Die Morde von Mayerling, und Amstetten

Das Kloster Mayerling, idyllisch gelegen in Niederösterreich, etwa 25 Kilometer südwestlich von Wien, ist ein Ort der Stille und des Gebets. Gegründet wurde die Stätte im Jahr 1889 von Kaiser Franz Joseph I., um für die Tragödie seines Sohnes Kronprinz Rudolf und dessen Gelilebter Mary Vetsera zu sühnen. Seither leben und beten hier die Karmelitinnen.

Der Kaiser wollte, dass hier die Schwestern nach dem Tod von Rudolf und Marie Vetsera Sühne leisten. Stille ist quasi die oberste Regel.

Die heilige Nacht als Symbol für Ruhe und Besinnlichkeit. Doch in unserer Hektik ist das schwer. Die „Krone“ war im Kloster Mayerling, wo Schweigen Teil des Weges zu Gott ist.

Hinter einem Gitter sitzt Schwester Maria Anna und bricht für die „Krone“ ihr Schweigen.

Rudolf Habsburg war für seinen Mord niemals hinter Gittern, er entzog sich der Strafe durch seinen Selbstmord. Das sind die Morde von Mayerling. Von den Morden schreibt die „Krone“ am 24. Dezember 2024 nichts. Ganz der Regel verpflichtet: Schweigen, Gottes Weg auf Erden. Die „Krone“ verschweigt am 24. Dezember 2024 die Morde von Mayerling, berichtet nur vom „Tod von Rudolf und Marie Vetsera“, als wären die zwei Menschen bloß eines sogenannten natürlichen Todes gestorben, eine „Tragödie“ durch die unerforschlichen Wege Gottes: die mit 17 Jahren minderjährige Mary Vetsera und der mit über 30 Jahren volljährige Rudolf Habsburg viel zu früh …

Wäre es lediglich bei einem Selbstmordversuch geblieben, Rudolf Habsburg wäre für seinen Mord an der unmündigen Mary Vetsera wohl nie hinter Gittern gekommen; wußte sein Vater, Franz Joseph Habsburg, doch sofort, wer die Morde zu sühnen hat, wer einzusperren ist: Frauen

„Trotz der strikten Regeln des Klosters und der zahlreichen Stunden des Betens und des Schweigens hat die engagierte Frau eine ganze Liste an Dingen, die sie ihrem Beichtvater erzählen will. Es reicht vom zu langen Lüften bis zum Vergessen der gefüllten Wasserkrüge für die Mitschwestern.“

Eine Frau zu ermorden, löste 1889 keine „Schockstarre“ aus, 1889 löste keine „Schockstarre“ aus, daß ein dreißigjähriger Mann eine siebzehnjährige Frau ermordet. Was aber eine „Schockstarre“ auslöste, erzählt Martina Winkelhofer am 28. Dezember 2024 in „Erbe Österreich“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Österreichs:

Martina Winkelhofer: Die Tatsache, daß ein Sohn eines katholischen Kaisers Selbstmord begangen hat, ist so unglaublich, das wäre vorher, vor dieser Tat so unvorstellbar gewesen, daß das überhaupt sein könnte, daß das allein schon eine unglaubliche Schockstarre ausgelöst hat.

Männliche Erzählstimme: Der Tod des Kronprinzen Rudolfs sollte die erste in einer Reiher von schweren Rückschlägen sein, die Franz Josephs letzte Jahrzehnte und das nahende Ende der Monarchie prägten.

Martina Winkelhofer: Ich denke, daß man man nicht vergessen darf, daß Kronzprinz Rudolf seine Kindheit mit sich getragen hat. Es ist auch ganz spannend zu sehen, daß all diese kindlichen Dramen, die einen Menschen später beeinflußen können, auch in höchsten Kreisen und in Kreisen vorkommen können, wo man meint, daß alles da ist. Wir sprechen von einem Kind, daß mit einem, eineinhalb Jahren seine Mutter lange Zeit nicht gesehen hat. Mit sehr, sehr vielen frühkindlichen Verletzungen, Kränkungen. Das ist ein Kind, das einen ganz, ganz schwierigen Erzieher hatte, also der ihn zu Tode geänstigt hat, der gemeint hat, man muß ein Kind abhärten, von einem Kind, das zwar von Bezugspersonen umgeben war, aber ein Kind das trotzdem immer auf einen Sockel gestellt wurde, mit einem Glassturz drüber, das einfach nie diesen menschlichen Austausch hatte, den jedes andere Kind auch zu dieser Zeit gehabt hätte. Und das sind all diese Dinge, die man nicht vergessen darf, wenn man 1888 den dreißigjährigen Rudolf sehen. Im Nachhinein betrachtet, kann man durchaus sagen, daß dieses Weihnachten 1888 so der Wendepunkt in der kaiserlichen Familie war. Da hätte alles noch gut ausgehen können, weil es waren ja alle Protagonisten auf den Sprung in ein vermeintlich besseres, freieres Leben, aber zum damiligen Zeitpunkt hätte keiner der Anwesenden bei diesem kaiserlichen Weihnachten geahnt, was da auf sie zukommt.

Martina Winkelhofer, eine Historikerin, die auch weiß, wie es damals Kindern erging, gleich in welchen Kreisen, Schichten, Milieus; so weiß sie auch über die Ehefrau des Mörders und Selbstmörders Rudolf Habsburg zu berichten:

Stephanie von Belgien war wahrscheinlich eine schwierige Persönlichkeit, wobei man auch bei ihr nicht außer acht lassen darf, daß sie eine unglaublich schwierige Kindheit hatte. Ihr Vater war der berühmte Leopold II. von Belgien.

Wofür der Schwiegervater von Rudolf Habsburg berühmt war, darüber schweigt Martina Winkelhofer, berühmt ist sein Schwiegervater für seine Massenverbrechen, seine Massenmorde, bei seinem Schwiegersohn hat es bloß zu einem Mord und einem Selbstmord gereicht,

aber wer weiß, zu wie viel befehligten Morden er es gebracht hätte, wäre es bei einem bloßen Selbstmordversuch geblieben,

vor allem dann ab dem Jahr 1916 als Kaiser —

Und dafür würden heutzutage noch nicht die Knochen des Karl Habsburg, sondern wohl seine …

Es gibt aber auch die oberste Regel, wann nicht zu schweigen ist, und so unerforschlich sind Gottes Wege nicht, zu ergründen, wann zu schweigen und wann nicht zu schweigen das Gebot ist. Für Amstetten gilt das Gebot, zu schweigen, nicht, an das Verbrechen in Amstetten ist in jedem Bericht zu erinnern, der Mord in Amstetten muß stets genannt werden, auch wenn es kein mit einer Waffe verübter Mord war, wie jener von Rudolf Habsburg, sondern eine „unterlassene Hilfeleistung“, die gerichtlich als Mord …

„Warum bekommt Josef Fritzl einen Platz für betreubares Wohnen und ich nicht? Muss man ein Mörder sein, um Anspruch zu haben?“,

läßt die „Krone“ am 10. Februar 2024 eine Frau fragen. Am 25. Jänner 2024 erinnert die „Krone“ an das Verbrechen des Mannes, der ihr ein „Kellermonster“ …

Fast jeder kennt den schrecklichen Inzestfall von Amstetten. Ein Vater, der seine Tochter fast 24 Jahre lang in einem Kellerverlies eingesperrt hielt, mit ihr sieben Kinder zeugte. Josef Fritzl wurde 2009 einstimmig im Landesgericht St. Pölten wegen Mordes durch Unterlassung, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung und Blutschande zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Und wegen seiner geistigen Abnormität in eine Anstalt eingewiesen – die strengste Strafe, die es in Österreich gibt.

Am 12. März 2024 erinnert die „Krone“ an das Verbrechen, der ihr ein „Horror-Vater“

Fast jeder kennt den schrecklichen Inzestfall von Amstetten. Ein Vater, der seine Tochter fast 24 Jahre lang in einem Kellerverlies eingesperrt hielt, mit ihr sieben Kinder zeugte. Josef Fritzl wurde 2009 einstimmig im Landesgericht St. Pölten wegen Mordes durch Unterlassung, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung und Blutschande zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Am 18. Jänner 2024 „das freie Wort“ der „Krone“, erteilt Josef Fuhrmann, der weiß, was dieser Mann ist: „Bestie“, „Unmensch“:

Der nächste Justizskandal

Allein der Gedanke, die Bestie Josef Fritzl auf Grund einer Begutachtung einer angeblichen Sachverständigen nach 14 Jahren Haft wieder auf freien Fuß zu lassen, ist für den Normalbürger nicht zu begreifen und der nächste, unverständliche Skandal der Justiz. Während seine Kinder 24 Jahre unter menschenunwürdigen Verhältnissen in einem Kellerverlies ausharren mussten, soll dieser Unmensch nach 14 Jahren freikommen? Aus Gründen der Menschenwürde! Wo war die Würde seiner Kinder während der Gefangenschaft? Abgesehen davon, dass diese Menschen ihr Leben lang ständig an dieses Martyrium erinnert werden! Wie müssen sie sich fühlen, sollte ihr Peiniger tatsächlich wieder die Freiheit erlangen? Egal, wie alt und dement diese Person ist – wegsperren für immer! Hoffentlich sieht die Justiz diesen Fall genauso.

Der Mann aus Amstetten entging seiner Verurteilung für sein Verbrechen nicht durch Selbstmord, er selbst mußte hinter Gittern zum Sühnen seines Verbrechens, die Sühne seines Verbrechens wurde keinen Frauen auferlegt

Es brach schon einmal für die „Krone“ eine Frau hinter Gittern das Schweigen, die Oberin, das war 1983, als die „Neue Kronenzeitung“ in einer Serie versuchte, Rudolf Habsburg reinzuwaschen, aus ihm ein Opfer und keinen Mörder zu machen: „Zita: Mayerling war Mord“. Immerhin, die Schlagzeile der „Krone“ war wahr: Mord …

Historiker Adam Wandruszka, Ordinarius für österreichische Geschichte an der Universität Wien mit einer in und für Österreich rechttypischen Laufbahn, schrieb dazu in der „Furche“ am 24. März 1983:

Die mit dem reißerischen Titel „Zita: Mayerling war Mord!“ auf fünf Fortsetzungen ausgedehnte Serie der „Neuen Kronenzeitung“ hat zunächst im In- und Ausland ein ungeheures Aufsehen erregt, obwohl schon nach der ersten Fortsetzung zu erkennen war, daß diese „Enthüllungen“ weder neue Fakten noch gar Beweise enthalten würden, sondern nur die im Hause Bourbon-Parma und in der Familie des Erzherzogs Karl Ludwig schon immer in verschiedenen Versionen verbreiteten Gerüchte. Tatsächlich wurde der Inhalt der Serie von einer Fortsetzung zur anderen immer dünner, bis die letzte Fortsetzung nur mehr die Vermutung der Oberin des Klosters in Mayerling brachte, die sich auf die längst durch einwandfreie Dokumente widerlegte Erzählung des Sohnes jenes Tischlers Wolf stützt, der nicht, wie behauptet, „wenige Tage nach dem Drama“, sondern erst zwei Wochen später das Sterbezimmer betrat. Was aber die angeblichen ausländischen Auftraggeber der „internationalen Verschwörung“ betrifft, so endete die Serie mit dem geradezu eine Verhöhnung der Leser darstellenden Versprechen, die Namen zweier Persönlichkeiten, die Kaiserin Zita genannt habe, würden „im Herbst veröffentlicht werden, wenn es gelingt, den Verdacht durch neue Geheimakten zu erhärten“. Der äußere Hergang der Tragödie ist bekanntlich bereits durch das noch immer nicht überholte Buch des ehemaligen Direktors des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Oskar Freiherr von Mitis „Das Leben des Kronprinzen Rudolf“ (1928) bekannt geworden, das von mir 1971 mit einer ausführlichen, die seit 1928 erschienenen Werke und Quellenfunde kritisch würdigenden Einleitung und ergänzt durch Rudolfs Briefe an Theodor Billroth neu herausgegeben wurde. Die von Mitis publizierte Denkschrift des Grafen Hoyos (S. 341-353 der Neuauflage) ist ein absolut zuverlässiger Bericht, der durch alle später aufgefundenen Zeugnisse bestätigt wurde, so daß der Hergang der Tat (Tötung der Baronesse Vetsera auf deren Verlangen in Rudolfs Schlafzimmer nach Mitternacht, Selbstmord des Kronprinzen durch den in der Gerichtsmedizin wohlbekannten „Selbstmord vor dem Spiegel“ zwischen 6.30 und 7.30 Uhr des 30. Jänner 1889) unwiderleglich feststeht. Was das Motiv der Tat betrifft, so hat man lange an die von interessierter Seite (Gräfin Larisch) in die Welt gesetzte Theorie von einer „ungarischen Verschwörung“ geglaubt, in die der Kronprinz verwickelt gewesen sei; und der getreue Mitarbeiter und publizistische Gehilfe des Kaisers Karl, Baron Karl von Werkmann, hat in den „Innsbrucker Nachrichten“ vom 17. November 1928 unter Hinweis auf Mitteilungen des Kaisers Karl, der sich auf Kaiser Franz Joseph berufen habe, die These vertreten, Rudolf habe sich „in ungarische Abenteuer eingelassen“, aus denen er in geistiger Verwirrung keinen anderen Ausweg gefunden habe, „als den Tod durch eigene Hand“. Nun aber sollen wir glauben, Kaiser Karl habe schon immer von der „Ermordung des Kronprinzen“ gewußt! Das angebliche „Zweitausend-Worte-Tele- gramm“ Franz Josephs an Papst Leo XIII. aber hat, wie Fritz Judt- mann überzeugend nachweisen konnte, nie existiert und ist wahrscheinlich die Erfindung des römischen Korrespondenten der Londoner Zeitung „The Standard“. Der Abschiedsbrief Rudolfs an seine Frau Stefanie wurde von dieser 1935 in Faksimile in ihren Erinnerungen und seither noch mehrmals in anderen Büchern publiziert. Die sehr präzise letztwillige Verfügung Rudolfs mit dem Verzeichnis der verschickten Abschiedsbriefe und den Begleitbrief an den Sektionschef Ladislaus von Szögyeny-Marich („Ich muß sterben, das ist die einzige Art, zumindest wie ein Gentleman diese Welt zu verlassen“) hat Rudolf Neck, der derzeitige Generaldirektor des österreichischen Staatsarchivs, 1958 veröffentlicht.

Medienpolitisch war es vielleicht geschickt, mitten im Wahlkampf etwas ganz anderes, nämlich „Enthüllungen über Mayerling“, zu veröffentlichen, seriös war es aber sicher nicht.

Ein nach wie vor gültiger, zeitloser Satz, ein besserer könnte auch gar nicht mehr gefunden werden, um dieses Kapitel zu schließen: „Seriös war es aber sicher nicht.“