„Über große Männer im Zeitalter der gewöhnlichen Leute“

Das Fürstenbuch, das erst im nächsten Jahr am 20. April veröffentlicht werden wird, ruft nicht nur Peter Sloterdijk auf, sondern auch Michael Klonovsky, für den mit Peter Sloterdijk geworben wird, nach wie vor, kann am 19. November 2025 gelesen werden,

„Feuilletons von ungewöhnlicher Brillanz. Man fühlt sich in die Zeit von Tucholsky zurückversetzt, als die deutsche Sprache noch vibrierte.“

es ist eine Weile, daß Peter Sloterdijk dies sagte, aber für die Reklame alleweil eine dankenswerte Beurteilung. Das macht die Größe der Denkenden aus, Verbindungen herzustellen, auf die sonst kein Mensch aus der Reihe der gewöhnlichen Leute käme, Klonovsky und Tucholsky

Tucholsky und Klonovsky — nur wer damit rechnen darf, selbst zu den „große[n] Männer[n] im Zeitalter der gewöhnlichen Leute“ gezählt zu werden,

kann auch „[Ü]ber große Männer im Zeitalter der gewöhnlichen Leute“ schreiben, wovon vom 20. April an ein jeder Mensch dankbar sich überzeugen wird dürfen, wenn sein Fürstenbuch

Tucholsky und Klonovsky — zwei Himmel über Feuilleton; kein großer Verlag könnte dem je widerstehen, wenigstens einen Himmel in seinem Programm zu haben, und Lichtschlag konnte nicht widerstehen, den KlonovskyLichtschlag, was für ein großer Verlagsmann im Zeitalter der gewöhnlichen Verlagsleute; er wird sich unter

diesen wohl ebenfalls „eigentümlich frei“ fühlen, nicht einfach frei, sondern eigentümlich frei, ja, frei sein, ist nichts, frei ist nur, wer eigentümlich frei, wie eben jene Eigentümlich-frei-Schreibenden …

In solch einem Verlag wird gesinnungsgemäß nicht auf die vergessen, die einst schon eigentümlich frei Im Programm „bei Natalia Lichtschlag“ (wie es im Impressum mit einer Lichtschlag-Fotografie formuliert ist) sind die also, die eigentümlich frei, wie u. a. m.

Ayn Rand,

Roland Baader,

Murray Rothbard,

Arno Delegasta,

Michael Klonovsky,

selbstverständlich auch Lichtschlag selbst,

und wenn es etwas zu feiern gibt, dann

kommt in das Programm das Jubiläum von „eigentümlich frei“

Peter Sloterdijk preist die vibrierende Sprache von Klonovskys Feuilletons, und Martin Mosebach zufolge beschreibt dieses Buch »eine ganz eigene Art zu sein«.

Wer sonst als Martin Mosebach könnte ein Buch von Klonovsky derart präzise würdigen, und einen Martin Mosebach zu würdigen, das wiederum kann nur ein Michael Klonovsky:

Aber was für einer: Martin Mosebach ist sicher einer der besten lebenden deutschsprachigen Autoren

Nein, das hat er nicht gewollt. Nicht, dass er die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nicht mehr für „einen der dümmsten Menschen der westlichen Hemisphäre” halte, aber als er dies damals in trauter Runde daherplauderte, hatte er doch keine Ahnung, dass ein anwesender Journalist daraus prompt eine Meldung machen würde. Natürlich ohne ihn vorher zu fragen. Auf einmal stand der Schöngeist als Verbalrabauke da. Dabei wollte er doch bloß sein Unverständnis über die zu Stockholm immer mehr nach Hartz-IV-Kriterien erfolgende Preisvergabe bekunden.

[…]

Und diese katzenhaften Edelfräuleins, die in den Büchern auftreten? Eine beschreibt er mit den Worten: „Als feststand, daß sie heirateten, war sie am nächsten Morgen bereits im Bett geblieben.” Die hinreißende Manon aus dem „Beben” etwa, gibt es die tatsächlich? Mosebach nickt. Was hat sie zu dem Buch gesagt? „Aber sie liest doch keine Bücher.” Ein paar Flaschen Wein später preist er Anton Tschechow als „einen Gott”, Johann Peter Hebel als „großen Sprachlehrer” und setzt zu einer druckreifen Stegreif-Parodie von Thomas Bernhard an (dessen Werk er, nebenbei, für eine „große Dummheit” hält). Keine Frage, der Mann ist ein Causeur höchsten Grades.

Erschienen in: Focus 11/2006, S. 72ff.

Und sogar das, was Peter Sloterdijk im Fernsehen so leicht von sich gibt, bleibt für lange, lange unvergessen, Peter Hintz beispielsweise

Kitsch und AfD – Zur Ästhetik des aktuellen Rechtsradikalismus.
54books. 26. Februar 2020.

ist nicht umhingekommen, Sloterdijk zu zitieren:

Seit Jahren gilt Klonovsky als „Edelfeder“ der konservativen Publizistik, also als Autor, der sich nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch besonders auszeichne. Klonovsky veröffentlichte 2005 bei Rowohlt einen Roman (Land der Wunder), der zwar nur gemischte Rezensionen bekam, aber seinen Ruf als Künstler-Feuilletonist begründete.

So konnte er dann auch bei Reclam die Aphorismen des kolumbianischen Reaktionärs Nicolás Gómez Dávila herausgeben, obwohl diese Texte längst einer historisch-kritischen Kommentierung bedurft hätten.

Zu Klonovskys zahlreichen Fans gehört der Philosoph Peter Sloterdijk, der ihn für „Feuilletons von ungewöhnlicher Brillanz“ lobte, und die Pathosschraube noch einen Grad höherdrehte, weil man sich bei ihm „in die Zeit von Tucholsky zurückversetzt“ fühlte, „als die deutsche Sprache noch vibrierte.“ Diese Vibrationen spürte offenbar auch der Schriftsteller Eckhard Henscheid, der Klonovsky mal für „schwärmerisch, verschwärmter und zugleich kenntnisreich“ hielt. Im Nachwort zu Klonovskys erst im letzten Jahr erschienenen Kolumnenband Der fehlende Hoden des Führers: Essais erkennt Lorenz Jäger sogar „Einsichten … [in] die unendliche Verletzlichkeit des Schönen, des Heiligen, der Leuchtenden, des Lebendigen, des Differenzierten, des Intelligenten.“ Ein stilistisches Hufeisen entwarf neulich Harald Martenstein in der ZEIT, der Klonovsky mit dem verstorbenen konkret-Herausgeber Hermann Gremliza verglich, weil beide Autoren von links- und rechtsaußen „elegant“ und „auf dem Niveau des Kritisierten“ den bürgerlichen Mainstream angriffen.

Das klonovskysche Hodenbuch wurde nicht von Lichtschlag verlegt, sondern von einem Verlag, der auch einer unter den großen Verlagen im Zeitalter der gewöhnlichen Verlage

Und was für ein großer Mann Klonovsky auch für sich selbst sein wird, kann auch daran gesehen werden, genauer, er wird es vielleicht sich selbst hoch anrechnen, daß Dávila auch schon Einzug hielt bei den gewöhnlichen Leuten, die ihn zitieren, nur, das vermag nicht gesagt werden,

aus welchem von welchem Verlag verlegten Buch, gibt es doch so viele große Verlage unter den gewöhnlichen Verlagen

Und Beispiele der klonovskyschen „Brillanz“ hat Peter Hintz angeführt, aber diese „Brillanz ist im Heute auch Norbert Bolz eigen, zu dem Peter Hintz schreibt:

Wie Norbert Bolz ist Klonovsky einer der vielen heutigen Zirkus-Zarathustras, die einem Publikum, das sich in den Dörfern und Villenvierteln nach Erregung sehnt, passende Schenkelklopfer und Untergangsromantik bietet. Dieser neue rechte Kitsch verknüpft sexistische Erotik und rassistischen Hass mit bildungsbürgerlichen Statussymbolen, die das eigene Anspruchsdenken veredeln und damit legitimieren sollen. Das zeigt, wie wenig hinter dem Symbol stecken muss, damit Autoren wie Sloterdijk oder Jäger, die als Inbild von Bürgerlichkeit gelten, nicht nur Gehör, sondern auch gleich ihr Qualitätssiegel schenken.

Mit ihrem makaberen Bestehen auf Stil und Form liefern Klonovskys Texte eine Strategie, mit Hilfe von ein bisschen Mozart-Hintergrundmusik Gewalt entweder zu übertönen oder erst recht attraktiv zu machen. Offensichtlich stellt der Diskurs der „bürgerlichen Mitte“ dafür ausreichend Anknüpfungspunkte bereit und zeigte sich jahrelang auch mehr als willig, Autoren wie Klonovsky selbst zur „Mitte“ zu machen, solange nur die richtigen Kultur-Knöpfe gedrückt werden. Zu diesen auf Distinktion abstellenden Praktiken, mit denen ausgegrenzt werden kann, hat natürlich auch immer wieder das Kitschurteil gezählt. Wenn es heute noch einen Wert hat, sollte es vor allem gegen die neuen Kulturuntergangspropheten und ihre Fans selbst gewendet werden.

Erst in diesem November 2025 durften Beispiele der bolzenden Brillanz zitiert werden, ohne sich jetzt in der Kenntnis der klonovskyschen Brillanz entscheiden zu können, wer denn mehr in die Zeit von Tucholsky zurückversetzt, Michael Klonovsky oder Norbert Bolz, aber — auch wenn die Hoffnung zuerst enttäuscht — es wird darauf gehofft, daß Peter Sloterdijk dies entscheidet,

Peter Sloterdijk, Gesprächspartner großer Männer im Zeitalter der gewöhnlichen Leute Mit einem dieser hat Peter Sloterdijk im Oktober 2025 wieder das Gespräch aufgenommen — das, sagt er, vor Jahren im Kanzleramt mit „anregenden Tischrunden“, die ihm, sagt er in diesem nach rund zwei Jahrzehnten wieder aufgenommenen Gespräch, gut in Erinnerung — in einer großen Fernsehanstalt unter den gewöhnlichen Fernsehanstalten, in der nur große Männer wie Bolz, Kubitschek …