„Vielleicht stellen wir uns […] vor, inmitten irgendeiner künftigen Katastrophe würden wir auf Seiten der Retter sein. Doch wenn Staaten zerstört, lokale Institutionen korrumpiert und Marktanreize auf Mord ausgerichtet wären, würden sich nur wenige von uns anständig verhalten. Wir haben wenig Grund zu der Annahme, dass wir den Europäern der 1930er und 1940er Jahre moralisch überlegen oder weniger anfällig für Ideologien sind, wie Hitler sie so erfolgreich propagierte und umsetzte.“
Bei den aktuellen Berichten zu den Zuständen an den Grenzen fällt wie von selbst der von Zygmunt Bauman zitierte Timothy Snyder ein, auf welcher „Seite zu sein stellen wir uns vor inmitten einer Katastrophe“ …
Bei den aktuellen Berichten, wieder einmal aktuellen Berichten, etwa über jene, die ohne Auftrag, ohne Befehl bewaffnet an die Grenzen hetzen, um gegen Menschen zu kämpfen, und sich dabei „anständig“ wähnen im himmlerischen Verständnis, gegen Menschen zu kämpfen, die nicht zum Kämpfen an die Grenzen kommen, sondern …
Bei den aktuellen Berichten etwa über jene, die beispielsweise für kurz Minister gewesen sind, weiterhin treuen Gesinnungsknappen, die vom Warnschießen an den Grenzen sprechen, gegen Menschen, die nicht zum Schießen an die Grenzen kommen, sondern ….
Bei den aktuellen Berichten über jene, die von nichts anderem reden können, als von „Ansturm“, als ginge es um einen Krieg an den Grenzen, für sie von Menschen entfacht, die an die Grenzen kommen, aber die Menschen kommen nicht an die Grenzen, um zu stürmen, sondern …
Es gibt aber auch jene, die sich anders verhalten, die sich „anständig“ verhalten, „anständig“ nicht im himmlerischen Sinn, und sich etwa für eine Öffnung der Grenzen einsetzen, dafür auch auf die Straße gehen, zur Stunde nicht in Wien, aber beispielsweise in Berlin, in Brüssel.
Die Frage ist nur, werden es in der Gegenwart und in der Zukunft, beginnend mit den 20er Jahren, endlich genügend sein. Oder werden wieder zu viele auf keine Seite stehen, nicht auf der Seite der Retterinnen, nicht auf der Seite der Retter, sondern einfach wieder gewähren lassen, wieder alles mitverfolgen auf ihren Smartphones mit größter Anteilnahme für ihre Handys, jene, die vom Schießen reden, die vom Ansturm reden, jene, die sogar ohne Befehl an die Grenzen hetzen, um Menschen …
PS Bauman zitiert Snyder in seinem Buch „Retrotopia“. Ein Buch, kurz zusammengefaßt, das besonders in Österreich zu lesen vonnöten. Ein Kapitel etwa hat den Titel „Zurück in den Mutterleib“, wie passend zum stelzerischen Beharren auf die oberösterreichische Landeshymne; allerdings die Kapitelüberschrift muß ein wenig für dieses Land passender dazu gedacht werden: Nicht heraus aus dem Muaderleib.
PPS Wenn Sie einwenden wollen, ach wieder der Verweis auf die Zeit des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus, dann kann es darauf nur die Antwort geben, es ist kein Verweis auf diese schwarze austrofaschistische und nationalsozialistische Zeit, sondern das Einmahnen des Handelns im Sinne des zahlreichen Gedenkens an diese Zeit, auch von denen, die von nichts anderem eifern als von Ansturm, Schießen, Grenzsperrungen …
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