On the agenda

Finnegan und ich wurden von einem Fremdenführer und Herrn Mannheimer durch die Lager geführt. Denselben Weg war ich 30 Jahre zuvor auch mit Finnegans Vater Hunter gegangen, aber irgendwie war es diesmal anders. Es schien, als hätte man umgeräumt, um es für die Besucher weniger bedrückend zu machen. Die grausamen Einzelheiten waren über die Jahre abgemildert worden, und eigentlich hätte ich das nach einem Satz aus der Dachau-Besucherinformation schon erwarten müssen. „Da in Deutschland jede Jahreszeit ihren eigenen Reiz hat“, stand da, „können Sie ihren Besuch im Lager gemäß Ihren eigenen Vorlieben planen.“

Die Stockbetten in den Baracken waren immer noch da, und man konnte sehen, wie die Nazis Zehntausende ins Lager gepackt hatten. Bei früheren Besuchen hatte ich noch in die hölzernen Bettgestelle eingeritzte Namen gesehen; jetzt kamen mir die Betten sauber und frisch lackiert vor.

Zunächst wollte der Angestellte Finnegan und mich nicht in die berüchtigte Gaskammer des Lagers führen, aber ich ließ nicht locker. Ich musste an meinen ersten Besuch denken, mit Beau, als wir in das Gebäude kamen und man uns erklärte, dass die Gefängniswärter ihren Opfer erzählten, sie würden in die Duschen gehen und sie sollten Schuhe, Kleider und falsche Zähne ablegen. Die Fremdenführer brachten uns dann in die eigentliche Kammer und schlugen mit einem furchterregenden Dröhnen die Tür hinter uns zu. Heute heißt es, in Dachau seien nie Häftlinge vergast worden, oder man hätte die Gaskammer nur wenige Male benutzt. Trotzdem wollte ich, dass Finnegans das alles sah, und ich wollte, dass sie auch die Öfen sah, wo die Wärter die Leichen der Erschossenen, Gehängten, Verhungerten oder bei medizinischen Experimenten Getöteten verbrannten. Max Mannheimer war Zeitzeuge. Ihn hatte man gezwungen, die Leichen derjenigen in Wagen zu laden, die in nahen Arbeitslagern umgekommen waren, und sie dann zu den Öfen von Dachau zu bringen.

Finnegan sah und hörte sich alles an. Dann gingen wir wieder nach draußen und blickten durch den Zaun auf nicht allzu weit entfernten Reihen ziegelgedeckter Häuser einer bürgerlichen Mittelschicht. Ich wollte, dass sie begriff, dass die Menschen, die in den 1930er und 1940er Jahren hier gewohnt hatten, gewusst haben mussten, was sich in diesem Lager abspielte. Sie wohnten so nah, dass sie das verbrannte Menschenfleisch buchstäblich gerochen haben mussten. Wie konnten sie nichts gewusst haben?

Ich wollte, dass Finnegan denselben instinktiven Schock verspürte, der mich in den langen Jahren meiner Karriere im öffentlichen Leben immer wieder angetrieben hatte. „Siehst du, Kleines“, meinte ich zu Finnegan, während wir durchs Tor hinausgingen und wieder in unsere eigene Zeit zurückkehrten. „Das kann wieder passieren. Und in anderen Teilen der Welt passiert es gerade jetzt. Deshalb muss man es laut aussprechen. Man darf nicht schweigen. Wer schweigt, macht sich zum Mittäter.“

Das schreibt Joe Biden in seinem Buch „Versprich es mir – Über Hoffnung am Rande des Abgrunds“. Joe Biden, der seine Rede am 20. Jänner 2021 enden ließ mit Truppen

May God bless America and may God protect our troops.

Joe Biden war acht Jahre lange Vizepräsident bis vier Jahre zuvor, und Gott beschützte auch in dieser Zeit nicht die, die des Schutzes bedürfen, auch in dieser Zeit beschützte Gott ohne Anflehungen durch Joe Biden our troops.

Joe Biden war kein Mittäter, er lief mit an der Seite seines Präsidenten. Er schwieg nicht, er sprach den Namen des Ortes aus, wo jene hingehören, die ebenfalls Segen und Schutz von ihrem Gott

Joe Biden, der Vater, der seinem Sohn den Vornamen gibt: Jäger … Wie selbstverständlich schließt sich fünf Jahrzehnte später zu diesem Vornamen das letzte Wort seiner ersten Rede als leader an: Truppen.

Joe Biden, der Großvater, wird seiner Enkelin den Vornamen Finnegan nicht gegeben haben. Eine schöne Vorstellung, sie hätte ihren Vornamen nach dem Werk Finnegans Wake von James Joyce von ihren Eltern erhalten, eine beklemmende, sie hätte diesen Vornamen nach seiner ursprünglichen Bedeutung erhalten, der und die Weiße

Aber um das alles geht es nicht.

Es geht nur um seine Beschreibung seiner Dachau-Besuche in seinem Buch „Promise, me Dad – A Year of Hope, Hardship, and Purpose“ …

Mit welcher Dankbarkeit diese Beschreibung wohl jene aufnehmen werden, die den Holocaust leugnen? Es darf nicht vergessen werden, welche berüchtigte Bedeutung gerade in der Holocaustleugnung die Gaskammer von Dachau einnimmt, um die Massenmorde im deutschen reich in ihrer Gesamtheit zu leugnen. Wie sie das in ihre Leugnungen einbauen werden, und sie dabei geschickt die Aussagen des jetzigen amerikanischen Präsidenten einsetzen werden. Nicht nur, aber vor allem die Passage mit „Heute heißt es …“ wird es ihnen antun. In Deutschland wurde ein „Volkslehrer“ verurteilt, um ein aktuelles Beispiel anzuführen, der eben genau und bewußt in Dachau den Holocaust leugnete, und es ist von den Leugnenden gesinnungsgemäß nur folgerichtig, nun auch auf den Demos zur Corona-Leugnung

Was aber hat zu bekümmern, das Menschen leugnen, was sie alles in ihren mit Kornblume und Enzian verzierten Lügenstrauß stecken, mag jetzt auch das von Joe Biden noch hineingeflochten werden, es ist ohne Belang, möge ihr Lügenstrauß in ihren Küchen mit dem Hergottswinkel blühen, draußen vor ihren Höfen ist ihr Strauß nicht einmal Unkraut, das gejätet werden muß.

Zu bekümmern aber hat diese Betroffenheitsfolklore, der auch Joe Biden erlegen ist, er sich ihr hingibt. Wie er das in seinem Dadbook als Granddad beschreibt, zu was Max Mannheimer gezwungen wurde. Die Leichen in den Wagen zu laden und zu den Öfen von Dachau zu bringen. Das Allgemeine ändert nichts, das Allgemeine verhindert nichts.

Das Konkrete hingegen … Wozu auch ein Max Mannheimer gezwungen war, Zwangsarbeiter BMW Dachau … Die Betroffenheitsfolklore des Großvaters hat für die Enkelin keinen Nutzen, gibt ihr nichts in die Hand, um ihren Teil beizutragen, daß das nicht wieder passieren kann.

Mit der Enkelin beispielsweise die „Tagesordnung“ zu lesen, statt sie im fernen Deutschland schocken, sie auf Instinkte reduzieren zu wollen, brächte ihr den handlungsfördernden Einblick, wie es funktionierte, daß das im deutschen reich passieren konnte, aber auch, wie es weiter und weiter funktioniert, was in der Welt jetzt passiert. Und dem Großvater selbst passierte es nicht noch einmal, daß er vor lauter Betroffenheitstränen nicht mehr sieht, was er schreibt. „Das kann wieder passieren. Und in anderen Teilen der Welt passiert es gerade jetzt.“ Mit klaren Augen würde er sich über diese gewagte Gleichsetzung zwischen dem, was im deutschen reich passierte, und dem, was gerade jetzt in der Welt passiert, in der Sekunde wohl sehr wundern, und diesen Satz sofort löschen. Mit klaren Augen würde er sich der Aufklärung über die Methoden, über die Technik, über das System widmen, die sich seit damals nicht geändert haben, die unabhängig von der jeweiligen Gesinnung weiter und weiter angewandt werden und nach wie vor funktionieren, nicht nur in anderen Teilen, sondern in der gesamten Welt