Italien zählt zu den streng gläubigen Ländern. Deshalb hatte ich von der Zensur wichtige Fragen erwartet. Aber der Vorsitzende der Kommission fragte mich nur, weshalb die Frau beim Liebsakt auf dem Mann sitzt. Ich antwortete: „das könne schon mal vorkommen“. Der Nachtportier wurde also nicht aus ideologischen Gründen zensiert.
Das sagt Liliana Cavani zum dann doch abgewendeten Aufführungsverbot (Interview mit ihr, Bonus-Material zu „Der Nachtportier“, DVD, Weltkino-Verleih), in Italien.
Im Gegensatz zu Liliana Cavani mit ihrer persönlichen Erfahrung mit der Zensurkommission hat Stephan Hilpold, „Ressortleiter Kultur“ in der Tageszeitung des österreichischen Medienstandards eine extrem hohe Meinung von einer Zensurbehörde, er traut ihr höchste denkerische Auseinandersetzungen zu, schreibt er doch in seiner Kritik:
Das Begehren, die Moral und die Macht driften in dieser Beziehung derart auseinander, dass die italienische Staatsanwaltschaft den Film verbot. Erst nach einem Gerichtsprozess wurde er schließlich freigegeben […]
Davor schreibt Stephan Hilpold einleitend:
Neunzig Minuten […] zu und am Ende. […] NV/Night/Vater/Vienna nennen der amerikanische Künstler Paul McCarthy und die deutsche Schauspielerin Schauspielerin Lilith Stangenberg das Projekt, mit der sich das Wiener Volkstheater in die neue Saison […] Die Wiener Festwochen hatten seinerzeit die Finanzierung der Performance zurückgezogen, das Volkstheater unter Kay Voges sprang mit stattlichen 120.000 Euro ein. Mit Körperflüssigkeiten kennt man sich an diesem Theater ja aus. Dabei geht die Vorlage, auf die sich McCarthy und Stangenberg berufen, damit recht sparsam um. Liliana Cavanis Kultfilm Der Nachtportier aus dem Jahre 1974 erzählt von der sadomasochistischen Verstrickung einer KZ-Insassin mit ihrem Peiniger. Zwölf Jahre nach Ende des Kriegs treffen diese in einem Wiener Hotel wieder aufeinander – und setzen die Liaison in der Wohnung des ehemaligen SS-Manns fort.
Am 3. September 2022, als Stephan Hilpold wohl Zuschauer der Performance gewesen sein dürfte, kam eine „Gurke“ zum Einsatz, am 4. September keine Gurke, aber eine Karotte … Was Stephan Hilpold nach seiner intellektuellen Hervorhebung der Zensurbehörde bereits zu Beginn und dann weiter noch über diese Performance schreibt, nun, ja, ist von der höchsten Qualität, wie sie nur alle paar Jahrzehnte erreicht wird. Das letzte Mal war dies, als österreichische Tageszeitungen über die „Uni-Ferkelei“ schrieben. Das war 1968. Was noch zu zitieren bleibt, um seine Leistung auf der Höhe dieser seiner Zeit angemessen würdigen zu können, ist sein letzter Absatz, als Essenz seiner Kritik. Das Geld, das ihm, Stephan Hilpold, wohl ein rechtes Begehr. Fängt er doch gleich mit der stattlichen Summe an, und er endet mit finanziell kräftig mitschneiden …
Also weicht der von der Megagalerie Hauser & Wirth vertretene McCarthy auf europäische Bühnen aus (in Hamburg lief der erste Teil). Man kann nur hoffen, dass diese an der Weiterverwertung dieser Ferkelei finanziell kräftig mitschneiden.

Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.