Das war vor siebenundzwanzig Jahren, als Alexander Van der Bellen es sogar notwendig befand, mit einer Presseaussendung eine Kampagne auszurufen:
Wien (OTS) – „1998 muß die für die österreichische Neutralitäts- und Sicherheitspolitik so schädliche und unnötige Debatte über einen möglichen NATO-Beitritt beendet werden“, fordert der Bundessprecher der Grünen, Prof. Alexander Van der Bellen. „Kein vernünftiger Mensch kann ein Bedrohungsbild für Österreich erkennen. Insbesondere wenn sich Österreich geographisch nicht mehr am Rand, sondern inmitten von NATO-Staaten befindet. Die Neutralität ist und bleibt daher der spezifische und unverwechselbare Beitrag Österreichs für den Frieden und die Sicherheit in Europa“, stellt Prof. Van der Bellen fest.
„Sollten weiterhin innenpolitische Hasardeure die Neutralität abschaffen und Österreich in einen sündteuren Militärpakt führen wollen, soll im neuen Jahr eine Volksabstimmung diese Debatte endlich beenden“, fordert Prof. Van der Bellen, der seitens der Grünen eine breit angelegte „NATO – Nein Danke“-Kampagne für 1998 ankündigt.
Und nun, siebenundzwanzig Jahre später, rät er, nicht der NATO beizutreten, genauer, „er würde nicht dazu raten: ausgerechnet jetzt“,
„ausgerechnet jetzt“
Alexander van der Bellen in Alpbach zu dem Thema gesagt, er würde nicht dazu raten, ausgerechnet jetzt um eine NATO-Mitgliedschaft anzusuchen.
Kurier. 26. August 2025.
Befragt zum Thema Neutralität hielt Van der Bellen fest, er teile die mitunter sentimentalen Gefühle vieler Österreicher in dieser Frage bis zu einem gewissen Grad. Er würde auch nicht dazu raten, dass Österreich ausgerechnet jetzt um eine NATO-Mitgliedschaft ansuche, sondern im Moment eher abwarten.
OÖNachrichten. 26. August 2025.
Nicht „jetzt“, aber wenn nicht jetzt, dann irgendwann — Eine starke Fürrede für die NATO ist auf der Website des Alexander Van der Bellen, am 22. Oktober 2025 noch zu lesen, nicht von ihm vorgetragen, sondern vom Präsidenten Finnlands, dafür den finnischen Präsidenten zitierend sprechen lassend:
Alexander Stubb vermisst Neutralität nicht
Das Beste für Finnland sei der Beitritt zur NATO gewesen, meinte Präsident Stubb sinngemäß. Er vermisse die aufgegebene Neutralität „in keinster Weise“. Er sei bereits in den 1990er-Jahren für einen Eintritt seines Landes in die transatlantische Verteidigungsallianz eingetreten, erinnerte sich der finnische Präsident. Finnland sei die Neutralität nach dem Zweiten Weltkrieg von der damaligen Sowjetunion verordnet worden, argumentierte Alexander Stubb und zog Vergleiche mit der Gegenwart: „Was macht Russland in der Ukraine? Russland will die Ukraine neutralisieren.“ Er jedenfalls sei sehr stolz, dass Finnland nun der NATO angehöre.
So stolz wie Alexander Stubb kann Alexander Van der Bellen noch nicht sein, aber ein wenig stolz wird er doch schon sein, daß Österreich jetzt begonnen habe, das Bundesheer finanziell besser auszustatten, die Verteidigungspolitik etwa im Bereich Milizsystem weiter fortgeschritten sei. Alexander Stubb kann stolz darauf sein, daß Finnland nun der NATO angehöre, ein Mitglied der NATO zu sein, aber in bezug auf die NATO kann Alexander Van der Bellen vielleicht auch schon etwas stolz sein, denn, kurz ist es her, als er davon sprach, „reliable partner of NATO“ zu sein — nicht Mitglid, aber „Partner“, gar „verläßlicher Partner“ …
Alexander Van der Bellen stellte die Neutralität Österreich seinerseits nicht in Frage, betonte aber, dass dies nicht heiße, „das Recht des Stärkeren zu akzeptieren“. Es sei angesichts der geopolitischen Lage wichtig, dass die EU-Länder auch in militärischen Angelegenheiten und Fragen der Verteidigung kooperieren würden. Dabei könnten auch bei den entsprechenden Ausgaben Synergieeffekte erzielt werden. Der Bundespräsident untermauerte auch seine Ansicht, dass das Bundesheer finanziell besser ausgestattet werden müsse. Damit sei bereits begonnen worden, erinnerte Alexander Van der Bellen. Der Bedarf sei jedoch groß: „Es gab Helikopter, die waren fünfzig Jahre alt, das würde man keinem Lkw zumuten.“ Bundespräsident Van der Bellen lobte in diesem Zusammenhang auch die Verteidigungspolitik, die etwa im Bereich Milizsystem weiter fortgeschritten sei.
„Sündteuer“ wird es, auch ohne „Militärpakt“, das Militär. Sündteuer für die Menschen
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Europäische Union in ungewöhnlich deutlichen Worten zu mehr Eigenverantwortung in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufgerufen. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, die im Vorfeld von dessen Wien-Besuch veröffentlicht wurde, mahnte Van der Bellen: Europa müsse sich angesichts der weltpolitischen Umbrüche „neu erfinden“.
Nach zwei Weltkriegen und Jahrzehnten des Wiederaufbaus sei Europa zu einem „Projekt des Friedens und der Stabilität“ geworden. Doch dieser Frieden dürfe keinesfalls als selbstverständlich betrachtet werden. „Viele halten dieses Wunder für unumkehrbar. Welch ein Irrtum!“, schreibt Van der Bellen in dem Papier, das der Redaktion vorliegt. Die Realität des 21. Jahrhunderts sehe anders aus – mit neuen Bedrohungen, die weit über klassische Konflikte hinausgingen.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe den Krieg „auf den europäischen Kontinent zurückgebracht“, so Van der Bellen. Damit sei nicht nur ein einzelnes Land, sondern die gesamte europäische Friedensordnung angegriffen worden. Zugleich habe der Konflikt gezeigt, dass sich Europa nicht länger vollständig auf die transatlantische Sicherheitsarchitektur stützen könne. „Wir Europäer müssen selbst für unseren Schutz sorgen, unsere eigene Verteidigungsfähigkeit und Abschreckung glaubhaft stärken“, fordert der Bundespräsident. Auch Partner wie Großbritannien und Norwegen seien dabei unverzichtbare Pfeiler eines künftigen europäischen Sicherheitsgefüges.
Van der Bellen ruft dazu auf, den Bürgerinnen und Bürgern offen zu erklären, warum höhere Verteidigungsausgaben und gemeinsame Rüstungsinitiativen notwendig seien. Sicherheit beginne im Inneren, betont er. Europa brauche eine mutigere, proaktive Außenpolitik, die zwar auf den Grundwerten der EU aufbaue, aber gleichzeitig „mit realistischem Blick auf die Welt“ handele.
„Wenn die Weltlage sich verändert, dann muss sich auch Europa verändern“, heißt es in dem Schreiben weiter. In einer „geopolitischen Zeitenwende“ sei es notwendig, das europäische Projekt mit neuer Zuversicht, Mut und Entschlossenheit zu stärken. Jede russische Rakete, jeder Cyberangriff auf kritische Infrastruktur teste den Zusammenhalt der Europäischen Union. „Wenn wir uns auseinanderdividieren lassen, ist unsere Art zu leben in ernsthafter Gefahr“, warnt der Präsident.
Kritik an Österreichs Nachbarn Ungarn
Zugleich kritisiert Van der Bellen Staaten innerhalb der EU, die sich zunehmend autoritären Systemen annähern. „Wer an den Vorteilen der Europäischen Union teilhaben will, kann nicht gleichzeitig die Grundprinzipien der liberalen Demokratie infrage stellen“, stellt er klar. Staaten, die größere Nähe zu Autokratien verspürten, gefährdeten die EU von innen.
Zwischen den Zeilen dürfte dabei auch Ungarn gemeint sein – just in einer Zeit, in der sich dort US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin zu Gesprächen über den Ukraine-Krieg treffen wollen. Van der Bellen bleibt skeptisch: Europas Zukunft, so seine Botschaft, liege nicht in der Hoffnung auf fremde Vermittlung – sondern in der eigenen Stärke. Er schreibt dazu: „Liebe Europäerinnen und Europäer! Lassen Sie uns alle gemeinsam am Wunder Europa weiterarbeiten. Zu unser aller Vorteil und für Frieden und Freiheit auf unserem schönen Kontinent.“
Statement. 19. Oktober 2025
Es ist die eigentliche Spezialität von Päpsten, das Zwischen-den-Zeilen-Reden, aber auch ein Präsident ist dazu durchaus in der Lage, Ungarn zwischen den Zeilen möglicherweise zu meinen, aber Ungarn nicht zu nennen, Viktor Orbán nicht zu nennen, vielleicht aus Rücksicht auf einen im österreichischen Parlament,
dem Viktor Orbán ein recht willkommener Gast im Parlament …
Zur inneren Sicherheit fällt unweigerlich auch die österreichische Verfassung in ihrer Novelle ein, die für die innere Sicherheit ein Gefährdungspotential …
Und auch das von ihm klar erkannt, daß „Staaten“, vielleicht meinte er zwischen den Zeilen auch jene,
etwa jene in Österreich,
etwa jene in Deutschland,
„die größere Nähe zu Autokratien verspürten, gefährdeten die EU von innen“; zuerst gefährden sie ihr jeweiliges Land von innen heraus und dann gefährden sie die gesamte Europäischen Union von innen heraus.
Ob es einen recht kränken wird, von Alexander Van der Bellen keine Blumen mehr zu bekommen, ob er darüber grübeln wird, wer wohl nun die Blumen bekommen mag, aber für einen würde er gewiß über eine Blumengabe sich freuen, ist es doch ein Freund …
PS Am 19. Oktober 2025 läßt Alexander Van der Bellen auf der Konzernplattform X einen lieben Bildspruch verbreiten: „Europa muss und kann sich neu erfinden!“ Sündteure Aufrüstung, sündteurer Militärpakt —
wenn das die Erfindungen sind, mit denen Europa sich neu erfinden kann und muß: Wahrlich, dann sind das neue Erfindungen, wahrlich neue Erfindungen, wie die Welt sie noch nie sah …


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