Es ist wohltuend, es ist nützlich, es ist von Vorteil, daß in „Wie Faschismus funktioniert“ von Jason Stanley die österreichische Parlamentspartei nicht vorkommt, nicht erwähnt wird, nicht einmal als ein weiteres Beispiel unter den vielen, die er anführt, von den Parteien mit einem Orbán über die Parteien mit einem Trump über mit einer Le Pen bis …
Dabei wäre es so leicht gewesen, auch noch diese österreichische Parlamentspartei als Beispiel anzuführen, erfüllt diese doch so vieles von dem, was Jason Stanly beschreibt. Es wird sie ihm wohl nicht wichtig genug gewesen sein, oder was immer der Grund dafür gewesen sein mag, wahrscheinlich wird es dafür gar keinen Grund gegeben haben, bloß das Fehlen einer Lupe vielleicht, um sie in den Blick zu bekommen. Von Österreich aus ist es wohltuend, daß diese Parlamentspartei keine Erwähnung findet. In Österreich aber kann es von Nutzen sein, ein Vorteil sein, „Wie Faschismus funktioniert“, dieses parlamentsparteifreie Buch, zu lesen, um sich der österreichischen Situation, des Hergerichtetseins in Österreich bewußt zu werden.
Nichts zu und nichts über die Parlamentspartei Österreichs zu lesen, wird zur Folge haben, jedes Kapitel von „Wie Faschismus funktioniert“ so zu lesen, als hätte es mit der österreichischen Parlamentspartei nichts zu tun, als hätte es mit Österreich nichts zu tun, weil eben Österreich, weil eben die patriotische Partei in diesem Buch nicht vorkommt, und dabei wird sich zwangsläufig einstellen,
daß alle Kapitel mit der Parlamentspartei, mit dem dieser Parlamentspartei Zuarbeitenden in Österreich, zu tun haben, diese Parlamentspartei und deren Zuarbeitenden beschreiben, ohne sie je zu erwähnen, wird das Ergebnis der Lektüre von „Wie Faschismus funktioniert“ sein, wenn die letzte Seite dieses Buches von Jason Stanley gelesen.
Es werden in Österreich durchaus viele Versuche unternommen, beispielsweise die Verbindungen, die Verflechtungen der Partei der Patriotinnen mit, einfach wie kurz gesagt, Extremistischen aufzuzeigen, aber diese sind lediglich Wirkungen der Ursache der Gesinnungszugerichtetheit dieser Partei —
Bei jedem Kapitel, es sind zehn — „Die mythische Vergangenheit; Propaganda; Anti-Intellektualismus; Unwirklichkeit; Hierarchie; Die Opferrolle; Recht und Ordnung; Sexuelle Ängste; Sodom und Gomorrha; Arbeit macht frei“ –, wird das Wesen dieser Partei, wird das Buch in Österreich gelesen, für jeden Lesenden offenkundig, kann keine Lesende ein anderes Urteil fällen, als dieses, hier wird eine österreichische Parlamentspartei ohne deren Nennung bis zur Kenntlichkeit in ihren gesinnungsgemäßen Strukturen beschrieben, eine Partei, die vielleicht sogar von dem einen und anderen Leser schon gewählt wurde, vielleicht von der einen oder anderen Leserin demnächst zu wählen beabsichtigt.
Auf dem Umschlag von „Wie Faschismus funktioniert“ ist zu lesen, und das genügt als Zitat, um dieses Buch zur Lektüre in Österreich zu empfehlen:
Wir alle müssen ihn verhindern – aber was genau ist Faschismus? Weltweit hat faschistische Politik wieder starken Zulauf: ob in Europa, den USA, in Myanmar oder Indien. Jason Stanley, der an der Yale University Philosophie lehrt, identifiziert zehn Säulen faschistischer Politik und zeichnen ihren erschreckenden Wiederaufsteig und ihre Geschichte nach. Ob das die Mythologisierung der Vergangenheit einer Nation ist, ein gegen die Wissenschaft und Experten gerichteter Anti-Intellektualismus oder auch die Kriminalisierung von Minderheitengruppen – diese Säulen formen die Sprache und die Überzeugungen, die Menschen in ein „Wir“ und ein „Sie“ unterteilen. Die faschistischen Taktiken greifen ineinander und entwickeln zusammen eine ungeheure Kraft, die letztlich eine für die Appelle einer autoritären Führung anfällige Gesellschaft formt. Stanley ist sich sicher: Nur wenn wir faschistische Politik erkennen, können wir ihren Auswirkungen widerstehen und zu demokratischen Idealen zurückkehren.
Bei einem solchen Buch ist es aber unmöglich, Österreich nicht doch einmal zu erwähnen, auf einen Österreicher zu verweisen, der zurzeit kein Mandat im österreichischen Parlament hat, dieser Österreicher wird zur Vermessung der Gegenwart öfters zitiert, und Österreich selbst findet Aufnahme:
Die Geschichte des Nationalsozialismus ist ein Lehrbuchbeispiel für die faschistische nationale Identitätsbildung in der Politik. Zu Beginn der 1880er-Jahre entwickelte sich in Österreich und Deutschland eine Version des ethnischen Nationalismus aus der später die NSDAP hervorgehen sollte. Die völkische Bewegung gründete auf einer romantisieren Vorstellung von der ethnischen Reinheit des deutschen Volkes.
Der Umschlag von „Wie Faschismus funktioniert“ mit seiner Gestaltung wie die österreichische Flagge mit den Farben Rot und Weiß und Rot. Es könnte für Österreich eine eigene Ausgabe von „Wie Faschismus funktioniert“ herausgebracht werden. Ohne den Namen des Philosophen, ohne den Titel „Wie Faschismus funktioniert“, sondern nur mit den Farben Rot und Weiß und Rot und lediglich mit dem Verlagsnamen „Westend“ — sofort wüßte ein jeder Mensch, das ist das Buch „Wie Faschismus funktioniert“, in einer Sonderausgabe für Österreich —

Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.