„How many bubbles in a bar of soap?“

Wer in Österreich Staatsbürgerin werden will, muß einem „Staatsbürgerschaftstest“ sich unterwerfen, wer in Österreich Staatsbürger werden will, hat je nach Bundesland unterschiedliche Fragen, die sich auch auf das jeweilige Bundesland, in dem die um die „Staatsbürgerschaft“ Bemühenden ihren Wohnsitz haben, beziehen, zu beantworten.

„Wie viele Blasen macht ein Stück Seife?“ Diese Frage wird in keinem Bundeslandtest gestellt. Es ist aber eine Frage, die in einem Land einst gestellt wurde, jedoch nicht um eine „Staatsbürgerschaft“ zu erlangen, sondern das Recht, zu wählen. Und diese Frage, wie viele Blasen mache ein Stück Seife, fällt beim Lesen der Fragen zur Erlangung der österreichischen „Staatsbürgerschaft“ unweigerlich ein, hängt doch mit der „Staatsbürgerschaft“ untrennbar zusammen das Recht, zu wählen. Über die Testfragen also zur Erlangung der „Staatsbürgerschaft“ zum Wahlrecht, das ist der Weg, um in Österreich das Recht verliehen zu bekommen, zu wählen. Wenn u. a. m. die Prüfung bestanden wird, mit Fragen, die an die Frage zum Erlangen des Wahlrechts, wie viele Blasen mache ein Stück Seife, an die Frage zur Wahlzulassung, wie viele Blasen mache ein Stück Seife …

„Mit welcher Bahn würden Sie von Wien nach Wr. Neustadt fahren?“ Das wird in Niederösterreich gefragt. „Südbahn“ ist eine unter vier Antworten vorgegebene Antwort zum Ankreuzen; es sind stets vier Antworten vorgegeben, aus denen die „richtigen Antworten“ auszuwählen sind. Wer würde schon sagen, „mit der Südbahn“, die meisten würden sagen, mit der Schnellbahn; manche pedantische Person würde vielleicht hinzufügen, sie fahre mit der S-Bahn von Wien nach Wiener Neustadt, die auf der Südbahn verkehrt …

„Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges endet auch die Monarchie. 1918 wird die Republik Österreich ausgerufen. Wer wurde der erste Staatskanzler? Johann Schober – Sebastian Kurz – Josef Klaus – Karl Renner“ … Das wird in Wien gefragt. Ein sozialdemokratischer Mann und drei christlichsoziale Männer werden als Antworten zum Raten vorgegeben. Einer davon, Sebastian Kurz – nicht nur Fragen, auch Antworten erinnern an die einstige Frage, wie viele Blasen … Johannes Schober, an den erinnert bloß noch die Forderung von Karl Kraus:

„Ich fordere Sie auf, abzutreten.“

„Wie heißt der derzeitige Bundeskanzler bzw. die derzeitige Bundeskanzlerin? Sebastian Kurz – Brigitte Bierlein – Christian Kern – Karl Nehammer“, das wird auch in Salzburg gefragt, und wieder als eine der Antworten Seb. Kurz —

Und eine weitere Frage in Salzburg: „Wer prägte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zu seinem Tod 1989 entscheidend die Salzburger Festspiele? Christian Kern – Karl Heinrich Waggerl – Tobias Reiser – Herbert von Karajan“ … Wie viele Blasen mache ein Stück Seife? Tobias Reiser, der Sohn? Oder Tobias Reiser, der Vater? Tobias Reiser, der Vater als „überzeugter Nationalsozialist“ mit seinem „Maxglaner Zigeunermarsch“ aus 1971, der „bei der Eröffnungsfeier der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 am 9. Juni 2006 bei einer Plattlereinlage einem breiteren Publikum bekannt“ gemacht wurde — in Deutschland, seinem „Trachtenverbot für Juden“, mit seinem mit Karl Heinrich Waggerl initiierten „Salzburger Adventsingen“, mit seiner Gründung des „Salzburger Heimatwerkes“ … Oder doch Tobias Reiser, der Adventvolkswerksingheimatfußstapfensohn … Karl Heinrich Waggerl, der Adventler der Identitären … Die Antwort ist der Generalmusikdirektor; Christa Ludwig hätte sofort das Rechte anzukreuzen gewußt und vielleicht so manch recht gute Erinnerung hinzugeschrieben, wenn es erlaubt wäre, ausführlich zu antworten …

„Welche Familie regierte ab dem Jahr 1273 Österreich“ Die „Familie von und zu Guttenberg“ aus Deutschland als eine der Antworten vielleicht deshalb, weil ein Mitglied aus dieser eine österreichische Privatstiftung seit 2009 und ein Mitglied aus dieser erst vor kurzem im aschermittwöchlichen Klagenfurt in 2024 aufgetreten ist und vom Bundeskanzler in seiner Rede immer wieder direkt angesprochen wird, er ihn dabei stets bei seinem Vornamen aufruft, als säße im Saal vor dem um Applaus bittend redenden Bundeskanzler einzig „Karl-Theodor“ …

„Von wem wurde Niederösterreich 1529, 1532 und 1683 schwer angegriffen?“ „Von wem wurde Niederösterreich 1529 und 1683 schwer angegriffen?“ Fragen —

„Wie viele Blasen macht ein Stück Seife?“

„Wie lange dauerte die Römerzeit?“ Eine Frage in Salzburg. „Was ist das Budget?“ Eine weitere … „Was ist ein Diktator?“ Eine Frage in Tirol. „Zu welcher Besatzungszone gehörte Osttirol?“ Eine weitere …

„Wie viele Blasen …“

In Oberösterreich. „Auf welche Zeit gehen die ältesten Hinweise auf menschliches Leben im Raum des heutigen Oberösterreich zurück? Völkerwanderung – Römerzeit – Altsteinzeit – Bronzezeit“ …“In Kremsmünster, Engelhartszell (Engelszell), St. Florian, Aigen-Schlägl, Wilhering, Lambach, Schlierbach und Reichersberg befinden sich Einrichtungen des religiösen Lebens. Um welche Einrichtungen handelt es sich? Fabriken – Schulen – Klöster – Fahrschulen“ …

„… Blasen …“

Das also sind die Fragen mit ihren vorgegebenen Ankreuzungen in den Bundesländern, den schon genannten und den weiteren Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Vorarlberg, Steiermark …

„Nach dem Aussterben der Babenberger wurde Otakar II. Premysl in Österreich Landesfürst. In welchem Land war er schon vorher König?“ „Wodurch endete die Römerzeit?“ „Welcher Fluss bildete in der Römerzeit die Grenze zum Römischen Reich?“ “Seit wann ist das ‚Dachsteinlied‘ die offizielle Landeshymne?“

„How many bubbles in a bar of soap?“

“Wann wurden im Burgenland politische Gegner, Juden, Sinti und Roma besonders verfolgt? Nach dem Ersten Weltkrieg – In den sechziger Jahren – Vor und während des Zweiten Weltkrieges – Vor dem Ersten Weltkrieg“ …

„Wie viele Blasen macht ein Stück Seife?“

Diese Frage ist aus einem Artikel, erschienen am 20. August 1957 im „Spiegel“, über das Wahlrecht in den USA; wie ungeniert damals, vor siebenundsechzig Jahren, das Wort „Neger“ verwendet wurde, mit was für einer Selbstverständlichkeit. Ach, wie viel hat sich doch in beinahe sieben Jahrzehnten zum Besseren gewandelt, im Spiegel, in den jetzt auch Menschen nicht nur morgens schauen können, die weit von sich weisen würden, eine Prüfung zur Erlangung des Wahlrechts zu verlangen, und ganz und gar wohlüberlegte Fragen und ihre ganz und gar recht überlegte Antworten denen stellen, die die österreichische „Staatsbürgerschaft“ erwerben möchten, in der unerschütterlichen Überzeugung, eine derartige Prüfung zur Verleihung der „Staatsbürgerschaft“ ist unumgänglich, mit der auch das Wahlrecht …

Wie finster es einmal war, wofür dieser Artikel ein Beispiel, um das zu veranschaulichen, und wie hell es seitdem geworden ist, scheint es angebracht, zur Feier der Gegenwart, diesen Artikel in seiner Gesamtheit zu zitieren …

Wie viele Blasen macht ein Stück Seife?
Am 11. August 1956 erklärte Gouverneur James P. Coleman von Mississippi, daß die Neger in seinem Staate das volle Wahlrecht genießen. Die Präsidentschaftswahlen im folgenden November zeigten indes ein ganz anderes Bild: Als die Neger ihre Bürgerrechte wahrnehmen wollten, wurden sie in fast jedem der 82 Landkreise von Mississippi daran gehindert, wurden eingeschüchtert und sogar bedroht. Gouverneur Coleman selbst hatte 1954 als Generalstaatsanwalt von Mississippi eine Statistik über die Beteiligung der Neger an den Wahlen zusammengestellt. Sie zeigte, daß sich in 13 Landkreisen überhaupt kein Neger, in neun Landkreisen nur sechs und in 29 Landkreisen weniger als hundert Neger in die Wahllisten hatten eintragen lassen. Zweifellos wußte der Gouverneur auch, warum sich in Mississippi – wie in anderen Südstaaten der USA – so wenige Neger in die Wahllisten eintragen. Nehmen wir das Beispiel des Landkreises Lowndes. Dort gibt es 9200 wahlberechtigte Neger, aber nur 52 ließen sich bei den Wahlen registrieren. Die Neger erhielten anonyme Briefe wie etwa den, der einen Mann namens Caleb Lide erreichte: »Letzte Warnung. Wenn Du lebensmüde bist, dann wähle und stirb.« Im Landkreis Forrest – dort trugen sich 16 von 13 000 Neger-Wählern in die Listen ein – verschwand plötzlich der Registrierbeamte, als sich Neger für die Wahl anmelden wollten. Als sie ihn schließlich aufgetrieben hatten, hieß es, sie sollten später wiederkommen; dann sagte man ihnen, die Wahllisten für Neger stünden gerade jetzt nicht zur Verfügung; ein anderes Mal rief man ihnen ein glattes »Nein!« entgegen. Oder man prüfte die staatsbürgerliche Reife eines schwarzen Wählers mit der Frage: »Wie viele Blasen macht ein Stück Seife?« Einige Neger in diesem Landkreis zahlen ihre Wahlsteuer seit mehr als 30 Jahren in der verzweifelten Hoffnung, eines Tages wählen zu dürfen. Im Landkreis Humphreys durften die Neger bis 1953 nicht einmal die Wahlsteuer zahlen, die den Neger in den Südstaaten zur Eintragung in die Wahllisten berechtigt. Als 17 Neger schließlich den Sheriff des Landkreises verklagten, verbot ein Bundesgericht diese Praktiken. 1953 durften 485 Neger ihre Wählsteuer bezahlen. Aber gegen diese 485 begann bald eine harte Einschüchterungs-Kampagne, so daß sich nur 200 von ihnen registrieren ließen. Ein Jahr später waren es nur noch 126. Unmittelbar vor den Gouverneurswahlen im Jahre 1955 gab es noch 92 Neger-Wähler. Sie hielten jedem Druck stand, bis die Gegenseite zum Revolver griff. Am 7. Mai 1955 wurde einer der Negerführer des Landkreises Humphreys, Pfarrer George W. Lee, aus einem fahrenden Auto heraus erschossen. Seine Mörder wurden niemals gefaßt. Der Sheriff behauptete, Lee habe wahrscheinlich einen Herzanfall erlitten und sei kurz darauf gestorben; bei den Bleikugeln im Gesicht des Lee handele es sich möglicherweise um Plomben aus seinem Gebiß. Mit dieser Erklärung war der Fall erledigt. Dann trat der »Weiße Bürgerrat« (eine Art Nachfolgeorganisation des Ku Klux Klans) auf den Plan. Er kontaktierte den Neger-Führer Gus Courts und erklärte ihm: »Wir werden nicht erlauben, daß Neger in unserem Landkreis wählen. Sie aber versuchen, die Neger für die Wahl zu mobilisieren. Wir werden Ihnen das Handwerk legen.« Und sie taten es. Am 25. November 1955 wurde Gus Courts in seinem Kolonialwarenladen angeschossen und schwerverletzt; auch in diesem Fall wurden die Schüsse aus einem fahrenden Auto abgegeben. Gus Courts überlegte nicht lange. Er packte seine Sachen und verließ Mississippi. Gelingt es aber den Negern, ihren Stimmzettel abzugeben, so wird er oft ignoriert. Das zeigt das Beispiel der sogenannten Vorwahlen (Primaries). Bei den Vorwahlen von 1955 wies der Vorsitzende der Demokratischen Partei von Mississippi, Tom Tubb, die Parteileitungen in den Landkreisen an, die Neger -Stimmen nicht mitzurechnen**. Er begründete: Die Neger hielten ohnehin nichts von den politischen Grundsätzen der Demokratischen Partei Mississippis und seien daher nicht geeignet, an den Vorwahlen teilzunehmen. Zu diesen politischen Grundsätzen zählte Tubb die Rassentrennung, die Wahlsteuer, die Gesetze gegen rassische Mischehen und »die Traditionen des Südens«. Die Neger waren auf diese Weise nachträglich von den demokratischen Vorwahlen ausgeschlossen worden – den einzigen Wahlen, die in Mississippi von Bedeutung sind. Im Landkreis Bolivar gibt es das Städtchen Mound Bayou, das ausschließlich von Negern bewohnt wird. Ihre Stimmzettel sind noch nie gezählt worden. (Neger-)Bürgermeister Ben Green sagt: »Sie können ja unsere Stimmzettel in den Papierkorb werfen, aber es ist unser gutes Recht, wenigstens den Stimmzettel abzugeben. Wir werden weiterwählen.« Von den 700 Neger-Wählern des Städtchens zahlen 295 ihre Wahlsteuer und wählen, obwohl sie wissen, daß es nur eine leere Geste ist. Im Sommer des letzten Jahres überprüfte die Bundeskriminalpolizei (FBI) eine Reihe von Klagen, die von Negern aus Mississippi und anderen Südstaaten stammten. Am 24. Oktober 1956 veröffentlichte der stellvertretende (Bundes-) Justizminister Warren Olney, Leiter der Kriminalabteilung im Washingtoner Justizministerium, einen Zwischenbericht über die Untersuchungen des FBI. Da die Präsidentschaftswahlen bevorstanden, warnte Olney: »Wir werden jeden Fall gerichtlich verfolgen lassen, bei dem feststeht, daß einem Bürger wegen seiner Hautfarbe das Wahlrecht verwehrt wurde.« Entrüstet wandte sich der Gouverneur von Mississippi gegen die Erklärung Olneys. »Kein Bürger aus Mississippi hat jemals die Verfassung verletzt«, wetterte er. »Wer eine solche Beschuldigung erhebt, begeht Massendiffamierung. Wir werden persönlich vor jedem Bundesgericht erscheinen, wo Menschen aus Mississippi wegen dieser aufgebauschten Behauptungen angeklagt werden. Und wir werden die Bürgerrechte jedes Menschen aus Mississippi vor einem Schwurgericht, das mit Mississippi-Bürgern besetzt ist, wahren.« Der letzte Teil dieser Erklärung hatte freilich für die Neger einen faden Beigeschmack. Denn ihnen erscheint es überaus unwahrscheinlich, daß jemals ein Geschworenengericht des Staates Mississippi einen weißen Wahlbeamten, einen Sheriff, einen demokratischen Politiker oder einen Führer des »Weißen Bürgerrates« verurteilen wird, nur weil er sich ein so leichtes Vergehen, wie die Verletzung des Wahlrechts der Neger zuschulden kommen ließ.
*Aus der amerikanischen Zeitschrift »The Reporter«. ** Die Vorwahlen sind Abstimmungen innerhalb einer Partei, in denen die Kandidaten für öffentliche Ämter nominiert werden. Zu den Vorwahlen sind auch Bürger zugelassen, die keine Parteimitglieder sind. Werden die Negerstimmen nicht mitgerechnet, so wird praktisch nur mit weißen Stimmen entschieden, wer als Vertreter seiner Partei für ein Amt kandidieren darf.
Edward Gamarekian