Das perfide sektiererische Einmahnen von Demokratie

Martin Engelberg und Reuven Rennert haben durch ihre Beiträge zum Kölner Beschneidungsurteil in österreichischen Tageszeitungen, die nicht Eigentum irgendeiner Sekte sind, auf sich aufmerksam gemacht, und es wurde gedacht, das sind wiederum zwei Verteidigungsreden, die eine Antwort herausfordern, nicht aber, wiederum nicht, um gegen die Beschneidung zu argumentieren, sondern das in das Dunkel Getauchte in dieser erregten Diskussion für und gegen Beschneidung auszuleuchten …

Um es gleich zu Beginn unmißerständlich deutlich zu machen, sollte es sich für die eine oder den anderen nicht von selbst aus den Texten erschlossen haben, es ging und geht in den hier veröffentlichten Beiträgen zur Beschneidung nicht darum, Stellung für oder gegen Beschneidungen zu beziehen, sondern um das Perfide in der Argumentation für Beschneidungen … Und Martin Engelberg und Reuven Rennert leisten, um zwei stellvertretend und beispielhaft vor den Vorhang, hinter dem sie verbergen, was über Beschneidungen öffentlich nicht gesprochen werden soll, treten zu lassen …

Um die Collage zu verstehen, ist zu sagen, daß es Hinweise waren, die den Blick nach Israel wenden ließen. Reuven Rennert lebe, ist in der „Wiener Zeitung“ zu lesen, orthodox, und Martin Engelberg schrieb in „Nu“ zum Start seiner Serie über Rabbiner, es sei die Entscheidung zugunsten der Bezeichnung strenge Orthodoxe gefallen, weil die im Englischen zwar gebräuchliche Bezeichnung Ultraorthodoxe im Deutschen negativ konnotiert sei …  Martin Engelberg und Reuven Rennert sind Kandidaten der Liste „Chaj“ für die Wahl in der israelitischen Kultusgemeinde in Wien …

Es wurde hier schon sehr mehrmals über die weltweiten massiven Versuche der Organisierten Glauben der Einflußnahme auf die Gesetzgebung geschrieben, so daß heute die Einladung ausreicht, falls es Sie interessiert, selbst unter „Organisierte Glauben“ und auch Sekten die Texte herauszusuchen und … Die „strengen Orthodoxen“, wie Martin Engelberg sie lieber …, in Israel sind nur weitere Beispielgeber für die Unerbittlichkeit jedweder Sekte gegen humanistische Fortschritte, schlimmer noch, mühsam erreichte humanistische Standards wieder zerstören zu wollen …

Reuven Rennert mahnt, wie in der Collage gelesen werden kann, Demokratie und Minderheitenrechte ein … Und was er jenen, die nicht für die Beschneidung sind, unterstellt zu sein, mit der Formulierung „die selbst ernannten Verteidiger des gesunden Volksempfindens“ -, Geschichte ist vergangen, aber nicht vergessen und einsetzbar … Und Martin Engelberg in seinem Artikel in der Presse vom 10. Juli 2012 mit seinem Versuch, psychoanalytische Aspekte in die Diskussion zu bringen, die seiner Ansicht nach bisher gänzlich außer Acht blieben, aber ihm recht interessant … Interessant daran ist auch, daß Martin Engelberg Sigmund Freud anruft, um den Antisemitismus platzieren zu können, jedoch außer Acht läßt, was Sigmund Freund noch sagte -, es würde wohl nicht zum Denunzieren jener passen, die nicht für Beschneidungen sind.

Ihr Judenhaß ist im Grunde Christenhaß, und man braucht sich nicht zu wundern, daß in der deutschen nationalsozialistischen Revolution diese innige Beziehung der zwei monotheistischen Religionen in der feindseligen Behandlung beider so deutlichen Ausdruck findet.

Die Motivierung, die wir für das Ganze des Auszugs erraten haben, deckt auch die Einsetzung der Beschneidung. Man weiß, in welcher Weise sich die Menschen, Völker wie Einzelne, zu diesem uralten, kaum mehr verstandenen Gebrauch verhalten. Denjenigen, die ihn nicht üben, erscheint er sehr befremdlich, und sie grausen sich ein wenig davor – die anderen aber, die die Beschneidung angenommen haben, sind stolz darauf. Sie fühlen sich durch sie erhöht, wie geadelt, und schauen verächtlich auf die anderen herab, die ihnen als unrein gelten. Noch heute beschimpft der Türke den Christen als »unbeschnittenen Hund«.

Die Beschneidung, das gravierendste Anzeichen der Abhängigkeit von Ägypten, mußte man beibehalten, aber man versäumte die Versuche nicht, diese Sitte aller Evidenz zum
Trotz von Ägypten abzulösen.

Das schrieb Sigmund Freud in seinem „Moses“ (1939) und interessant ist eine Stelle im „Abriß der Psychoanalyse“, zitiert aus den „Jünglingen der Moderne von Birgit Dahlke, die für Martin Engelberg kein recht interessanter Aspekt …

Im Abriß der Psychoanalyse (1938), der kurz vor seinem Tod geschrieben wurde, bringt Freud Beschneidung, Kastration, Masturbation und die Unterwerfung unter den Willen des Vaters in einen überraschenden Zusammenhang: Wegen der verbotenen Masturbation werde dem kleinen Jungen von der Mutter mit Kastration durch den Vater gedroht. In einer Fußnote dazu heißt es: „[…] Die uralte Sitte der Beschneidung, ein anderer Symbolersatz der Kastration, läßt sich nur verstehen als Ausdruck der Unterwerfung unter den Willen des Vaters. (Siehe Pubertätsriten der Wilden). Wie sich der oben beschriebene Ablauf bei den Völkern und in den Kulturen gestaltet, die die kindliche Masturbation nicht unterdrücken, ist noch nicht untersucht worden.“ Beschneidung, unterdrückte kindliche Sexualität (Masturbation) und Kastrationsdrohung bilden in dieser Darstellung einer Kette von ängstigenden Ereignissen, die das Kind dem Willen des Vaters unterwerfen sollen. Sander Gilman kommt in seinem Kapitel „Freud und die Beschneidung“ zu der Ansicht, für Freud wäre die Vorstellung von der Beschneidung mit Krankheit und mit Machtlosigkeit verbunden gewesen. Ist hier also der Grund dafür zu suchen, dass die Ablösung vom Vater sein zentrales Thema wird und die eigene Souveränität als Mann, Vater und Wissenschaftlicher von ihm immer als eine gefährdete wahrgenommen wird?

Was Martin Engelberg anbietet, kann in der Presse nachgelesen werden, es wird gelesen werden können von einem vorgeburtlichen paradiesischen Leben, von narzistischen Größenvorstellungen des Christentums, von deren narzistischen Kränkung und Demütigung, für welche die Juden für immer, so Martin Engelberg, büßen müssen …

Antisemitismus, Kastrationsangst, Frauenhaß für die Beschneidung in die Schlacht zu werfen, hat ein anderer österreichischer Politologe schon eingesetzt, wie hier nachgelesen werden kann … Und es gibt sehr viele, die sich dafür einsetzen, die den Beschneidern beistehen, so daß tatsächlich allen Sekten, die es auf dieser Welt gibt, es würde ihnen gut anstehen, endlich einmal wenigstens einen Bruchteil von dieser Großzügigkeit zu leben, die den Sekten von liberalen Gesellschaften, von säkularen Staaten entgegengebracht wird … Auch in dieser erregten Debatte um die Beschneidung springen den Sektierern und Sektiererinnen, in diesem Fall den Moslems und den Juden, in Deutschland Minister, Spitzenfunktionäre der Grünen und viele weitere bei … Und auch in Österreich stellen Medien den Sekten Schreibplätze zur Genüge zur Verfügung, um sie ausführlich darüber zu Wort kommen zu lassen …. Auch heute, beispielsweise die „Wiener Zeitung“, in der Peter Menasse das Landgericht unter dem Titel „Köln war schon lustiger“ verhöhnt. Da die Texte von Peter Menasse nicht gekannt werden, kann nicht beurteilt werden, ob Peter Menasse selbst einmal schon lustiger war -, kaum lustig aber ist es beispielsweise, daß Peter Menasse Beschneidung und Abtreibung abgleicht, um sich selbst und seine Generation als Helden im Engagement für die Fristenlösung …

Baff aber machen die Ausführungen von Sybille Hamann in der Presse vom 4. Juli 2012:

Religiöse Rituale dienen nicht nur Gott. Sie erfüllen, sogar für Ungläubige, auch eine weltliche Funktion. Mit ihnen zeigt man Zugehörigkeit, Verbundenheit miteinander, sie markieren, wer man ist, und dass man da ist.

Muslimischen Zuwanderern solche Markierungen zu verbieten ist schlimm genug. Wenn ein deutsches Gericht deutschen Juden solche Markierungen verbietet, unter anfeuerndem Applaus des Publikums – dann ist das unerträglich.

Der Versuch, auf diese hamannschen … eine Antwort geben zu können, scheitern unweigerlich, es bleibt einfach beim Baff sein … Und wieder diese aus der Geschichte gespeiste unlautere und unredliche Unterstellung … Sollten eines Tages, orthodoxe Juden, um auf die Collage zurückzukommen, Geschlechtertrennung fordern und rituell begehen, wäre es für Sybille Hamann wohl ebenso unerträglich, würde dann ein deutsches Gericht … Es wäre wohl auch schlimm, den Sekten Steinigung und Auspeitschung und so weiter und so fort zu verbieten … Sybille Hamann verwendet das Wort „Markierung“, ein zutreffendes Wort, wie ebenfalls hier schon geschrieben wurde …

Während in den liberalen Gesellschaften beispielsweise in Deutschland und Österreich versucht wird, die Argumente der Beschneider zu verstehen, selbstkritisch das Urteil von Köln zu hinterfragen, beweist eine Sekte wieder in Mali zur gleichen Zeit, wie dienlich religiöse Rituale auch für Ungläubige …, oder schlimmer, wofür Sekten Ungläubige benötigen … Wie in der Collage angelesen werden kann, am Beispiel von Israel, gefährden Sekten Demokatien, und gegen dieses sektierersche Wüten muß mit Bestimmtheit immer wieder …