Kommentare für die Staatsanwältin

»Artfremdes Blut ist alles Blut, das nicht deutsches Blut noch dem deutschen Blut verwandt ist. Artfremden Blutes sind in Europa regelmäßig nur die Juden und Zigeuner.«

Das ist aus den „Kommentaren zur deutschen Rassengesetzgebung“ von Hans Globke und Wilhelm Stuckart.

Es ist nicht das erste Kapitel, in dem die Namen Globke und Stuckart … und es wird nicht das letzte Kapitel gewesen sein müssen, um …

Es geht um Anerkennung, weiter um Anerkennung, um eine Anerkennung, die den „Zigeunern“, wie auch das obige Zitat aufzeigt, nicht einmal von der nationalsozialistischen Totaldiktatur verweigert wurde, wenngleich eine Anerkennung der grauenvollsten Art, der massenmörderischen Weise, wenngleich die Gleichstellung von ihnen durch das deutsche reich zum Begehen der schlimmsten vorstellbaren Verbrechen durch das deutsche reich gegen die Menschlichkeit an ihnen allen.

Ein Präsident hätte vor wenigen Tagen eine große, eine entscheidende, für österreichische Verhältnisse so einfach wie kurz eine historische Rede halten können, ein kräftiges Zeichen einer repräsentativen Demokratie für eine liberale Demokratie setzen können, für die Anerkennung, aber seiner Bibliothek am Hof in Waidhofen an der Ybbs sind wohl dafür nicht die Bücher vorhanden …

Und nun ist aktuell zu lesen: „Historiker pochen auf Aberkennung von Ehrenzeichen an Nazi“, und es wird für die Aberkennung einiges von Globke angeführt, im Zusammenhang mit jüdischen Menschen, nichts aber im Zusammenhang mit den Menschen, die nach wie vor als „Zigeuner“ …

Es ist wohl höchst an der Zeit, daß Damen und Herren der Geschichtsschreibung sich um die Anerkennung, um die tatsächliche Aufarbeitung bemühen, und nicht um die Nebensächlichkeit einer Aberkennung eines „Ehrenzeichens“, im aktuellen Fall um die Aberkennung des „Ehrenzeichens“ der Republik Österreich an Globke. Zu diesem „Ehrenzeichen“ wird es wohl ein Schriftstück geben, das vor 64 Jahren an Globke übergeben wurde. Was wird aus einem Stück Papier nach 65 Jahren schon groß geworden sein, das breit nicht gekannt wird: es wird gelblich und bräunlich blaß geworden sein, um nicht zu schreiben: pißgelb und kotspurig.

Auszeichnungen sind Furunkeln und Karbunkeln als Trost im Alter, da diese als einzige nicht schmerzen. Und Hämorrhoiden, die früher oder später, so Billy Wilder, jedes Arschloch bekommt.

Das wäre eine Aufgabe für die Geschichtsschreibung, gerade in diesem Land, aus dem die kameradschaftliche Denkschrift zu den Verbechensgesetzen … besonders also in diesem Land die erste Aufgabe, sich für die Anerkennung zu engagieren, nicht um die Aberkennung eines pißgelben und kotspurigen Papiers, das seit Jahrzehnten in einem irgendeinem Archivkellerloch vermodert und wohl auch nicht mehr so rasch auffindbar ist, vielleicht erst nach ein paar Wochen durch intensivste Suche von einer beamteten Hundertschaft ein paar Fetzen, die noch mühsam zusammengeklebt werden müssen, um es als Verleihurkunde entziffern zu können.

Diese ausstehende Arbeit der Geschichtsschreibung in einer endlich breiten und umfassenden Art könnte vielleicht doch in absehbarer und endlicher Zeit dazu führen, daß ein Präsident im österreichischen Parlament eine entscheidende, eine wenigstens für Österreich historische Rede …

PS Was muß das für ein Jahr in Österreich gewesen sein? Das Jahr 1956. Das erste Jahr wieder allein, unter sich, in dieser österreichischen Freiheit. Globke bekommt das „Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“ und am Eingang Neulinggasse wird die „Familie“ von Margarete Hanusch aufgestellt – eine Figurengruppe wohl auch ganz nach dem Kunstgesinnungsgeschmack von Globke …

PPS Und hat er, Globke, nicht seine „Verdienste um die …“?

„Bei dem im März 1938 vollzogenen „Anschluss“ Österreichs musste Globke die Vertretung des Verfassungsreferenten übernehmen. […] So war Globke auch an der Ausarbeitung von Verordnungen im Zusammenhang mit der Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich beteiligt.“

Und lange davor die „Kommentare“ bereits ein juristisches Nachschlagewerk für die Oberstaatsanwaltschaft Wien …