Was waren das für Zeiten, als eine verpaßte Fernsehsendung eine verpaßte Sendung war, ohne die Möglichkeit, die Sendung nachträglich zu sehen, und so wäre es am verwichenen Sonntag geblieben, durch den generellen Vorsatz und ohne das Bedürfnis im konkreten Fall, eine übersehene „Pressestunde“ mit Christoph Schönborn je aus dem Archiv zu holen, um sich diese doch noch anzusehen, wäre am Montag darauf, dem 2. Dezember 2024, nicht in der Tageszeitung „Kurier“ der übergroße Artikel „Wir sollen einander nicht verteufeln“ erschienen, in dem eine Aussage recht hervorsticht:
Nicht anschließen will sich Schönborn der Kritik an der FPÖ, die auch für ihre jüngsten Wahlkampfslogans Anleihe im Christentum (Euer Wille geschehe“) genommen hatte. „Ich will als Bischof nicht der Belehrer der Nation sein“, betont er — und findet lobende Worte für FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Ich weiß, dass ich mich damit nicht beliebt mache: Aber als ich ihn in seiner Zeit als Innenminister um eine menschliche Lösung für Migranten aus dem Iran gebeten habe, haben sie alle Asylstatus bekommen.“ Und weiter: „Es ist wichtig, dass wir einander nicht verteufeln.“
Es ist dann doch unumgänglich, es nachzuholen, und also diese Weihestunde mit Lobpreisung anzusehen, um zu erfahren, was der leitende Angestellte dieses Organisierten Glaubens tatsächlich sagte. Und er sagt:
Andreas Mayer-Bohusch: Und wenn man jetzt vielleicht auch parteipolitisch einen kurzen Blick in die Regierungsverhandlungen werfen. Zum Beispiel die freiheitliche Partei hat im Wahlkampf schon mit christlichen Botschaften eigentlich auch gute Ergebnisse erzielt. Paßt das der katholischen Kirche oder sollte man sich da gegen diese Vereinnahmung auch eine parteipolitische nicht klar distanzieren.
Christoph Schönborn: Ich werde auf dieses Terrain nicht eingehen, weil ich hier nicht parteipolitische Äußerungen machen möchte, das war unsere Regel, wir halten, die Nähe einer politischen Partei zum Christentum oder zur katholischen Kirche bestimmt diese Partei selber und nicht eine Erklärung der Bischöfe […]
Barbara Tóth: Ganz möchte ich Sie nicht auslassen bei der Frage zur Politik, weil die FPÖ unter Herbert Kickl verwendet ja schon bewußt sein Jahren immer wieder biblische Metapher oder biblische Analogien, nur ein Beispiel, heuer im Wahlkampf war dieses „Euer Wille geschehe“ oder in der Bundespräsidentschaftswahl 2016 stand dort „So wahr mir Gott helfe“, „Abendland in Christenhand“, kann man das als Kirche einfach so stehen lassen, wenn eine Partei quasi diese Slogans nimmt, die in ganz vielen ihrer Werte so gar nicht dem christlichen Vorbild entspricht?
Christoph Schönborn: Ich möchte das bewußt nicht kommentieren. Ich habe auch gesagt, wenn jemand so einen Slogan in der Wahl verwendet, ist das seine Verantwortung, zu sagen, das gefällt mir oder das gefällt mir nicht. Ich möchte nicht als Bischof der fingerzeigende Lehrer der Nation sein, darin sehe ich nicht meine Aufgabe, meine Aufgabe sehe ich darin oder unsere Aufgabe als Bischöfe ist wirklich auf die christlichen Grundwerte hinzuweisen. Und. Ich möchte das einmal sagen, ich weiß damit mache ich mich nicht beliebt, wie Kickl Innenminister war, hat er in einer ganz schwierigen Frage, da ging es um Migranten aus dem Iran, christliche und andere Religionen, die hier in einer schwierigen Situation waren, und er hat, ich habe ihn dringend gebeten, hier eine wirklich menschliche Lösung zu finden, er hat das durchgezogen, sie haben alle Asylstatus bekommen. Das rechne ich ihm hoch an. Und ich halte es für ganz wichtig, daß wir einander nicht verteufeln.
Die gesamte Aussage von Christoph Schönborn erhellt, für welche Migrantinnen er ein sogenanntes offenen Ohr beim Innenminister fand, der Klientenliebe kann auch ein Innenminister sich nicht verschließen, solch eine Klientinnenchristlichkeit ist auch einem Innenminister eine Pflicht, die er gerne durchzieht,
solch ein dringendes Gebeten läßt die eigene Gesinnung für einen Augenblick vergessen machen, in solch einer Sekunde kann das Recht der Willkür folgen, und hienieden auf Erden den Lohn hierfür zu empfangen kann gewartet werden, aber allzu lange mußte der Innenminister auf diesen nicht warten, nur bis zu dieser sonntäglichen Weihestunde …
„Sie haben alle Asylstatus bekommen.“ Alle. Wie viele sind alle? Eine Zahl nannte Christoph Schönborn nicht, und nach einer Zahl wurde er auch nicht gefragt.
Mehr sagte er nicht? In einer ganzen Stunde? Nur das, die blaue Lobpreisung? Er sagte mehr, und was er sagte, sagte er weihevoll, so weihereich wie er befragt wurde, so weihereich antwortete er, und eine Weihestunde ohne eine Segnung ist keine Weihestunde, so segnet er den vom Amt des Innenministeriums Hinabgestiegenen, dem diese noch ein Zeichen der Vorsehung erscheinen muß, aufzufahren am dritten Tage, wann immer diese sein möge, in den Volkskanzl —

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