Talk-shop

Zu Beginn des Jahres ’20 hat die Übersetzung von „Talk-shop“ aus einer in Davos gehaltenen Rede in die deutsche Sprache zu Aufregungen geführt, die von der Vergangenheit regiert wurde. Deshalb wird dieses deutsche Wort, mit dem „Talk-shop“ leichtfertig und geschichtslos sofort medial übersetzt wurde, hier nicht verwendet.

Aber die „Grüne Partei“ scheint mehr und mehr das Parlament als einen Ort zu verstehen, an dem Treffen für „Talks“ stattfinden. Ein Ort für lockere Gespräche, in denen einander hehre Werte versichert werden. Und dann, wenn es um das Tun geht, die hohen Werte in Handlungen zu wechseln, da wird doch auf den Kurs geschaut, ist ihnen der Wechselkurs, einfach wie kurz gesagt, zu niedrig.

Ein aktuelles Beispiel hierfür lieferte der gestrige Tag, 21. Dezember ’20, im österreichischen Parlament. Grüne Abgeordnete eilten in das Parlament, zum Talk, nicht zum Tun.

Mag. Agnes Sirkka Prammer: „Es ist unerträglich, unerträglich, zu sehen, das so etwas auf europäischem Boden passiert, und das nichts dagegen unternommen wird. Griechenland treibt hier ein ganz böses Spiel auf dem Rücken von Familien, von Kindern, von Menschen, die nichts wollen, außer ein Leben in Sicherheit zu führen, eine Behausung zu haben, ein Dach über dem Kopf und einen trockenen Boden zu schlafen. Sie wollen ein Leben in Sicherheit und sie wollen, daß ihre Kinder ausreichend die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln und Perspektiven zu haben, so wie Sie und ich, so wie wir alle es wünschen. Und dafür setzen wir uns auch ein. Dafür setzen sich alle grünen Regierungsmitglieder jeden Tag ein. Und, ja, es gibt die Angebote von Gemeinden und von Bürgermeisterinnen, auch von meiner eigenen Gemeinde. Leonding ist bereit, zehn Familien aufzunehmen. Es gibt diese Angebote und wir sind dafür, daß diese Angebote angenommen werden.“

„Wir sind dafür, daß diese Angebote angenommen werden.“ Agnes Sirkka Prammer sagte nicht, sie sei dafür, sondern „wir sind dafür“, also ihre Partei ist dafür, die „Grüne Partei – Die Grüne Alternative Bundespartei“ ist dafür. Dafür aber, daß diese „Angebote“ angenommen werden können, braucht es in Österreich ein Gesetz, das im österreichischen Parlament zu beschließen ist.

Wie ging die Abstimmung über den Entschließungantrag zur Aufnahme von Kindern aus Flüchtlingslagern in Österreich an diesem gestrigen Nachmittag, nicht einmal eine Stunde später nach diesem „Wir sind dafür“ der grünen Abgeordneten, aus?

Doris Bures: „Wir kommen zur Abstimmung über den eingebrachten Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen, betreffend humanitärer Katastrophe mitten in Europa, Kindern aus Moria endlich Schutz und Hoffnung zu geben. Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? Er ist abgelehnt. Das ist die Minderheit.“

Abgelehnt wurde dieser Antrag von der „Wir sind dafür“-Partei der Abgeordneten Agnes Sirkka Prammer, abgelehnt wurde dieser Antrag von der türkis getupften christschwarzen Partei, abgelehnt wurde dieser Antrag von der identitären Parlamentspartei …

Gabriele Heinisch-Hosek hat eine bemerkenswerte Rede für die Kinder in den Flüchtlingslagern gehalten, aber auch für die Menschen in Österreich. Nur mit dem jungen Mann rechts – vom Rednerinnenpult aus gesehen – von ihr war sie ein wenig zu streng, weil er mit seinem Smartphone hantierte. Was hätte er auch sonst tun sollen? Es wird doch gewußt, junge Menschen haben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Und für so eine trockene Materie, wie es eben Gesetze sind, bringen junge Menschen schon gar keine Sekunde der Geduld auf, ist es ihnen doch eine zu spitzfindige Sache, ja, wären Gesetze so spitz wie Handys, dann könnten sogar vor allem junge Männer sich …

Gabriele Heinisch-Hosek: „In vielen Familien ist es jetzt vor Weihnachten dermaßen eng geworden, dermaßen explosiv auch geworden, dermaßen psychisch belastend auch geworden. Sie haben kein Wort über die Lebenssituation – jetzt sind Sie wieder am Handy, Herr Bundeskanzler, schenken Sie mir vielleicht ein paar Minuten Aufmerksamkeit. Ich rede nämlich über Kinder, über Frauen, über arbeitslose Männer und Frauen, über kranke Menschen in diesem Land, die jetzt nicht genau wissen — Sie haben gesagt, lesen Sie die Verordnungen –, wie sie damit umgehen sollen. Ich rede für die vielen Leute, die sich nicht selber helfen können. Ich rede für die vielen, nicht für die wenigen, Herr Bundeskanzler, für die Sie jedesmal auch hier Politik machen, für die Wirtschaft; wen meinen Sie damit, Herr Bundeskanzler? Sie meinen die Bosse, deren Freund Sie sind. Sie machen Schwarz-Weiß-Politik, sie taumeln von einer Covid-Verordnung in die nächste.“

Junge Menschen sollten nicht allzu streng dafür gescholten werden, sich mit ihrem Smartphone abzulenken. Es ist doch schön zu sehen, daß sie sich so für Technik interessieren. Und ist es nicht auch rührend zu sehen, wie sie sich am Handy abarbeiten, dabei doch rasch müde werden, und dann gar rechtschaffen einnicken? Wer wünschte sich nicht die Zeit zurück, auch so unbekümmert mitten unter vielen Menschen dem Schlaf sich hingeben zu können? Oh, Kinderzeit, du glückliche Zeit, in der dich Märchen in den Schlaf wiegten, in dessen Träumen du dann vielleicht als Gretel deinen Hänsel befreitest aus dem Häuschen, in dem mit euch ein böses Spiel