Pool, Ort der kultivierten Diskriminierung

Eine Frage bleibt noch offen, wo lesen die Menschen, die derartige Besprechungen schreiben, eigentlich die Bücher, die sie besprechen?

Wie der Buchbesprecher etwa, der selbst, so wird es verbreitet, ein Schriftsteller ist, ein Schriftsteller in Österreich, der als Österreicher, genauso wie von Calaferte ein Österreicher eindringlich beschrieben wird, sich blind stellt.

Sie werden die Bücher in ihren Einfamilienhäusern mit gepflegtem Gärtlein lesen, am Pool, rundherum geschützt durch eine blickdichte Hecke. Favorisierte Pflanze für eine solche Hecke ist die Thuja occidentalis, also der abendländische Lebensbaum, auch genannt die gewöhnliche Thuja …

Die blickdichte Hecke als Sichtschutz, um die Lager der Vergangenheit und Gegenwart rund um die Einfamilienhäuser nicht zu sehen, während auf der Liege liegend Bücher über Lager …

Pool, Ort der gepflegten Diskriminierung …

Lieber alter Lobe. Was hast Du nicht alles unternommen, um uns davon zu überzeugen, dass die Gemeinschaft uns erwartete und uns nicht diskriminieren würde.“

So erinnert sich viel später noch Louis Calaferte in Anerkennung an den Schulleiter Lobe, an den Pädagogen seiner Schulzeit. Daran hat wohl Lobe nie gedacht, daß er selbst einmal …

Und Louis Calaferte wird vielleicht auch nie daran gedacht haben, daß noch Jahrzehnte später derart über ihn falsch geschrieben wird.

„Louis Calaferte arbeitete selbst als Rundfunkjournalist und Dramatiker. Sein größter Erfolg zu Lebzeiten war ausgerechnet ein Skandal: das pornografische Werk Septentrion (1963).“

Pool, Ort der kultivierten Mißinformation … Von dem tatsächlichen „Skandal“ schweigt der Buchbesprecher aus Österreich. Der Skandal, daß dieses Buch sofort auf den Index gekommen ist, für zwanzig Jahre nicht mehr erhältlich war. Erst 1984 konnte das Buch wieder veröffentlicht werden, ein politisches und soziales Buch, von einem der in Frankreich zu seiner Lebenszeit auch einer der „meistgespielten Dramatiker“ …

„D’une sauvagerie du verbe aussi, à comprendre comme scène primitive où l’amour de la littérature s’exprime avec age. ‚Septentrion‘ (1963), son livre culte, en fera les frais par une censure de vingt ans, l’accusation de pornographie masquant le grand livre politique et social dont il s’agit (Calaferte réitéra quelques années plus tard sous la forme d’un essai avec ‚Droit de cité‘).“