27. Jänner, Tag der Erinnerungen

Am 27. Jänner erinnern sich Menschen unterschiedlich.

Es gibt die Menschen, die an diesem 27. Jänner ’23 recht stolz an einen Ball sich erinnern werden, der genau am 27. Jänner stattfand

Am 27. Jänner vor elf Jahren.

An den Ball eines Schaftkreises für Patrioten, in der Patriotinnen als Patrioten mitlaufen, deren Hauptpartei es allenthalben mit Parteinamenänderungen versuchte, wie auch der Ball selbst Titeländerungen unterworfen wurde, die, da die Gesinnung sich nicht änderte, nicht zu verstehen sind.

Es wird noch Menschen geben, die sich in an diesen 27. Jänner erinnern, an den 27. Jänner vor zwei Jahren.

Und es wird noch viel mehr, recht viel mehr Menschen geben, die sich an keinen der 27. Jänner erinnern werden, wenn sie zur Urne schreiten.

Und dann gibt es die Tafeln, nicht nur die Tafel in der Salesianergasse 33 im dritten Bezirk Wiens, die zum wunderschönen Erinnern einladen, wie eben die Tafel im wunderschönen Haus Salesianergasse 33, zur wunderschönen Erinnerung an Josef Hoffmann, der in diesem Haus bis zu seinem Tod lebte, vor sechsundsechzig Jahren …

Eingezogen ist er in dieses Haus, als es Österreich, wie es zur wunderschönen Gewissenserleichterung heißt, nicht gab, bloß einen Österreicher, der das deutsche reich regierte. Wie es Josef Hoffmann selbst mit diesem Regime, dem Auschwitz ein wunderschönes Haus gewesen sein wird, hielt, in einer Ausstellung mit einem für Österreich bezeichnenden Titel war einiges zu erfahren, vor bald zwei Jahren.

Der Gedenktext zur wunderschönen Erinnerung an dieses wunderschöne Haus lautet:

„In diesem Hause wohnte von 1939-1956 der Architekt und Begründer der Wiener Werkstätte Josef Hoffmann 1870-1956 Kulturamt der Stadt Wien Österreichische Gesellschaft für Architektur

Es würde die wunderschöne Erinnerung an dieses wunderschöne Haus zerstören, erinnerte die Josef-Hoffmann-Tafel daran, daß er wohl recht luxuriös in einem „arisierten“ Haus

In diesem Haus wohnte in einer arisierten Wohnung
von dem hitlerischen Österreich an auch
Architekt Josef Hoffmann, Begründer der Wiener
Werkstätte, bis zu seinem Tod am 7. Mai 1956

Es gibt zu den Arisierungen im von einem Österreicher geführten deutschen reich ein Buch, das nicht Arisierungen auf Deutsch heißt, sondern dessen Titel für Österreich bezeichnend und so zutreffend „Arisierungen auf Österreichisch“ —

Es war ihm in seinem schon recht hohen Alter wohl recht bequem, seinen Auftrag zum Umbau zum „Haus der Wehrmacht“ in unmittelbarer Nähe seiner „arisierten Luxuswohnung“ erfüllen zu können. Das seit 1918 als „Deutsche diplomatische Vertretung“ und nach 1938 als „Dienststelle des Auswärtigen Amtes“ verwendete Palais befand sich bezeichnenderweise in der nach dem Spitzelwesenmeister heute noch so benannten Metternichgasse auf Nummer 3. Das Palais wurde beginnend mit 1957 abgerissen. Fertigstellung des Baus eines neuen Botschaftsgebäudes 1964, beauftragt war Rolf Gutbrod. 2019 Abriß dieses Neubaus und mit 2021 Beginn eines Neubaus, der 2024 fertiggestellt sein soll.

Nicht allzu weit von der Metternichgasse 3 und von der Salesianergasse 33 entfernt, in der Josef Hoffmann seit 1939 oder, gemäß einer anderen Quelle, die in einem Artikel vor achtzehn Jahren an einem 27. Jänner genannt wird, seit dem 28. Mai 1940 in einer „arisierten Luxuswohnung (2/7)“ lebte, also sechzehn oder siebzehn lange Jahre lang, soll ein Mann wohnen, dem das späte Glück der Entdeckung des Gewissens beschieden ist …

Vielleicht werden sich eines nicht fernen Tages Menschen daran erinnern, es wird kein 27. Jänner sein müssen, wenn wieder einmal Angelobungen auf der Tagesordnung stehen werden, an gleich welchem Wochentag, der ein Montag sein wird

Und kurz davor die Beteiligten, oder wie sie auch genannt werden, die Verantwortlichen der Regierungsausmachung, der Regierungsbildung, der Regierungsangelobung sich daran erinnern werden, wie das geht, mit der Gewissenswahrung —