Wenn ich diese Erfahrung nicht im Detail erzähle, trage ich dazu bei, die Lebenswirklichkeit von Frauen zu verschleiern, und mache mich zur Komplizin der männlichen Herrschaft über die Welt.)
So lautet der Satz – ungekürzt, zu lesen auf Seite 48.
Wenn ich diese Erfahrung nicht im Detail erzähle, trage ich dazu bei, die Lebenswirklichkeit von Frauen zu verschleiern.
So verkürzt steht der Satz auf der Rückseite des Buchs – mit einem Punkt an der Stelle, an der ein Beistrich gehört.
Ein falsch gesetzter Punkt. Ein zu früh gesetzter Punkt.
Mit einem derart verkürzten Satz auf der Rückseite wird Suhrkamp Menschen wohl dafür gewinnen wollen, „Das Ereignis“ von Annie Ernaux zu kaufen. Es scheint doch mehr zum Kauf verführen, wenn auf Anhieb zu erfahren ist, was zu erwarten ist: „Erfahrung“, „Lebenswirklichkeit“. Die Neugier auf Lebensbeichten ist groß. Auf anrührende Bekenntnisse, die von erduldeter „Erfahrung“ in einer ohne eigenes Tun hingenommenen tatenlos ausgesetzten „Lebenswirklichkeit“ berichten.
Dabei böte die Rückseite des Buches mehr als genügend Platz, um den Satz nicht verkürzt hervorheben zu müssen. Der Satz ist kurz genug, um diesen auf der Rückseite des Buches ohne Auslassung des wesentlicheren Teils seiner Aussage zu zitieren.
Fürchtete Suhrkamp, keine das Buch Erwerbende zu finden, wenn der Satz für die Rückseite des Buchs etwa auf diese Weise verkürzt wäre?
Wenn ich dies nicht im Detail erzähle, mache ich mich zur Komplizin der männlichen Herrschaft über die Welt.
Wäre Suhrkamp eine derartige Verkürzung auf nur eine der zwei Aussagen des Satzes von Annie Ernaux gar als eine unredliche, eine gegen sie gerichtete erschienen?
Was immer die Überlegungen von Suhrkamp gewesen sein mögen, den Satz auf der Rückseite des Buches letztlich so zu verstümmeln, wie dieser verstümmelt wurde. Eines läßt sich sagen zu diesem Punkt über die Rückseite des Buches hinaus:
Der falsch gesetzte Punkt ist ein gegen die Weltwirklichkeit zu früh gesetzter Punkt.

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