Oliver Pink von der Tageszeitung „Die Presse“ ist weder Ursache noch Anlaß für das heute zu Schreibende, jedoch mit ihm kann ein recht bequemer Einstieg freigelegt werden zu dem, was bereits geschrieben werden wollte. Als Dank dafür gebührt Oliver Pink der Titel zu dem Heutigen …
Es ist bei aller moralischer Empörung und bei aller persönlicher Betroffenheit dennoch wesentlich, nicht die Genauigkeit aufzugeben, nicht in den saloppen Umgang mit Zahlen zu verfallen, nur um das tatsächliche Grauen noch zu steigern, um dergestalt einen Wkr-Ball, der tatsächlich nicht in das symbolische Zentrum eines demokratischen Landes gehört, das der Blutrünstigkeit offiziell abgeschworen hat, vermeintlich noch besser verhindern zu können. Denn mit dem saloppen Umgang mit den Zahlen wird nur den Leugnern und Leugnerinnen des industriellen Massenmordes ein Dienst erwiesen, die stets darauf lauern, sogenannte unverdächtige Zeugen für ihre Leugnungen zu finden, darauf lauern, nach ihrem Glauben nachweisen zu können, daß es in ihrem ewigen Deutschland nie einen industriellen Massenmord gab, sondern nur Goethe und Löns, und wofür ihnen alles irgendwie nur Greifbare herhalten muß, auch salopp dahingesagte Zahlen …
Die Schaften werden nicht auf, eine aktuell äußerst unappetitliche Formulierung von Ariel Muzicant, Millionen toten Juden und Jüdinnen tanzen, sondern sie werden in ihren Uniformen darüber feixen, daß sie es wieder einmal schaffen, alle, die gegen einen Wkr-Ball in der Hofburg sind, in ihr Gefängnis Vergangenheit zu sperren, ihre säbeltanzenden Wärter und Wärterinnen zu sein, daß sie es immer noch sind, die bestimmen, wer das Gefängnis Vergangenheit durch das Tor in der Zeitmauer …, wer ihrer ungustiösen Sprache nicht entgehen kann, sogar dann, wenn die Stimme gegen ihre Gesinnung erhoben wird …
Bei aller moralischer Empörung und bei aller persönlicher Betroffenheit ist die Argumentation mit den Kapitalverbrechen aus der Vergangenheit gegen einen Wkr-Ball in der Hofburg in der Gegenwart wohl vielen Menschen ein leidliche Klage über die Vergangenheit, da sie nicht das Bedrohungspotential der Schaften für Gegenwart und Zukunft erkennen können, in den Schaften möglicherweise verkleidete Sonderlinge sehen, aber doch harmlose, die halt einmal im Jahr in Prunkräumen zum Tanze … Oder sie werden gar schon mild dargestellt, wie von Oliver Pink, der sich fragt, ob ihnen denn nicht ungerecht getan werde, soher die Schaften zu Opfern in der Gegenwart …
Aber die Schaften sind der Gegenwart und Zukunft weder Harmlose noch Milde noch Opfer … Sie haben akademische Pläne, die Gegenwart und Zukunft in diese überwunden geglaubte staatliche Vergangenheit verwandeln könnten …
Und für eine breit nachvollziehbare und breit verstehbare Warnung bräuchte es verstärkte Gedenkaktionstage gegen die Verbrechen und Morde nicht der Vergangenheit, sondern gegen Verbrechen und Morde, die in der Gegenwart geschehen, gegen Pläne, die heute entworfen werden, aus dieser Gesinnung heraus, deren Opfer heute in Europa vor allem die Menschen sind, die sich selbst als Roma und Sinti bezeichnen, auf die breit vergessen wird, sogar von denen, die gegen die Verhöhnung der in der Vergangenheit industriell Ermordeten … Für Roma und Sinti ist das heutige Europa nach wie vor ein Europa der [wenn auch nicht mehr (wer darin einen zivilisatorischen Fortschritt zu sehen vermag) der nationalstaatlich verordneten] grauenvollen und blutrünstig asozialen Vergangenheit …
Was die Schaften in der Hofburg, auch am 27. Jänner 2012, tanzen wollen, ist ihre Polka um das nationalistische Ungeheuer … Es sollte ihnen auch nicht, wie es zu oft leichtfertig geschieht, vorgeworfen werden, nationalsozialistisch … Es reicht vollkommen zu sagen, sie huldigen einer nationalistischen Gesinnung, ihnen aus dem Wort Sozialismus zu streichen, denn sozial war auch der Nationalsozialismus nie, um dergestalt bereits klarzumachen, daß sie nichts vertreten, das annähernd etwas dem Sozialen zu tun hat. Weder für die Menschen, die sie als Fremde bezeichnen, sind sie sozial eingestellt, noch sind sie sozial eingestellt für das sogenannte eigene Volk, das in der Vergangenheit beispielsweise für den Nationalismus des von Adolf Hitler geführten deutschen Reiches teuer zu zahlen hatte, und die Rechnungen der Tänzer und Tänzerinnen um das nationalistische Ungeheuer wird auch immer das sogenannte eigene Volk zu begleichen haben …
PS Jenen, die ihre Aufrufe zu Demonstrationen gegen den Wkr-Ball in der Hofburg mit einem „Es lebe der Kommunismus“ schließen, kann empfohlen werden, zum Beispiel Simone Weil zu lesen, die bereits in den 1930er Jahren in ihren Essays zu Krieg und Gewalt alles gesagt hat, was (auch) zum Antifaschismus des Kommunismus zu sagen ist. Wer aber im heutigen Europa weiter an dem Kommunismus festhalten will, um dieses Ungeheuer weiter tanzen will, könnte sich auch eine Karte für den Wkr-Ball …
PPS Wer die Glosse von Oliver Pink gelesen hat, wird die Antwort sich selbst geben können, ob eine Karikatur des Oliver Pink als Madame mit Hofer-Notebook ungerecht … Und würde Oliver Pink die Zeitung, für die er schreibt, selbst lesen, hätte er diesen Kommentar nicht geschrieben, oder mit einer anderen Frage … Vielleicht ist es ihm nicht möglich, eine gesinnungsgemäße Verbindung zwischen den Verbrechen und Morden und den akademischen Plänen … Oder, er ist einfach ein Anhänger der auch unter Journalisten und Journalistinnen immer mehr in Mode kommenden Ignoranz, sich nicht mehr informieren zu müssen, sondern einfach das Hofer-Notebook schreiben zu … Sich auf das zu verlassen und auf das zu beschränken, was selbst gesehen wird … Aber wer sah noch, was Oliver Pink auf dem Heldenplatz sah …
PPPS Wie würde die Presse reagieren, schriebe eine italienische Zeitung zum Beispiel als Hauptschlagzeile: „Zwei Europäer …“ und „Zwei österreichische …“ erst in der Unterüberschrift? Schriebe also eine italienische Zeitung das genauso, wie es die Presse über die Opfer aus Senegal eines Rechtsextremisten …
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