Während in diesem Mai ’23 die Tradition des Verschweigens im ersten Bezirk von Wien, Österreich, ihren Sieg feiert, indem das Karl-Lueger-Denkmal gereinigt auf dem KL-Platz zu bleiben hat, wird in diesem Mai ’23 im siebzehnten Bezirk von Wien, Österreich, auch die Tradition des Herunterspielens und des Verharmlosens zelebriert.
Eines hält Jagsch dennoch schon fest: „Die Umbenennung des Leopold-Kunschak-Platzes war nicht Teil der Befragung.“ Eine solche ist schon lange ein intensiv diskutiertes Thema. Kunschak war ein österreichischer Politiker, ein enger Freund von Wien-Bürgermeister Karl Lueger und trat als Antisemit in Erscheinung.
Und es ist ein Herunterpielen und ein Verharmlosen, über Leopold Kunschak zu sagen, er sei „als Antisemit in Erscheinung“ getreten, während er selbst von sich sagte, er sei ein Antisemit gewesen und er bleibe ein Antisemit, und das nicht vor Auschwitz, sondern nach Auschwitz, womit er sich wohl auch qualifizierte, Nationalrataspräsident zu werden, nach Auschwitz.

Hätte Leopold Kunschak Julius Streicher geheißen, hätte der Platz im siebzehnten Bezirk wohl Julius-Streicher-Platz geheißen, und hieße so wohl noch immer, und über ihn würde heute gesagt werden, er, Streicher, sei „als Antisemit in Erscheinung“ getreten —
Aber Leopold Kunschak hieß nicht Julius Streicher, er, Kunschak, wurde bloß der „österreichische Streicher“ genannt.
bloß ein Freund, und was muß er, Kunschak, für ein feiner Mensch gewesen sein, fähig zur Freundschaft, sogar zur engen Freundschaft. Und was ein Freund, was ein enger Freund ist, der tritt auch das Erbe des Freundes an, und das nicht erst mit der Enthüllung des Karl-Lueger-Denkmals, das es bloß gibt, weil er, Kunschak, alles daran setzte, daß es das Karl-Lueger-Denkmal gibt,
weil er, Kunschak und seine Partei ein Denkmal für ihre Demonstration brauchten, weil er,
Kunschak und seine Partei das Denkmal auch für ihre Wahlkämpfe brauchten.

Von Karl Lueger ist nicht bekannt, er sei der österreichischische Streicher genannt worden, wie auch, sein Antisemitismus war noch nicht der streicherische Antisemitismus, bekannt von ihm, Lueger, ist, so jedenfalls haben es u. a. Hein und Salten vermutet, er, Lueger, sei dem Antisemitismus seiner Partei innerlich fremd, es sei der Antisemitismus ihm, Lueger, nicht tiefe Überzeugung …
Bekannt hingegen ist, sogar Figl hat seinen Antisemitismus bestätigt, freilich parteigemäß heruntergespielt, er, Kunschak, sei dem ökonomischen Antisemitismus …
Und auch das eine Tradition in Österreich, die Tradition der recht feinen Differenzierung, in die es gut paßt, daß ein Nachfahre von Figl, auch parteigemäßer Nachfahre, eine differenzierte Betrachtung von Karl Lueger verlangt, wie in seinem Umfeld, in diesem Kontext die Sorge vorherrscht, es könnte zu einer nicht differenzierten Betrachtung von Dollfuß …

Und das Denkmal des Kunschak Leopold kostet seit einhundert Jahren und kostet weiter Geld — Steuergeld,
allein einhunderttausend Euro für den für in etwa ein Jahr aufgestellten Bretterverhau,
allein fünfhundertausend Euro für die jetzt vorgenommene Säuberung und Verschiefung,
und es werden wohl gar nicht mehr zusammenrechenbar sein, all die Kosten, die durch die Beschäftigung mit seinem Denkmal über Jahre hinweg entstanden sind …
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