So viel Erinnerung kommt hoch

FPÖ trauert um Chefredakteur a. D. Hans Zeilinger Zeilinger war Mitbegründer der „Neuen Front“ und langjähriger Chefredakteur der Parteizeitung Wien (OTS) – FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache gibt bekannt, daß Hans Zeiliger am 16. Juli 2011 im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Mit ihm verliert die FPÖ jenen Mann der ersten Stunde, welcher das Pressewesen des VdU und der FPÖ aufgebaut und maßgeblich mitgestaltet hat.

Diese freiheitliche Presseaussendung wurde auf den heutigen Tag genau vor zehn Jahren, am 19. Juli 2011, veröffentlicht.

Es kommen viele Erinnerungen hoch.

An die „Neue Freie Zeitung“, um näher an dem Heute zu beginnen, das in der Vergangenheit begann, mit der „Neuen Front“ der „Neuen Front“. Die erste „Neue Front“ war das Organ der Frontkämpfervereinigung. Um was für eine Vereinigung sich dabei handelte, das muß nicht groß ausgeführt werden, wenn der Name Adolf Eichmann fällt, der 1927 dieser Vereinigung beitrat. Was einen 1906 geborenen „Cheforganisator“ der nationalsozialistischen Massenmorde zu dieser Vereinigung trieb, der bei Kriegsende 1918 gerade einmal zwölf Jahre alt war – wurde er dies je gefragt, hat er dies je beantwortet? Der Grund, selbst ein „Frontkämpfer“ gewesen zu sein, kann wohl ausgeschlossen werden. Allerdings, auch im Krieg von 1914 bis 1918 gab es Kindersoldaten, gerade einmal zwölf Jahre alte Kindersoldaten – vielleicht war er doch ein „Frontkämpfer“ – einerlei, einem Kind dieser Zeit muß jedoch die ganze Heimat selbst Front gewesen sein, auch wenn er zuhause bei Muttern … Emil Fey hingegen war tatsächlich ein Frontkämpfer, sein Beitritt zu dieser Vereinigung also durchaus nachvollziehbar, Emil Fey, Heimwehrführer und Dollfuß-Staatssekretär für das Sicherheitswesen

Auf den heutigen Tag genau zehn Jahre später, am 19. Juli 2021, schaltet das FBI in der gesinnungsgemäß zensurierten Website wieder einmal eine Werbung, diesmal: „Die FPÖ und ihre Medien“, mit der sie daran erinnert:

Die „Neue Freie Zeitung“, kurz „NFZ“, ist das offizielle Parteiorgan der Freiheitlichen Partei Österreichs und hat seinen Sitz in Wien. Die erste Ausgabe erschien 1949 unter dem früheren Namen „Die Neue Front“.

Auch viele Erinnerungen kommen hoch, bei dem FPÖ-Generalsekretär, der die Medienaktivitäten, wie es in der entgeltlichen Einschaltung heißt, koordiniert …

Mit einem Ort sind die „Frontkämpfer“ unvergeßlich verknüpft, mit Schattendorf. Mit ihren Schüssen und all den Folgen für die erste österreichische Republik …

Und dann gibt es eine Festschrift zum Jubiläum „25 Jahre Die Stimme der Freiheitlichen“. Das war 1990, Geschäftsführer der Stimme der Freiheitlichen war Walter Meischberger, Erinnerung an eine Leistung.

In dieser Jubiläumsschrift die Erinnerung an den jungen Christian Wehrschütz:

Für meine Arbeit in der NFZ als Chef­redakteur aber ging mit dieser Num­mer ein Kapitel zu Ende. Mir war klar, daß zu einem neuen Aufbruch auch in der NFZ eine personelle Erneuerung erforderlich war. Also teilte ich noch an diesem Montag, dem 15. September, dem Tag nach der Innsbrucker Entschei­dung, dem neuen FPÖ-Generalsekre tär Norbert Gugerbauer mit, daß ich 1987 mit Erreichung meines 60. Lebensjahres als NFZ-Chef ausscheiden werde. In der „Neuen Front“ und nachher in der NFZ hatte ich es auf insgesamt 37 Dienstjahre gebracht. Gugerbauer akzeptierte meinen Entschluß, bat mich aber zu­gleich, so lange auf meinem Posten zu bleiben, bis für mich ein Nachfolger gefunden sein wird. In dieser Zeit des Übergangs bis zum 31. Mai 1987, als ich endgültig ausschied, gab es keiner­lei Konflikte, keinerlei Spannungen zwischen der NFZ-Geschäftsführung, die Norbert Gugerbauer übernahm, und der NFZ-Redaktion unter mei­ner Leitung. Gegen meine Person gab es auch von seiten des neugewählten Bundespartei­obmanns Jörg Haider keinerlei Einwände oder Vorbehalte. Man warf der NFZ nicht vor, daß sie als Organ der FPÖ den Regierungskurs unter Norbert Steger vertreten hatte, und setzte vor­aus, daß sie in gleicher Weise gegenüber der neuen Führung volle Loyalität einhalten werde. Die Suche nach dem neuen Chefredakteur gestaltete sich weniger schwierig und langwierig als erwartet.

Die Wahl fiel auf Christian Wehr­schütz, der sich im Ring Freiheitlicher Jugend der Steiermark durch jugendlichen Tatendrang und Ideenreichtum hervorgetan hatte. Auch journali­stisch hatte er u. a. in der Jugendzeitschrift „Tan­gente“ vielversprechende Vorleistungen erbracht. Sein gutes Bildungswissen und seine Zielstrebig­keit machten auf Norbert Gugerbauer umso mehr Eindruck, als er, der selbst aus der freiheitlichen Jugendbewegung gekommen war, eine gewisse Gemeinsamkeit mit Wehrschütz in Denken und weltanschaulicher Orientierung empfand. So wur­de schließlich vereinbart, daß Wehrschütz mit Jah­resbeginn 1987 in die Redaktion eintreten und sich hier einige Monate lang einarbeiten solle. Von mir bekam er Anregungen, keine Direktiven. Daß er über das Zeug zu selbständiger Arbeit voll ver­fügte, stellte sich sehr bald heraus, ebenso die sehr bestimmte Art, mit der er auf Eigenständigkeit, eigenem Urteil und eigenen Vorstellungen be­stand. Mit seinem für einen Anfänger ungewöhn­lich forschen Auftreten hatte ich keine Probleme, allseits aber machte er sich damit nicht beliebt. Der nach dem Ausscheiden Klaus Grubelniks in die Redaktion eingetretene Dr. Wilhelm Seledec (1. Dezember 1986), der schon seit langem den Kulturteil der NFZ betreut hatte, konnte sich mit dem von Wehrschütz praktizierten Arbeitsstil ebensowenig anfreunden wie mit seinem Auftre­ten als Chef. Er schied freiwillig aus der Redaktion aus, für ihn, der immer treu zur NFZ gestanden ist und jetzt wieder steht, hieß der einzige Kündi­gungsgrund Christian Wehrschütz.

Wehrschütz hatte bei der Zusammenstellung seines neuen Redaktionsteams freie Fland. Mit Michael A. Richter, eingetreten in die NFZ am 1. November 1989, fand er einen jungen, vom Start weg voll einsatzfähigen Mitarbeiter. Als Flelfer, die in die Aufgaben des Zeitungschreibens rasch hineinwuchsen, setzte er den Studenten Dieter Kerschbaum und Klaus-Peter Wiesinger ein. Mit dem Oberösterreicher Andreas Ruttinger kam später ein weiterer Redakteur dazu, der vorran­gig die Wirtschafts- und Außenpolitik betreute. Für mich bedeutete der Ruhestand keine Tren­nung von der NFZ. Es lag mir daran, nachdem ich mich von der Verantwortung als Chef zurück­gezogen hatte, ein ganz bestimmtes Fachgebiet weiterhin als Experte zu betreuen. Als dieses Fachgebiet bot sich die Zeitgeschichte mit dem Schwerpunkt FPÖ an, bemühte ich mich doch von jeher, neben meiner journalistischen Tätig­keit als Historiker aktiv zu sein. Unter dem Titel „Anno dazumal“ begann ich für jede Ausgabe der NFZ ein historisches Thema aufzubereiten, immer an Gedenktage und runde Jubiläumsjah­re anknüpfend. Diese regelmäßigen „Rückblicke“ sollten und sollen dazu beitragen, ein frei­heitliches Geschichtsbewußtsein zu entwickeln, und die vielen neu zur Partei gestoßenen Mit­glieder, Freunde und Interessenten zu informie­ren, woher die FPÖ kommt, welchen Weg sie in den Jahren ihres Bestehens gegangen ist, was man also über diese Freiheitliche Partei wissen sollte, zu der man sich bekennt. Für diese Arbeit fand und finde ich erfreulicherweise die Zustim­mung aller für die Blattgestaltung der NFZ Ver­antwortlichen. Unter Chefredakteur Walter Howadt erschienen meine Beiträge in der Rubrik „Vom Gestern zum Heute. Fundamente der
Po­litik“. Derzeit sind sie in der NFZ auf der Seite der Freiheitlichen Akademie plaziert.

Christian Wehrschütz entwickelte in den vier Jahren seiner „Amtszeit“ als NFZ-Chef eine be­sondere Vorliebe für Interviews. Dabei ließ er kaum einen Prominenten aus, ob er nun Frei­heitlicher, Sozialdemokrat oder ÖVPler war. Dazu gesellten sich seine wie immer gekonnt gemach­ten Interviews mit Wissenschaftern wie den Hi­storikern Walter B. Simon, Roland Girtler und Viktor Reimann, aber auch mit einem Kulturpapst vom Schlage Hans Weigels, mit dem namhaften Publizisten Günther Nenning und ORF-Generalintendanten Gerd Bacher. Mit dieser Verlagerung inhaltlicher Schwerpunkte wich die NFZ, was Wehrschütz ganz bewußt förderte, vom Parteiblattcharakter deutlich ab, ohne aber neu­es Leserpublikum zu gewinnen. Die Distanzierung von parteipolitischen Inhal­ten stand im Falle Wehrschütz in einem unleug­baren Widerspruch zu seinem Interesse an einer politischen Laufbahn in der FPÖ. Als er mit dem Wechsel in der NFZ-Geschäftsführung von Nor­bert Gugerbauer auf Heide Schmidt im Oktober 1988 seinen einflußreichsten Förderer verlor, ver­minderte sich merklich sein Interesse an seiner Rolle als NFZ-Chef, die er ja immer für ein Sprung­brett zu einer politischen Karriere gehalten hat. Seine Tüchtigkeit und sein Lerneifer – er nützte u. a. seinen Urlaub, um in der „Neuen Zürcher Zeitung“ als Praktikant zu arbeiten, wendete viel von seiner Freizeit zum Sprachenstudium (Rus­sisch!) auf – machten es ihm nicht schwer, eine neue berufliche Karriere als ORF-Mitarbeiter zu starten. Im April 1991 schied er aus der NFZ aus.

Auch journali­stisch hatte er u. a. in der Jugendzeitschrift Tan­gente vielversprechende Vorleistungen erbracht.

So die Erinnerung an den jungen Christian Wehrschütz.

Mit „u. a.“ die „Aula“ gemeint?

Auch bei „Tangente“ kommen vielfache Erinnerungen hoch:

Der Obmann des steirischen Rings Freiheitlicher Jugendlicher, der 20-jährige Michael Winter (links im Bild), ist am Montag wegen Verhetzung verurteilt worden. Winter hatte in der RFJ-Zeitschrift „Tangente“ Muslimen eine Tendenz zur Sodomie unterstellt und als „Sofortmaßnahme“ gegen Vergewaltigungen in Graz gefordert, „eine Schafherde im Stadtpark grasen“ zu lassen…

So viele Erinnerungen kommen hoch, daß es mehr und mehr schwerfällt, diese zeitlich zuzuordnen, wie vermischen sich die Zeiten zur Unkenntlichkeit, wenn etwa von einer „ultrarechten Regierung in Ungarn gesprochen wird, die die „Frontkämpfer“ finanziell, auch mit Waffen … Nur die Personen bleiben kenntlich, wie sie in der Vergangenheit und was zu ihnen in der Gegenwart …

Was es wohl einst für Erinnerungen an den alten Christian Wehrschütz geben wird? Es werden wohl heitere Erinnerungen sein, Erinnerungen der Dankbarkeit für harmlose Auftritte im Fernsehen, für sein Geschenk, von seinem Gesagten nichts gehört zu haben, da von seinem ersten gesprochenen Konsonanten an eine ausgelassene und alles übertönende Unterhaltung über seinen Kleidungsstil …