„Science, Liberty and Peace“

Auf der broligarchistischen Konzernplattform X feiert Klaudia Tanner am 25. November 2025 die Wehrpflicht ab, für die vor zwölf Jahren in Österreich eine Mehrheit stimmte, und sie nennt es, klug wie sie ist, eine „kluge Entscheidung“ der in dieser Volksbefragung Befragten …

Wohl nicht so klug wie Klaudia Tanner und die österreichischen Wehrpflichtsbejahten war

1946 Aldous Huxley mit seinen Gedanken in

„Science, Liberty and Peace“,

das in diesem Jahr mit dem heurigen November der tannerischen Klugheitsfeier in deutscher Sprache unter dem Titel „Zeit der Oligarchen“ veröffentlicht wurde … Dieses Kapitel soll aber nur das Denken von Aldous Huxley über die Wehrpflicht in Zitaten enthalten.

Vor bald achtzig Jahren schrieb er u. v. a. m. zur Wehrpflicht auf:

Wenn wir über die Möglichkeit sprechen, den Krieg abzuschaffen, dürfen wir nicht vergessen, dass Kriegsvorbereitungen und manchmal auch Kriege selbst den hoch zentralisierten Staaten bei ihren totalitären Zwecken sehr entgegenkommen.

Die Einführung der Wehrpflicht in Friedenszeiten lässt sich immer damit rechtfertigen, dass sie einen Schutz gegen den Krieg darstellt, oder zumindest gegen eine Niederlage im Krieg. Tatsächlich haben Länder, die in Friedenszeiten die Wehrpflicht eingeführt haben, nachher genauso viele Kriege geführt wie vorher, und sie haben genauso viele Niederlagen erlitten. Der wahre und unausgesprochene Grund für die Einberufung in Friedenszeiten ist das allzu natürliche Bedürfnis eines mächtigen und zentralisierten Staats, seine Bürger zu reglementieren und zu kontrollieren, indem er sie dem realen und möglichen Kriegsrecht unterstellt und sich selbst das Recht zuspricht, sie wann immer nötig (zum Beispiel zur Niederschlagung eines unerwünschten Streiks) einzusetzen. In Zeiten der Atombombe könnten Massenarmeen unzeitgemäß erscheinen. Trotzdem zeigt kein Land, das in der Vergangenheit zu Friedenszeiten die Wehrpflicht eingeführt hat, eine Neigung, die Kontrolle über die breite Masse der Bevölkerung aus der Hand zu geben. Und in Ländern, die früher keine Wehrpflicht in Friedenszeiten kannten, fordern hochrangige Militärs und Beamte die Einführung eines allgemeinen Militärdienstes.

Auch in anderer Hinsicht sind Kriegsvorbereitungen für die Inhaber zentralisierter politischer Macht nützlich. Wenn zu Hause die Probleme zunehmen und der öffentliche Protest unangenehm laut wird, ist es in einer Welt, in der Kriege noch eine fast heilige Angewohnheit sind, immer möglich, die Aufmerksamkeit der Menschen weg von den heimischen und hin zu den ausländischen und militärischen Angelegenheiten zu lenken. Die staatlich kontrollierten Angelegenheiten Überzeugungsinstrumente entfesseln eine Flut fremdenfeindlicher oder imperialistischer Propaganda, man demonstriert eine „Politik der Stärke“ gegen eine ausländische Macht, und sofort ist es unpatriotisch, selbst noch so gerechtfertigte Beschwerden über Misswirtschaft oder Unterdrückung zu äußern. Das ist ein weiteres Argument für die Teilung und Dezentralisierung der Macht, die Deinstutionalisierung von Politik und Wirtschaft und wo immer möglich, die Beseitigung zentralisierter Massenproduktion und -distribution durch regionale genossenschaftliche Erzeugnisse und staatlicher Intervention und Kontrolle durch kooperative Selbstbestimmung.

Und schließlich müssen wir uns ansehen, welche Rolle der Militarismus bei der Beilegung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unsicherheit spielt, die, wie wir gesehen haben, der Fluch jeder technisch fortschrittlichen Gesellschaft ist. Die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre ging in allen Industrienationen mit Massenarbeitslosigkeit einher. Diese beängstigende gesellschaftliche Krankheit wurde auf unterschiedliche Weise behandelt. Großbritannien legte ein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm auf, in den Vereinigten Staaten griff die Roosevelt-Regierung zu staatlichen Projekten, Konjunkturanreizen und der Drosselung der landwirtschaftlichen Produktion, um die Preise stabil zu halten. Diese Maßnahmen waren nur bedingt erfolgreich. Die Arbeitslosigkeit ging zwar zurück, wurde aber keineswegs beseitigt. Das gelang erst, als Hitler mit der massiven Aufrüstung begann. Wie von Zauberhand verschwand die Arbeitslosigkeit — erst in Deutschland und dann, als es andere Länder mit der Angst zu tun bekamen und sich dem Rüstungswettlauf anschlossen, auch in der übrigen industrialisierten Welt. Man hatte ein Heilmittel gefunden gegen die Unsicherheit, die der wissenschaftliche und technische Fortschritt mit sich bringt, wenn er im Dienst eines zentralisierten Finanzwesens steht. Doch der Preis für diese vorübergehende Heilung war Tod und Zerstörung und dieser Zustand war für alle betroffenen Nationen unvergleichlich schlimmer. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft die massive Aufrüstung erneut das Mittel der Wahl sein könnte, um die Symptome der Arbeitslosigkeit zu linden.

In diesem Zusammenhang sollte man anmerken, dass Waffen die einzigen Güter sind, die ohne Rücksicht auf Kosten oder Gewinne weggegeben werden. Der moderne Krieg ist unter anderem ein Wettlauf darin, welche Nation in der kürzesten Zeit die meisten Kapitalgüter verschenken kann. Diese Kapitalgüter sind bösartig und unproduktiv, doch man kommt nicht umhin zu denken, dass etwas Ähnliches wie der Wohlstand zu Kriegszeiten zu einer Dauereinrichtung werden könnte, wenn mehr Dinge zum Selbstkostenpreis oder umsonst abgegeben würden, und weniger mit Ertrag oder gegen Zins.

[…]

Es ist wie gesagt nicht unmöglich, aber man muss auch sagen, dass es hochgradig unwahrscheinlich ist, solange Nationen an ihren kriegerischen Gewohnheiten festhalten. Denn in einem modernen Krieg bestehen nur Nationen mit einer hoch entwickelten, um nicht zu sagen aufgeblähten Investitionsgüterindustrie sowie einer massenproduzierenden Konsumgüterindustrie, die sich rasch auf die Bedürfnisse der Kriegsproduktion umstellen lässt. Ein moderner Krieg lässt sich außerdem nur führen, wenn eine Nation in der Lage ist, die gesamte Bevölkerung in einer militärischen und industriellen Generalmobilmachung einzuberufen. Das ist nur möglich, wenn die Bevölkerung weitgehend aus Entwurzelten und Besitzlosen besteht, die für ihren Lebensunterhalt auf den Staat und große private Arbeitgeber angewiesen sind. Diese Menschen sind der Traum eines jeden militaristischen Diktators — eine „fließende Arbeitnehmerschaft“, die sich nach Belieben von einem Ort oder einem Hilfsarbeiterjob zum nächsten verschieben lässt.

[…]

Es ist bemerkenswert, dass Menschen gern von einem Krieg sprechen, der allen Kriegen ein Ende bereitet, oder von einem Krieg zum Erhalt der Demokratie; aber weniger gern sprechen sie von Frieden, der dem Krieg ein Ende bereitet, oder von demokratischer Selbstbestimmung (dem genauen Gegenteil des Militarismus) zum Erhalt der Demokratie.