Viel ist in diesen Tagen von der Auferstehung zu lesen. Kein Wunder, werden Sie sagen. Schließlich.
Ostern steht draußen vor der Tür.
Sie kennen die Geschichte von Ostern. Ein Mann wird ermordet. Der tote Mann wird in ein Grab gelegt. Dann, plötzlich, seine Leiche ist verschwunden. Der Mann soll sich Menschen, die sehr an ihm hängen, einmal noch zeigen. Lebend. Für ein paar Momente. Sie sehen ihn. Die, die an ihm gar so hängen, meinen, er sei von den Toten auferstanden. Wenn ein Verlust derart schmerzt, bleibt als Rettung – um nicht wie Ziegen zur Zeit des Vulkanausbruches auf Lanzarote mit dem Kopf gegen Felsen zu rennen, immerzu den Kopf gegen Felsen zu schlagen, so lange, bis endlich die Erlösung durch den freiwillig gesuchten Tod – nur die kollektive Schaffung einer eigenen Wirklichkeit. Sie aber wählen das Sehen des ermordeten als auferstandenen Mannes.
Seit diesen Tagen vor, mit dem Daumen gerechnet, zweitausend Jahren sah kein Mensch mehr diesen ermordeten Mann lebend. Alle Achtung, wenn es ihm gelang, für ein paar Momente aufzuerstehen, von den Toten zu den Lebenden zurückzukehren. Eine beachtliche Leistung war ihm dennoch mit dieser einmaligen Auferstehung gelungen. Auch wenn es keine Auferstehung für ewig war, das ewige Leben ein Traum der Menschen, die an ihm …
Eine Auferstehung für ein paar Momente zu nehmen, um Zuversicht zu verbreiten, wie nun in Österreich ein Mann etwa im Alter des seinerzeit am ewigen Leben Gescheiterten es mit der Auferstehung versucht, nun, das ist eine Zuversicht, mit der mit Bangen in die Zukunft …
„Die Osterwoche wird eine entscheidende Woche für uns sein. Entscheidend dafür, ob die Wiederauferstehung nach Ostern, wie wir sie uns alle so wünschen, so möglich sein kann.“
Denn. Es darf dabei nicht übersehen werden. Der Auferstehung für Momente geht ein Mord voraus. Ein Mord zwar, der durch ein Urteil gedeckt zu sein scheint. Durch eine Verhandlung aber, die nur jenen ein ordentliches, ein rechtsstaatliches Gericht ist, weil es recht nach deren Geschmack und Gesinnung ist, ihr Begehren nach Willkür gänzlich befriedigt.
Aber es gibt Zuversicht. Weil das Wunder der Auferstehung passiert ist. Ohne Mord davor. Das darf angenommen werden, weil es eben nicht gesichert ist, wie sein Leben tatsächlich endete. Es ist zwar nicht der Ermordete auferstanden, aber einer, der ihm nachfolgte. Und dieser Mann hatte es mit seiner Auferstehung eilig. Er wartete nicht ab. Er wartete nicht den Jahrestag der Ermordung ab. Er wartete nicht den Jahrestag der Auferstehung für ein paar Momente ab. Er wählte für seine Auferstehung bereits den Montag vor den Jahrestagen.

An diesem 6. April ’20 hinterließ des Ermordeten Nachfolger sichtbare Zeichen seiner Auferstehung. Auf der Landstraße. Unweit der Türme, von Gescheiterten einst für die Ewigkeit gebaut.
Nun, was den letzten Ausschlag gab, daß ihm die Auferstehung gelang, darüber kann nur spekuliert werden. Vielleicht war sein Ärger, genährt über Jahrhunderte und Jahrhunderte, über eine seiner Formulierungen, die er seinerzeit verfaßte, so übermächtig geworden, sein Wille zur Korrektur dermaßen übermenschlich, überleichlich, daß ihm nun endlich die Auferstehung auf der Landstraße gelang. Er ist als Mann der Hand bekannt. Und so ist nicht verwunderlich, daß er nun auf der Landstraße seine Korrektur mit der Hand schrieb, wie er einst seine Briefe mit der Hand schrieb.
„27 Die Männer gaben den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Unzucht. (Römer)“
Was aber für eine beachtliche Leistung von diesem Mann. Kaum auferstanden als Mann der Handschriftkultur lernt er rasch die neuen Techniken. Schreibt den Auszug aus einem seiner Briefe mit einer Schreibmaschine, oder gar mit einem Computer. Mit einem Computer. Zur bequemeren Vervielfältigung. Um es gleich noch auf weiteren Säulen auf der Landstraße zu kleben. Seine Auferstehung dürfte ihn doch sehr ermüdet, erschöpft haben. Denn. Es fehlt ihm offensichtlich die Kraft, seine Korrektur abzutippen. So kurz erst unter den Lebenden und schon beherrscht er die Technik des 21. Jahrhunderts: copy and paste …
Die Korrektur seines einstigen Briefes dürfte ihm doch nicht so ein großes Anliegen gewesen sein. Sonst hätte er kaum auf die seit Jahrhunderten bekannte Fassung zurückgegriffen, die er mit copy and paste sich herrichtete für das Überkleben von vielen Plakaten auf der Landstraße.

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