Die kronenreale Welt des Christian Kern: „Ostarbeiter“

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An diesem vorletzten Sonntag im Februar 2017 bringt es die Krone des österreichischen Mediums zu ihrem ersten Höhepunkt in diesem Jahr: „Ostarbeiter“ …

„Ostarbeiter“ scheint ihr generell schon seit Jahren eine Bezeichnung zu sein, die ihr mindestens einmal im Jahr einen schreiberischen Höhepunkt gewährleistet, von der sich auch weitere Zeitungen in diesem Land durch deren Verwendung einen …

Am verwichenen Freitag klärt die eine Umsonst über die „irre Welt des  …“ auf; er wird vielleicht am Freitag und auch am Samstag noch gezweifelt haben, an seiner Welt, ob diese  … vielleicht fühlte er sich gar als Kasperl … aber am Sonntag wird es ihm ganz klar wieder gewesen sein, wie recht real seine Welt ist, ein Blick auf die Krone reicht, um ihn wissen zu lassen, wie richtig es von ihm ist, eine Tracht anzuziehen, einen Bart wachsen zu lassen. Denn. Wenn es noch „Ostarbeiter“ gibt, muß es auch einen … Er wird möglicherweise an diesem Sonntag mit sich übereingekommen sein, nur noch die Kroneschließlich hat die Krone auch ein recht großes Herz für das Kasperl …

In welcher Zeit, fragen Sie, „Ostarbeiter“ die Bezeichnung schlechthin war? Sie haben bestimmt ein Smartphone, Sie kennen bestimmt Wikipedia, dann sind Sie mindestens so gebildet und modern wie die Journalistinnen und Journalisten von der Krone oder der Bundeskanzler von der Facebookbahn, und es muß Ihnen hier nicht vorgesagt werden, wann die „Ostarbeiter“ …

christian-kern-ost-arbeiterEs war, nur ein kleiner Hinweis, die Zeit der recht vielen Aufnäher,  auch die „Ostarbeiter“ und die „Ostarbeiterinnen“ wurden mit einem Aufnäher mit blauem Untergrund gekennzeichnet, eine Auszeichnung allerdings waren die Aufnäher nicht.

Damals aber gab es keine „Bremse“. Es wurden „Ostarbeiter“ und „Ostarbeiterinnen“ geholt, noch und noch, es konnten nicht genug sein, in Anlehnung an ein heute sehr strapaziertes und zum Hauptschimpfwort gewordenes Wort könnte gesagt werden; es war eine aggressive Willkommenskultur – ausgegeben ward die Parole Willkommensoffensive, zu der das Lied komponiert: Es zogen gar viele gen Osten …

Ganz im Gegensatz zu heute. Menschen, die westlich von Moskau wohnen, sollen nicht mehr kommen.

Das also hat sich geändert, aber der Geist, der Wörter verwenden läßt, wie eben „Ostarbeiter“, dieser Geist ist unverändert der vorherrschende Geist in diesem Land. Dieser Geist brachte wohl auch einen jungen Mann dazu, sich als Wiedergeburt von … aber dabei erlag er einem Irrtum, die Materialisierung dieses Geistes in einem Trachtenbartmännchen ist nicht notwendig, solange der Geist in Österreich so real ist, in so vielen Zeitungen des Landes, also nicht nur in der Krone des österreichischen Mediums …

Year of integration

Year of integration kann übersetzt werden mit Integrationsjahr. Aber auch, und das scheint stimmiger bei Berücksichtigung, wie darüber breit gesprochen wird, mit Einordnungsjahr. Und diese Übersetzung erinnert sogleich an Zeiten, in denen Abkürzungen wie FAD, SAD, RAD hoch in Mode waren; allerdings ging es damals nicht um „Flüchtlinge“, „Asylwerber“.

integrationsjahr-arbeitsdienstWenn aber die mit dem Einordnungsjahr ins Visier genommenen Menschen für einen Moment außer Acht gelassen werden, dann kommen die Arbeitsdienste, die vor Jahrzehnten in Europa, also auch in Österreich,  Zuspruch fanden, gesetzlich geregelt waren, schnell in den Sinn, etwa beim Lesen des Plans der rot-schwarzen österreichischen Regierung:

„Integrationsvertrag Dieser verpflichtet zu Deutschkursen, Wertekursen und zu Arbeit. Bei Verstößen kann die Mindestsicherung gestrichen werden. Derzeit sind 15.000 Leute in Wertekursen. 2017 sollen 35.000 neue Deutschkurs-Plätze geschaffen werden.

Integrationsjahr Es gilt für anerkannte Flüchtlinge und Asylwerber „mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit“. Deutsch-, Wertekurse und gemeinnützige Tätigkeit sind verpflichtend. Die Organisation läuft über das Arbeitsmarktservice, gemeinnützige Arbeiten sollen über Zivildienstträgerorganisationen abgewickelt werden. Eine Entlohnung ist nicht vorgesehen. Die gemeinnützigen Tätigkeiten sind durch die Mindestsicherung abgedeckt. De facto handelt es sich also um 0-Euro-Jobs.“

Es ist alles dabei, was von den Arbeitsdiensten gekannt wird. Etwa die Sache mit der Bezahlung. Was heute „Wertekurse“ genannt wird, wurde damals „Erziehung“ genannt. Bis hin zur militärischen Anbindung, wenngleich nun indirekt, aber ohne das Militär gäbe es keine „Zivildienstträgerorganisationen“. Und auch die Gemeinden sollen bei der sogenannten gemeinnützigen Arbeit wieder eine Rolle spielen, das Arbeitsamt, die Bauhöfe. Es würde zu weit führen, das hier ausführlich zu behandeln. Aber es ist leicht, sich kundig zu machen. Für Eilige – Wikipedia: Einträge zum Freiwilligen Arbeitsdienst (FAD〉, zum Staatlichen Arbeitsdienst (SAD〉, zum Reichsarbeitsdienst (RAD〉. Wer ein Buch zur Hand nehmen möchte, könnte beispielsweise „Erziehung durch Arbeit – Arbeitslagerbewegung und freiwilliger Arbeitsdienst 1920-1935“ von Peter Dudek aufschlagen und selbst die Parallelen herausarbeiten. Wie sehr an den nun Regierenden rund einhundert Jahre vorübergegangen sind, ohne zu anderen Entwürfen greifen zu können, zu wollen, als wären einhundert Jahre ohne neue Erkenntnisse vergangen.

Sad and rad … no passing fad.

Es erinnert, das muß klar sein, nicht an den Arbeitsdienst eines bestimmten Staates oder einer bestimmten weltanschaulichen Orientierung. Das wäre auch töricht, war dieser doch politisch von rechts bis links … Wenngleich zum Heute eine weitere Parallele durchaus darin gesehen werden könnte, daß es damals in bezug auf den Arbeitsdienst Zugeständnisse gab an gewisse Parteien – besonders in einem Staat …

Und besonders erinnert ein junger Mann in Österreich an die Zeiten der Arbeitsdienste, der von einer Disziplinargesellschaft wie einst träumt und andere vielleicht schon dabei sind, neue Lieder zu schreiben – für eines könnte vielleicht die erste Zeile schon geschrieben sein:

Wir ziehen in Fußfesseln zur Arbeit hin.