Und auf den Straßen laßt die Winde los

Wie beneidenswert der Mensch doch ist, der den Furz unter seiner Kontrolle hat, und nicht, wie üblich, der Furz den Menschen unter seiner totalen Kontrolle hat, er also furzen kann, wann immer und wo immer er will, und nicht dann gefurzt werden muß, wenn der Furz furzen will.

Jedenfalls stellt es sich so dar, in den Berichten über den Mann, der von der österreichischen Polizei zu einer Geldstrafe von fünfhundert Euro verdonnert wurde, wegen eines Furzes, vor ihnen. Die Polizisten, vielleicht waren auch Polizistinnen dabei, unterstellten ihm, mit Absicht gefurzt zu haben, aber erst nachträglich unterstellten sie es ihm, wie es den Berichten ebenfalls zu entnehmen ist.

Bei dem Mann, der zu einer Strafe von 500 Euro verdonnert wurde, hat es wohl keinen Sinn, das bewußte, das absichtliche Furzen lernen zu wollen, sagt er doch, er habe nicht absichtlich gefurzt. Er also nur ein Mensch ist, der, wie üblich, vom Furz zum Furzen mißbraucht wird, wann immer und wo immer der Furz gerade furzen will.

Um das bewußte Furzen zu lernen, gibt es nur eine Möglichkeit, sich an die Polizistinnen, vielleicht waren auch Polizisten dabei, zu halten, die bei dieser Amtshandlung anwesend waren, denn diese wissen offensichtlich zu genau, daß ein absichtliches Furzen möglich ist, es wohl nur geübt werden muß, sie dürften es selbst beherrschen, also furzen zu können, wann immer und wo immer sie gerade furzen wollen, sie den Furz beherrschen, und nicht der Furz sie total beherrscht.

Und warum sollte das absichtliche, das bewußte Furzen in einem Seminar gelernt werden?

Es ist wohl an der Zeit, für eine neue Demonstrationskultur. Das Schreien von „Widerstand!“ hat sich doch längst überholt. Besonders jetzt, da es schon alle schreien.

Es ist aber eine sehr alte Aufforderung, die Winde loszulassen, nachgerade eine weltliterarische Aufforderung, die Winde loszulassen, einst nur an das höchste Wesen ergangen, auf den Fluren die Winde loszulassen, und jetzt, da es kaum noch Fluren gibt, es auch nicht mehr auf das eine windelassende Wesen ankommt, sondern auf alle in allen Straßen, ist der Vers zu erneuern:

Und auf den Straßen laßt die Winde los

Was für eine passende Handlungsform für künftige Demonstrationen.

Was einst für ein Wesen als Aufforderung recht und billig war, Winde loszulassen, kann heute für alle nur recht und billig sein, Winde loszulassen, und dabei doch zu wissen, für die Winde sich ebenso wenig schämen zu müssen, wie das Wesen von einst, das – jedenfalls für jene, die die Botschaft von seinem Ableben noch nicht erreichte – bis heute seine Winde losläßt, freilich ohne je zu wissen, wofür, wogegen …

Wie sehr nahe müssen die Polizisten, vielleicht waren auch Polizistinnen dabei, zu dem Mann gestanden haben, bei dieser Amtshandlung im Juni 2020, als lange schon ein behördlicher Abstand zwischen Personen eingehalten werden mußte, um den Furz überhaupt zu hören? Wenn sie doch von „Lärmerregung“ …

Was muß das für ein Furz gewesen sein, sollten sie den verordneten Abstand eingehalten haben, ein Furz wie ein Donner … Oder doch nur ein Furz so üblich leise, aber sie so nah, so abstandslos wie …

Das fanden die Beamten nicht sonderlich lustig und belangten den Wiener wegen „Anstandsverletzung und Lärmerregung“ und einer Strafe in der Höhe von 500 Euro. Der Mann bestritt die Absicht – das ließ die Polizei aber nicht gelten: „Natürlich wird niemand angezeigt, wenn einmal versehentlich ‚einer auskommt‘. Der Angezeigte verhielt sich jedoch während der gesamten vorangegangenen Amtshandlung bereits provokant und unkooperativ“, hieß es.

Der Wiener legte Beschwerde ein, der Fall wanderte zum Verwaltungsgericht: Das stellte sich auf die Seite der Polizei. Ein Furz habe keinen „kommunikativen Inhalt“ und sei deshalb keine Meinungsäußerung und dementsprechend nicht vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt, bestätigte das Gericht einen dementsprechenden Bericht mehrerer Medien gegenüber dem ORF.

Wiener will vor Verfassungsgerichts ziehen

Selbst wenn es sich um eine Form der Kommunikation handelte, überschreite ein Furz die Grenzen des Erlaubten, „da diese Handlungsform geeignet erscheint, jedwede staatliche Ordnung völlig zu untergraben und der Lächerlichkeit preiszugeben“, wie es in der Entscheidung heißt. Allerdings milderte das Gericht den Strafrahmen – der Wiener muss jetzt nur noch 100 Euro zahlen.

Für das Verwaltungsgericht habe also „ein Furz keinen ‚kommunikativen Inhalt‘ und sei deshalb keine Meinungsäußerung und dementsprechend nicht vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt, und, „selbst wenn es sich um eine Form der Kommunikation handelte, überschreite ein Furz die Grenzen des Erlaubten, ‚da diese Handlungsform geeignet erscheint, jedwede staatliche Ordnung völlig zu untergraben und der Lächerlichkeit preiszugeben‘, wie es in der Entscheidung heißt.“

Wie sehr hierbei dem Verwaltungsgericht eine Kommunikationsexpertise fehlte, bei seinen Ausführungen zum Furz, kann insbesondere seit dem ersten Coronafrühling durchgängig bis zum zweiten Coronafrühling allein dadurch ermessen werden, daß die Kommunikation in dieser Zeit von sogenannten Spitzen des Staates „windigen Inhalts“, der zwar gedeckt vom Recht der freien Meinungsäußerung, aber die Grenzen des Erlaubten zum völligen Untergraben jedweder staatlicher Ordnung der Lächerlichkeit …