Wie kommt Michael Völker auf „Judenverfolgung“?

Angezeigt wurde bereits der Hintergrund der „NS-Verharmlosung“ der zwei Rechtsanwälte, was also von deren Einbringung einer Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft zu halten ist.

Damit wäre alles gesagt, was zu deren durch Sepp Schellhorn ausgelöstes Ansinnen zu sagen ist, bis auf eine Frage.

Wie kommt Michael Völker am 12. Mai 2025 in der Tageszeitung „Der Standard“ auf „Judenverfolgung“?

Sein geschmackloser Vergleich mit der Judenverfolgung vor 85 Jahren, für den er sich allerdings schon entschuldigt hat, führt jetzt zu einer Anzeige wegen des Verdachts der Verharmlosung im Sinne des Paragrafen 3h des NS-Verbotsgesetzes. Die beiden Wiener Rechtsanwälte Florian Höllwarth und Andreas Schweitzer haben eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht.

Richtigerweise hat Sepp Schellhorn nicht von „Juden“ gesprochen, als er von seinem Gefühl erzählte, er hat nicht gesagt, er hätte sich wie ein „Jude“ gefühlt; und das zitiert Michael Völker auch am 12. Mai 2025:

Schellhorn antwortete auf die Frage, wie er reagiert habe, so: „Die Frage ist dann immer, was moch i jetzt, und i hob mi gefühlt wie vor 85 Jahren. Soll man flüchten, soll man aufstehen, wohin geht man? Man kann nicht auf die Straße, man kann nicht die Straßenseite wechseln, man könnte höchstens des Abteil, den Waggon wechseln.“

Richtigerweise spricht Sepp Schellhorn in seiner Entschuldigung vom „Leid, das Menschen vor 85 Jahren angetan wurde“, und das zitiert Michael Völker auch in seinem Artikel am 12. Mai 2025:

Theoretisch droht bei einer Verurteilung nach Paragraf 3 des Verbotsgesetzes eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Für Schellhorn gilt die Unschuldsvermutung. Umgehend nach seiner Äußerung hatte er sich auch dafür entschuldigt, die Aussage sei „absolut unpassend“ gewesen und in einer Emotion passiert. „Es war niemals meine Absicht, jemandes Gefühle damit zu verletzen. Das Leid, das Menschen vor 85 Jahren angetan wurde, ist unvergleichbar.“

Und dennoch reduziert es Michael Völker kurz wie einfach auf „Judenverfolgung“.

Es sind in diesen madigen zwölf Jahren der totalitären Herrschaft des Österreichers, es sind in diesen madigen sieben Jahren der totalitären Herrschaft des Österreichers auch in Österreich so viele Menschen verfolgt worden — sei es wegen ihrer sogenannten Herkunft, sei es wegen ihren Orientierungen gleich welcher Art, auch der politischen, sei es wegen deren körperliche oder geistige Konstitution — daß es achtzig Jahre später vollkommen unangebracht ist, es derart verkürzt darzustellen, wie es am 12. Mai 2025 auch Michael Völker …

Es kann also achtzig Jahre nach der totalen Verfolgungsmaschinerie des Österreichers nur mehr von „Menschenverfolgung“ gesprochen werden, um allen Menschen, die damals verfolgt und von denen so viele, so viele ermordet wurden, gerecht zu werden.

Wie kommt also Michael Völker am 12. Mai 2025 diese Totalverfolgung auf „Judenverfolgung“ zu reduzieren? Vielleicht hat er, Völker, nur die eigene Tageszeitung vom 8. Mai 2025 gelesen, sie als Quelle herangezogen:

Staatssekretär Schellhorn fühlt sich wie ein Jude 1940 […]

Das aber hat, um genau zu sein, am 8. Mai 2025 nicht „Der Standard“ selbst geschrieben, sondern das steht in einem Posting, dessen Screenshot „Der Standard“ in seinen Artikel vom 8. Mai 2025 mit Verlinkung zum bequemen Aufruf aufgenommen hat, einer hat das am 8. Mai 2025 auf der Konzernplattform X geschrieben, und die Tageszeitung des österreichischen Medienstandards findet es zur Verbreitung noch desselben Tages wert …

Übrigens und nur nebenher: Wer Jahrzehnte später für sich reklamieren will, „Juden“ zu sein, und sich als „neue Juden“ darzustellen bemüht und damit „Judenverfolgung“ wie in den totalitären Jahren des Österreichers verbreiten meinen zu müssen, sind jene, die auch damit ihrer identitären Gesinnung folgen …

Die Ursache dafür ist natürlich Sepp Schellhorn selbst, wie wenig muß er von der Gegenwart wissen, daß er, um benennen zu können, wie er sich „gefühlt“ habe, fünfundachtzig Jahre in die Vergangenheit zurück muß, wie muß er von der Gegenwart nichts wissen wollen, daß er nicht einmal in seiner Entschuldigung auf die Gegenwart zu sprechen kommen kann, in der so viele, die damals verfolgt wurden, weiter und wieder verstärkt verfolgt werden, und das nicht nur in diesem Österreich, wegen deren

Orientierung,

ihnen zugewiesenen Herkunft,

und sie immer wieder nur auf ihre sogenannte Herkunft und so weiter und so fort.

Was für eine Aufregung also hätte Sepp Schellhorn allen ersparen können, wenn er er für das Ausdrücken seiner Gefühle die Gegenwart herangezogen hätte, aber er wollte damit wohl nicht seine Gefühle öffentlich machen, sondern jene vor allem verunglimpfen, die seinem Gehabe gegenüber seinem Verständnis nach sich ungehörig, ungebührlich zeigen, und das geht eben immer noch am besten mit der Vergangenheit.