Baldwin will ihnen „Literaturnobelpreisträger“ sein, Canetti aber nur ein „Schriftsteller“

Es muß etwas Tiefgründiges, etwas Tiefsinniges sein, das Martin Schenk und der Radiosender „Österreich 1“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Österreichs verbreitet wissen wollen, daß James Baldwin „Literaturnobelpreisträger“ und Elias Canetti nur „Schriftsteller“ ist, während zwar beide Schrifsteller sind, aber nur Elias Canetti ein Literaturnobelpreisträger.

Diese Verkehrung muß einer Tiefgründigkeit, einer Tiefsinnigkeit geschuldet sein und nicht einem banalen Fehler. Denn. Sie, Martin Schenk, der Radiosender, Alexandra Mantler als Gestalterin der Sendung, blieben darüber nicht uninformiert. Einen Fehler hätten sie längst korrigieren können, sind doch seit dieser Verkehrung bereits zwei Wochen vergangen, ohne Berichtigung, daß ein Fehler unterlaufen ist, Elias Canetti der Schriftsteller mit dem Literaturnobelpreis und James Baldwin der Schriftsteller ohne Literaturnobelpreis ist.

Es muß eingestanden werden, heute am 9. Februar 2023, aus dem Beitrag von Martin Schenk und aus dem nach wie vor auf der Website von Ö1 seit zwei Wochen ohne Berichtigung veröffentlichten Beitragstext nicht die Tiefsinnigkeit, nicht die Tiefgründigkeit herauszulesen imstande zu sein, die eine solche Verkehrung der historischen Tatsache, daß Elias Canetti und nicht James Baldwin den Literaturnobelpreis bekam, nachvollziehbar machte.

So kann der Grund für ihre falsche Information nur gedeutet werden. Es könnte ihre Meinung sein, daß in der Vergangenheit an James Baldwin und an Elias Canetti ungerecht gehandelt wurde, es könnte daher ihre Meinung sein, daß sie in der Gegenwart James Baldwin Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen, sie die Ungerechtigkeit der Vergangenheit wiedergutzumachen haben, Elias Canetti ohnehin in der Vergangenheit genügend Gerechtigkeit zuteil wurde. Die hehre eigene Meinung höher steht als gesicherte Fakten.

Es kann aber auch banaler und dennoch ebenso abgründig sein, es war einfach ein Fehler, aber einen Fehler einzugestehen, und das ist inzwischen weit, sehr weit verbreitet, kommt nicht mehr in Frage, es wäre ein leidiges Eingeständnis der eigenen Fehlbarkeit, der Fehler der kein Fehler, sondern die eigene Meinung ist, eine Meinung im Dienste der hehren Gerechtigkeit, und nicht die Fakten schaffen Fakten, sondern das eigene Sichten der Welt und das daraus resultierende Eigenmeinen schaffen die Fakten, wie von allen die Welt zu sehen ist, wie die Welt der Vergangenheit in der Gegenwart zu sein hat, und in dieser ist eben James Baldwin der Literaturnobelpreisträger und Elias Canetti der Schriftsteller.

Von ihnen aber offengelassen, stellt sich eine Frage noch, ob für sie James Baldwin auch ein Schriftsteller ist, denn nicht jeder „Literaturnobelpreisträger“ ist zugleich ein „Schriftsteller“.