Es hat sechsundvierzig Jahre gebraucht, bis ein Bundeskanzler in Österreich, es hat beinahe ein halbes Jahrhundert gebraucht, bis ein österreichischer Bundeskanzler in einer offiziösen Rede im Parlament die Mitschuld von Österreicherinnen und Österreichern an den Massenverbrechen, an den Massenmorden des deutschen reiches einbekannte … freilich, daß ein Österreicher der Hauptschuldige daran war, daß ein zweiter Österreicher innerhalb von nur fünfundzwanzig Jahren auch zum Hauptschuldigen für den nächsten Weltkrieg wurde, davon sprach ’91 der Bundeskanzler nicht …
Wenn eines Tages, an einem 8. Mai vielleicht, ein Bundespräsident in Österreich in seiner offiziösen Rede endlich auch die zwei Wörter aussprechen wird, dann wird es keine historische Rede sein, sondern eine längst überfällige Rede. Bis diese zwei Wörter von einem österreichischen Bundespräsidenten oder von einem österreichischen Bundeskanzler gesprochen werden in einem sogenannten offiziellen Festakt, in einer sogenannten offiziellen Gedenkveranstaltung, werden wohl noch weitere fünfundzwanzig Jahre vergehen müssen. Auch wenn die Hoffnung zuerst enttäuscht, besonders in Österreich, auch mit einem Seitenblick auf die derzeitige Regierung, nebenbei gesagt, werden die zwei Wörter vielleicht schon in fünfzehn Jahren, in zwanzig Jahren ausgesprochen werden, wenn es in diesem Land eine Bundespräsidentin oder eine Bundeskanzlerin an einem 8. Mai die Rede zu halten haben wird, nicht eine Rede zum Gedenken, sondern eine Rede zum Handeln …
Die zwei Wörter:
Porajmos …
Während also Alexander Van der Bellen seine historische Rede hält, historisch dadurch, zwei Wörter nicht aussprechen zu können, marschieren die Frauen und Mannen der Partei, die für kurz eine diesmal von Alexander Van der Bellen angelobte Regierungspartei wieder war, zu ihrem Denkmal … Mit dabei auch der Mann, den die identitäre Fahne bestens kennt, während er die Fahnenträgerinnen gar nicht kennt, und wenn ein Mann in Österreich es so glaubhaft verkünden kann, die Fahnenträger nicht zu kennen, so ein Mann muß in Österreich einfach wie kurz belohnt werden, mit einem hohen Staatsposten …

Vielleicht sind es so einfach wie kurz nur Wissenslücken, die allein dafür verantwortlich sind, das zwei Wörter – Antiziganismus und Porajmos – den sogenannten Hohen und Höchsten im Staat zu keinem offiziellen Anlaß über die Lippen kommen? Vielleicht sind es so einfach wie kurz nur Wissenslücken, die die sogenannten Hohen und Höchsten im Land Wörter falsch verwenden lassen, wie zum Beispiel das Wort „Wiederaufbau“ …
Um diesem 8. Mai ’20 wurde auch über eine aktuelle Studie berichtet. Genauer. Am 9. Mai ’20 ist eine Presseaussendung von dem Nachrichtenmagazin „Profil“ zu lesen: „Schüler haben eklatante Wissenslücken zur NS-Zeit“ – 81 Prozent können ‚Antisemitismus‘ nicht definieren“ …
Vielleicht gibt es einmal eine solche Studie, in 46 oder 75 Jahren, eine Studie aber nicht nur zur NS-Zeit, sondern generell zur Zeitgeschichte, die auch das Wissen über die Zeit nach 1945 abfragt, das Wissen der sogenannten Hohen und Höchsten im Staat … wie würde wohl die Presseaussendung dazu lauten?
Vielleicht, dabei an die gegenwärtigen sogenannten Hohen und Höchsten Maß genommen …

Wien (OTS) – Das Nachrichtenmagazin berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über eine repräsentative Studie unter … zu deren Wissensstand über … Die Untersuchung offenbart eklatante Bildungslücken: … Prozent der schriftlich – und ohne Zeitlimit – befragten Schüler … entweder gar keine oder nur eine falsche Definition der Begriffe „Antiziganismus“, „Wiederaufbau“ nennen. Eine von vielen Antworten: „Gehört, aber keinen Plan.“
Dabei explizit im Regierungsprogramm.
Von dem Nachrichtenmagazin zur Studie befragt, verwiesen Schülerinnen und Schüler auf die umfassenden pädagogischen Bemühungen, etwa das Porajmos-Bildungsinstitut. Angesichts der dramatischen Ergebnisse kündigten Schüler aber an, sich dafür zu engagieren und einzusetzen, „dass für die Befragten dieser Studie sowohl in der Ausbildung als auch in der Fortbildung die Auseinandersetzung intensiviert werden muss“.
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