockelmann, war das mit Onkel Erwin, Eurotank und der NS-Zwangsarbeit?

In „Der Auschwitz-Kitsch des Manfred Bockelmann“ wurde bemängelt, Manfred Bockelmann hätte sich zu allgemein der NS-Zeit mit seinen Kinder-Zeichnungen genähert, wo er doch mit seinem familiären Umfeld …

Erwin Bockelmann - Onkel von Manfred Bockelmann und seinem Bruder der ein Sänger warVielleicht wußte Manfred Bockelmann einfach nicht, wo konkret beginnen, mit den Nachforschungen – mit dem Vater? Vielleicht einmal mit dem Onkel. Nein, nicht mit dem Onkel Werner, der 1957 Oberbürgermeister von Frankfurt am Main wurde, wie sein Bruder, der Schlagersänger war, in seinem „Steckbrief“ stolz vermerkt und so viele Medien in Österreich es nun abschrieben, sondern mit Onkel Erwin, den der Bruder in seinem „Steckbrief“ nicht erwähnt und auch die Medien erwähnten ihn nicht in ihren Todesnachrichten mit „Steckbrief“, diesen so erfolgreichen Mann der Öl-Industrie 

Mit Erwin Bockelmann also könnte der Neffe einen neuen Versuch der Auseinandersetzung unternehmen, also konkreter und nicht gar so allgemein und fern … Mit Onkel Erwin, über den „Der Spiegel“ in seiner Nr. 21/1963 berichtet:

„Nach dem Studium des Allgemeinen Maschinenbaus an den Technischen Hochschulen in Hannover, Berlin-Charlottenburg und München trat Erwin Bockeimann 1934 in die Dienste der Europäischen Tanklager- und Transport-AG, die ihn mit dem Aufbau ihrer Eurotank-Raffinerie in Hamburg-Finkenwerder beauftragte. Bereits 1935 wurde er Vorstandsmitglied.“

In „Der Mann mit dem Fagott“ nimmt Onkel Erwin aber eine enorm wichtige Rolle ein, dem Bruder des Malers war es doch sehr wichtig, daß Onkel Erwin seine Leistungen als Schlagersänger schließlich doch noch anerkennt, daß das doch etwas Solides ist, die Schlagersängerei, kurz um, eine Leistung zum Anerkennen auch durch einen Mann der Öl-Wirtschaft … Ein Hinweis auf diesen gar so erfolgreichen Onkel im „Steckbrief“ jedoch hätte vielleicht Erinnerungen wachgerufen, die so gar nicht …

Holocaust - Manfred BockelmannWie war das mit den Leistungen und der Rolle des Onkel Erwin in der NS-Zeit? Immerhin ab „1935 Vorstandsmitglied“ und beauftragt mit dem „Aufbau ihrer Eurotank-Raffinierie in Hamburg-Finkenwerder? Vielleicht findet es Manfred Bockelmann heraus, und malt es, dann aber in Öl … Im Film-Trailer „Zeichnen gegen das Vergessen“ sagt Manfred Bockelmann einen Satz, den er als Leitsatz für den nächsten Versuch nehmen kann: „Aber es gibt immer noch eine Schuld, und das ist die Schuld, wenn ich das leugne, dieses Verbrechen.“

Es soll Manfred Bockelmann, der sich mit dieser Zeit schon gar so künstlerisch auseinandersetzte, der Vortritt gelassen werden. Das jedoch ist keine großzügige Geste. Denn. Die Zeit vor 1945 will hier nicht behandelt werden. Nur, eine kleine Hilfe, wenn er nicht wissen sollte, wo beginnen:

„Die gleichen Zwangsarbeitergruppen und zusätzlich männliche KZ-Insassen waren auch bei seiner ursprünglichen Arbeitsstelle bei Euro-Tank, Finkenwerder, beschäftigt. ‚Grauenvoll war, daß sich die KZ-Häftlinge abends, bevor sie auf Schuten ins Lager zuriickgefahren wurden, bei uns Zementtüten geholt haben und sie sich um den Leib gewickelt haben, um es ein bißchen warm zu haben.'“

PS Zwei Neffen, ach so bemüht darum, Anteil daran zu haben, Licht in eine dunkle Vergangenheit zu bringen, und vergessen dann einfach, beispielsweise auf Onkel Erwin … Es wird gehofft, das verärgert Manfred Bockelmann nicht, aber wer selbst einen Scheinwerfer einschaltet, nur um sich selbst zu bestrahlen, darf sich nicht wundern, daß weitere einfach eingeschaltet werden müssen, um noch besser zu sehen, was im …

Zeichnen zum Vernebeln – Der Auschwitz-Kitsch des Manfred Bockelmann

Als im Jahr 2013 Wien voll war mit den Plakaten der Ankündigung der Ausstellung „Zeichnen gegen das Vergessen – Manfred Bockelmann“ verursachten diese Zeichnungen von Kindern auf den Plakaten, die in der nationalistischen Massenmorddiktatur des deutschen reiches ermordet wurden, ein Unbehagen, eine Ahnung, es stimme daran etwas nicht, und es wurde der Entschluß gefaßt, diese Ausstellung nicht zu besuchen.

Nun, da sein Bruder, der ein Schlagersänger war, tot ist, kommt die Erinnerung an diese Ausstellung und macht das damalige Unbehagen endlich erklärlich. Erklärlich dadurch, wie bereitwillig so viele Medien in diesem Land einen dem Bruder schmeichelnden Steckbrief veröffentlichten, der den Vater des Malers und des Sängers …

Es ist ein Zeichnen nicht gegen das Vergessen, es sind Bilder der Vernebelung, es sind Bilder für das Vergessen, es soll vergessen werden, wie der Vater von Manfred Bockelmann und seinem Bruder, der ein Schlagersänger war, involviert war in das totalitäre Massenmordregime …

Die Zeichnungen des Manfred Bockelmann aber sind bloßer Auschwitz-Kitsch. Das allein würde ihm noch positiv und hoch anzurechnen sein, einen Beitrag gegen das Vergessen zu leisten. Jedoch derart allgemein diese grausame Geschichte zu behandeln, muß ihm zum Vorwurf gemacht werden. Denn. Gerade er hätte aufgrund seiner Familiengeschichte tatsächlich etwas Konkreteres beitragen können, um etwas über die Verbindungen, über die Gegebenheiten zu berichten, die zu solchen Grausamkeiten führen … Aber Manfred Bockelmann zog es vor, das Thema weit entfernt von seiner Familie, weit entfernt von den Schlössern in Kärnten anzusiedeln … Das wäre wohl viel mehr und vor allem keine angenehme Arbeit gewesen, vor allem zusätzlich noch, hätte er dabei einbezogen, wie es nach 1945 …

Carmen Nebel österreichischer intellektueller Folklore eröffnet Bockelmann-AusstellungSein „Zeichnen gegen das Vergessen“ begründete Manfred Bockelmann mit einem rührenden Gedanken, er wollte die Kinder zeigen, um die niemand geweint hätte – ach, waren das alles Waisen  und ganz ohne Verwandte und Freunde und Bekannte, die allein abgelegen in tiefen Wäldern seit ihrer Geburt lebten, aus denen sie dann von den Nazis und Nazissen zum Ermorden herausgeholt wurden? Hätte Manfred Bockelmann Kinder der Gegenwart gezeichnet, die heute auf der ganzen Welt Opfer der grausamsten Verbrechen sind und sekündlich werden, wäre das ein Zeichen gewesen, das ihm hoch anzurechnen wäre …

Aber das tat er nicht. So bleiben es Zeichnungen von einem Sohn bloß, dessen Vater NSDAP-Mitglied und NS-Bürgermeister war, und menschgemäß ist es anzuerkennen, daß ein Sohn einen Versuch unternimmt, etwas zur Aufklärung und zur sogenannten Aufarbeitung … Aber mit diesem Umfeld, in diesem Umfeld – da hätte Manfred Bockelmann vieles zu erforschen und dann zu erzählen, darf angenommen werden, auch, daß er dafür einen leichten Zugang haben müßte … Das wäre aufschlußreich, aber nicht Zeichnungen der Allerweltsbetroffenheit und der Allerweltsgeschichten abzuliefern …

Bockelmann Manfred Klavierspiel zum Auschwitz-KitschAuf der Website von Manfred Bockelmann ist ein Ausschnitt von einem Film zu sehen, in dem auch über die Eröffnung dieser Ausstellung berichtet wird. „Wenn diese Türen aufgehen, meine Damen und Herren, ziehen Sie sich warm an.“ Das sagt in seiner Eröffnungsrede der Carmen Nebel der intellektuellen Folklore in Österreich … Türen hat Manfred Bockelmann keine aufgemacht, jedenfalls zu keinen Zeichnungen, die rechtfertigen, daß er sich dieser Grausamkeit angenommen hat … Die Türen zu den Schlössern nicht nur in Kärnten hätte er aufreißen sollen, und nicht nur die Türen zu der Zeit vor 1945, vor allem die Türen zu der Zeit danach, wie es da weiterging, als sich alle wieder frische Socken anzogen, um zum Lerch auf einen Tanz … In diesem Film kommt unweigerlich auch sein Bruder, der ein Sänger war, vor, und brudergemäß sind für ihn die Zeichnungen gleich „groß“ … Und noch etwas ist in diesem Film zu sehen, in dem über dieser Grausamkeiten berichtet wird, sich Manfred Bockelmann erklärt, weshalb diese Zeichnungen er machen muß, es ist zu sehen, wie schön Manfred Bockelmann in dem schönen Innenhof eines schloßartigen Gebäudes Klavier spielen kann …

Eines aber ist Manfred Bockelmann hoch anzurechnen, im Gegensatz zu seinem Bruder, der ein Schlagersänger war, präsentiert er auf seiner Website wenigstens keinen schmeichelnden, zurechtgerückten „Steckbrief“ seiner Familie, sondern erzählt wohltuend nur von sich selbst und seinem Werdegang … Das hebt ihn weit über seinen Bruder, der ein Schlagersänger war …

Vielleicht erzählt Manfred Bockelmann eines Tages doch die konkrete Geschichte, als einen weiteren Beitrag, der verstehen läßt, wie es auf den Schlössern in dieser grausamen Zeit zugegangen ist, aber auch nach dem Untergang dieser totalitäten Massenmorddiktatur …