Ernst Fuchs zu Arno Breker: „Das waren die naiven Vorstellungen eines völlig säkularisierten Judentums.“

Ernst Fuchs: 33

Arno Breker: Wie das passierte, war ich in Rom. Und da hat mich Herr Liebermann angerufen. Herr Breker, Sie dürfen unter keinen Umständen wieder nach Paris, Sie müssen nach Berlin, zu retten, was zu retten ist. Der hatte von mir ganz große Vorstellungen.

Ernst Fuchs: Max Liebermann, der deutsche Impressionist, das war sozusagen der Doyen der Malerei in Deutschland.

Arno Breker: Ich war der einzige Künstler, deutsche Künstler, der mit ihm sprach.

Ernst Fuchs: Ja.

Arno Breker: Zu dem ging ja kein Mensch hin, auch Hofer nicht.

Ernst Fuchs: Ha!

Arno Breker: Bitte. So war das. Nicht.

Ernst Fuchs: Also war man so verfemt in Deutschland, wenn man Jude war?

Ernst Fuchs: Nach der Sitzung, nicht, der war so begeistert von mir, nach den Sitzungen haben wir Spaziergänge gemacht, im Tiergarten. Eines Tages kommt ein Regiment, SA marschiert, im Gleischritt und Tritt, ohne Gesang, nur marschieren. Und wie er das sieht, stützt er sich auf seinen Spazierstock, bis diese tausend Mann vorbei waren. Wie die vorbei waren, sagte er mir: Breker, ich will Ihnen eines sagen, da müssen Sie rin! Sie müssen Parteimann werden, um Einfluß zu gewinnen.

Ernst Fuchs: Das waren die naiven Vorstellungen

Arno Breker: Bitte?

Ernst Fuchs: Das waren die naiven Vorstellungen eines völlig säkularisierten Judentums.

Arno Breker: Ich habe dann, in Berlin, nur mit den Juden verkehrt, durch Liebermann.

Ernst Fuchs: Ja.

Arno Breker: Nicht. Und die waren hoch, also große Leute, Mendelssohn usw. usw. Bankiers, Richter usw. Und die haben überhaupt nicht erkannt, was da auf sie zukommt.

Ernst Fuchs: Also wie hättest Du als unpolitischer Mensch das eigentlich vorhersehen können, nicht. Das ist ganz unmöglich, ich glaube auch, daß das ganz unmöglich war.


Arno Breker: Also ich will Dir mal folgendes sagen. Ich habe mit ihm Krach bekommen. Die Leute, die etwas gewonnen hatten, bei der Olympiade, ich, zweiter Preis, da waren 42, mindestens, Münzentträger, Goldmünze und Silberträger und Bronzemedaille, nicht, und die lud er ein. In die Reichskanzlei.

Ernst Fuchs: Das waren Hitlers Gäste.

Arno Breker: Das war 36. Und Goebbels stellte uns vor. Ich war der letzte. da sagte er, das ist der Bildhauer Breker. Da sagte der Hitler zu mir, ja, Sie sind der Bildhauer, der nach der griechischen Antike arbeitet. Das war das Schimpfwort der Berliner Presse, die behauptete, ich wäre kein selbständiger Bildhauer, ich sei nur ein Kopist der Griechen, nicht. Dabei hatte ich, als ich den Wettbewerb gewann für das Stadion … da habe ich den anonymen Wettbewerb gewonnen, da hatte ich mit einem Schlage zwei große Aufträge.

Ernst Fuchs: Ja.

Arno Breker: Und ich war damals Rotarier und im Klub war auch der Leiter der Schule, der Reichssportschule, Diem hieß der … Ich brauche jetzt zwei der schönsten Menschen aus …

Ernst Fuchs: Ihrer Schule. Ja.

Arno Breker: Ihrer Schule. Da hat er mir den besten Zehnkämpfer gegeben,

Ernst Fuchs: Der jetzt da draußen steht.

Arno Breker: der war zwanzig Jahre alt.

Es gibt viele Hofers, gerade in Österreich wird das nur zu gut gewußt, aber Breker meint keinen Hofer aus Österreich, er wird, darf angenommen werden, Karl Hofer gemeint haben, und daß von ihm, Breker, hier Hofer erwähnt wird, gerade in diesem Zusammenhang, daß nicht mal Hofer zu ihm ging, zu Max Liebermann …

Erst 1927 ernannte der Magistrat Max Liebermann zum Ehrenbürger Berlins zu ernennen. Die Tatsache, dass sich Reichspräsident von Hindenburg ausgerechnet von Max Liebermann porträtieren ließ, führte zu wüsten Angriffen: „Neulich hat ein Hitler-Blatt geschrieben, es wäre unerhört, dass ein Jude den Reichspräsidenten Hindenburg malt. Über so etwas kann ich nur lachen, und ich bin überzeugt, Hindenburg lacht auch darüber. Ich bin doch nur ein Maler; was hat die Malerei mit dem Judentum
zu tun?“

Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

Arno Breker wird den Maler Karl Christian Ludwig Hofer gemeint haben, und das unmittelbare „Ha!“ von Ernst Fuchs, der nicht zu fragen brauchte, welchen Hofer Breker meint, wohl ein Ausruf, wenn auch ein Hofer nicht, der —