Österreich ´22 – „Bundespräsidentenwahl“ im Herbst der Patriarchen mit deren galanten „Bundespräsidentenwahlgesetz“

Noch sind in diesem Juli ´22 alle bloße Werber um Zulassung. Alle Werber brauchen vor allem sechstausend Unterstützungserklärungen, um es überhaupt auf den Stimmzettel zu schaffen, um also überhaupt je Kandidaten werden zu können, und dann vielleicht je gewählt zu werden. Breit gesprochen aber, breit geschrieben aber wird lediglich von einer Bundespräsidentenwahl, breit jedoch nicht gesprochen, breit jedoch nicht geschrieben wird, daß es auch eine Bundespräsidentinwahl ist.

Denn.

Frauen haben ebenfalls ihre Absicht kundgetan, kandidieren zu wollen.

Bis jetzt sind es drei Werberinnen. Worin die drei Bewerberinnen den sechzehn Bewerbern gleichgestellt sind, ist u. a. in der Anforderung, sechstausend Unterstützungserklärungen beibringen zu müssen, um die Kandidatur, es auf den Stimmzettel zu schaffen, und dann vielleicht gewählt zu werden.

Damit endet die Gleichstellung, mit der zugleich die Ungleichstellung beginnt. Von den drei Frauen – Barbara Rieger, Martina Essl und Helga Egger – wird nicht breit gesprochen, wird nicht breit geschrieben, sie werden nicht breit besprochen, sie werden nicht in Fernsehstudios eingeladen, schon gar nicht ständig, sie werden nicht fortwährend um Interviews angefragt. Die Kandidaturwerberinnen sind Frauen, sie sind nicht gefragt.

Ihre Chancen, je sechstausend Unterstützungserklärungen zu erhalten, sind soher keine Chancen. Wer so breit verschwiegen wird, hat keine Chance. Sie haben keine Chance, aber nutzen sie.

Die Ungleichbehandlung beginnt bereits mit dem „Bundespräsidentenwahlgesetz“. Sie werden im gesamten Gesetz nicht „Bundespräsidentin“ finden, dafür sechsundzwanzigmal „Bundespräsidenten“ und einmal „Bundespräsident“ — Das „Bundespräsidentenwahlgesetz“ wurde 2011 reformiert, nein, geändert, ein Satz wurde gestrichen, und zwar dieser:

Durch eine Änderung des B-VG und des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971 wurde
der Wegfall des Wahlausschließungsgrundes „Mitglied regierender Häuser oder solcher Familien, die
ehemals regiert haben“ bei Bundespräsidentenwahlen erreicht.

Das wird als Novellierung wohl wie eine historische Reform empfunden worden sein, vielleicht sogar gefeiert, gerühmt worden sein, diese Änderung des Gesetzes, dessen Einschätzung wohl so sein wird, daß es sonst ebenfalls ein dermaßen modernes, schönes und elegantes, mehr, auch ein galantes Gesetz in diesem an solchen durchdachten Gesetzen überreichen Land ist, läßt es doch die Frauen ohnehin nicht unberücksichtigt.

„Weiblich kommt gar dreimal vor in diesem Gesetz.

§ 11
(1) Bei der Wahl des Bundespräsidenten werden amtliche Stimmzettel verwendet.
(2) Der amtliche Stimmzettel hat die Vor- und Familiennamen der Wahlwerber der behördlich veröffentlichten Wahlvorschläge in der nach § 9 Abs. 1 bestimmten Reihenfolge sowie Rubriken mit einem Kreis, im übrigen aber die aus dem Muster der Anlage 2 ersichtlichen Angaben zu enthalten. Hat die Bundeswahlbehörde die Namen von weiblichen Wahlwerbern veröffentlicht, so ist der amtliche Stimmzettel hinsichtlich der weiblichen Form der Funktionsbezeichnung „Bundespräsident“ anzupassen. Der amtliche Stimmzettel darf nur auf Anordnung der Bundeswahlbehörde hergestellt werden.
(3) Der amtliche Stimmzettel für eine Stimmabgabe im Weg der Briefwahl im zweiten Wahlgang hat eine Rubrik für die Eintragung des Familiennamens des Wahlwerbers sowie allenfalls weitere Unterscheidungsmerkmale, den frühest möglichen Zeitpunkt der Stimmabgabe sowie im Übrigen die aus dem Muster der Anlage 6 ersichtlichen Angaben, insbesondere den Hinweis, wie der Wähler im Ausland in Erfahrung bringen kann, ob ein zweiter Wahlgang stattfindet und welche Wahlwerber in die engere Wahl gekommen sind, zu enthalten. Hat die Bundeswahlbehörde die Namen von weiblichen Wahlwerbern veröffentlicht, so ist der durch Anlage 6 vorgegebene Text des Stimmzettels entsprechend anzupassen.

Die dem Gesetz als Anlagen 2 und 6 angefügten Muster sind Muster für einen „Bundespräsidenten“ —

Was im Gesetz nicht vorgesehen ist, ist die Anpassung des Stimmzettels (Muster Anlage 3) „hinsichtlich der weiblichen Form der Funktionsbezeichnung „Bundespräsident“, wenn „nur ein Wahlwerber um das Amt des Bundespräsidenten“ —

(4) Stellt die Bundeswahlbehörde am einunddreißigsten Tag vor dem Wahltag fest, daß sich nur ein Wahlwerber um das Amt des Bundespräsidenten bewirbt, so hat der amtliche Stimmzettel die Fragen „Soll NN das Amt des Bundespräsidenten bekleiden?“ oder „Soll NN für eine weitere Funktionsperiode das Amt des Bundespräsidenten bekleiden?“ und darunter die Worte „ja“ und „nein“, jedes mit einem Kreis, im übrigen aber die aus dem Muster der Anlage 3 ersichtlichen Angaben zu enthalten.

Wie weise doch das Gesetz, seit altersher zum Handeln sein Leitspruch:

Eher gelangt ein „Mit-Glied regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben“, auf den Stimmzettel, als daß es nur eine Wahlwerberin gibt —

Im Übrigen, alle dem „Bundespräsidentenwahlgesetz“ beigefügten Muster sind auf die Wahl eines „Bundespräsidenten“ ausgelegt, ausgeschrieben.

Es könnte allerdings Argumente geben, weshalb von den Bewerberinnen für die Kandidatur für das Amt der Bundespräsidentin nicht breit gesprochen, nicht breit geschrieben wird, weshalb die sie nicht breit zu Interviews etwa und so weiter eingeladen werden.

Aber von diesem Argument ist in einem eigenen Kapitel zu sprechen.