In Zeiten der Corona gibt es ja lang nichts mehr zu lachen. Und zugleich ist alles bloß noch zum Lachen. Jedoch zu einem Lachen, das nicht vergessen läßt. Wie gut, daß für einen weiteren Ablenkungsversuch das Kirchentheater wenigstens noch seine Pforten weit geöffnet hat und einlädt zur Show in sein Innerstes.
Die Show läuft ab, wie jede Show in der Theaterkirche abläuft.

Rasch darauf erfolgt die Verkündigung der ersten Nummer. Der Conférencier zieht es in die Länge, er schmückt es aus, was gleich in der ersten Pantomime zu sehen. Er macht es spannend. Der Conférencier weiß, nicht alle im Publikum wissen Gestik, Mimik zu lesen, er übersetzt die Pantomime in Worte, er sieht sich als Pädagoge, er erzählt den Inhalt der Pantomime der Familie Kirche.
Freilich verrät er nicht alles. Daß etwa Frau Kirche in ihrer Doppelrolle gleich zu sehen ist: Mutter und Hure.
Herrn Kirche ist seine Frau Kirche nämlich Hure und Mutter. Als Hure muß sie es ihm ordentlich anrüchig besorgen, als Mutter hat sie ihn zu umsorgen, wie eine Mutter eben für ihr Kind zu sorgen hat. Für den Sohn ist Frau Kirche seine Mutter, aber, so tief eingedrungen ist in ihn bereits seines Vaters Welt, auch schon Hure. Wie Vater und Sohn Kirche Tochter und Schwester auf ihre zukünftige Rolle als Mutter und Hure vorbereiten, sie in diese einführen, das deutet der Conférencier bloß stumm, aber mit vielversprechenden Gesten an, wie es in der Pantomime gleich eindeutig lustig …
Der Conférencier verrät nicht alles seinem Publikum, auch deshalb, um nach der ersten Nummer, nach der aufgeführten Pantomime, noch etwas zu erzählen zu haben, so etwas von der Moral der mit Purzelbäumen abtretenden Familie …
Ich gehe von einer ganz einfachen Beobachtung aus: Viele Mütter segnen ihre Kinder. Meine Mutter macht es immer noch bis heute. Ich gehe nicht weg von Zuhause, ohne dass sie mich segnet. Eine Mutter wird den Segen nicht verweigern, auch nicht, wenn ihr Sohn oder ihre Tochter Lebensprobleme hat. Im Gegenteil. Und genauso ist es in dem Fall dieses Leserbriefes, wenn der Sohn sich outet, dass er gleichgeschlechtlich empfindet und auch gleichgeschlechtlich liebt. Die Eltern werden, gerade wenn sie gläubig sind, diesem Kind, diesem Sohn oder dieser Tochter doch nicht den Segen verweigern.
Ich war nicht glücklich über diese Erklärung der Glaubenskongregation. Und zwar aus dem einfachen Grund: Die Botschaft, die medial rübergekommen ist in der ganzen Welt, war nur ein ‚Nein‘. Und zwar ein ‚Nein‘ zum Segen; und das ist etwas, was viele Menschen zuinnerst verletzt, als würden sie spüren und sagen: ‚Mutter, hast du keinen Segen für mich? Ich bin doch auch dein Kind.‘
Die Kirche ist, wie man traditionellerweise sagt, Mater et Magistra, Mutter und Lehrerin. Sie muss lehren, aber sie ist zuerst Mutter. Und viele gleichgeschlechtlich Empfindende und Lebende sind gerade in dieser Frage besonders sensibel: ‚Ist uns die Kirche Mutter?‘ Und sie bleiben Kinder Gottes. Und sie wollen auch die Kirche als Mutter sehen und deshalb hat diese Erklärung viele so besonders schmerzlich getroffen, weil sie das Empfinden haben, sie werden von der Kirche abgelehnt.
Dass hinter dem Anliegen dieser römischen Erklärung auch ein positives Anliegen gefunden werden kann, ist überhaupt nicht rübergekommen.
Nämlich die hohe Wertschätzung der sakramentalen Ehe, die in der heutigen Welt fast schon eine Seltenheit geworden ist. Die aber etwas Großes und Heiliges ist, der Bund von einem Mann und einer Frau. Ein Bund fürs Leben, vor Gott versprochen und geschlossen, der dann auch zu Kindern führen kann, die als Geschenk Gottes empfunden werden.
Deshalb ist das berechtigte Anliegen der Glaubenskongregation, dass durch eine Segnungsfeier nicht der Eindruck entsteht, dass hier eine sakramentale Ehe geschlossen wird.
Aber dieses „Ja“ zur Familie muss man nicht in einem „Nein“ zu allen anderen Formen sagen. Die Kirche hat sich längst daran gewöhnt – es war ein schmerzlicher, lange Prozess -, dass sie nicht die einzige Stimme ist, die über Partnerschaften ein Wort zu sagen hat. Seit dem 19. Jahrhundert hat der Staat die Souveränität der Kirche über die Ehe zurückgenommen, und es ist für uns selbstverständlich – auch für die Kirche -, dass man sich zuerst zivil verheiratet, ehe man kirchlich heiratet. Und trotzdem ist das staatliche Verständnis von Ehe als einem Vertrag etwas wesentlich anderes als das Verständnis der sakramentalen Ehe. Damit leben wir längst.
Die Frage, ob man gleichgeschlechtliche Paare segnen kann, gehört in die gleiche Kategorie wie die Frage, ob dies bei Wiederverheirateten oder Partnerschaften ohne Trauschein möglich ist. Und hier ist meine Antwort relativ einfach:
Wenn die Bitte um den Segen keine Show ist, also nicht nur eine Art Krönung von einem äußerlichen Ritual, wenn die Bitte um den Segen ehrlich ist, es wirklich die Bitte um den Segen Gottes für einen Lebensweg ist, den zwei Menschen, in welcher Situation auch immer, zu gehen versuchen, dann wird man ihnen diesen Segen nicht verweigern.
Auch wenn ich als Priester oder Bischof sagen muss: ‚Das ganze Ideal habt ihr nicht verwirklicht. Aber es ist wichtig, dass ihr euren Weg auf der Basis menschlicher Tugenden lebt, ohne die es keine gelungene Partnerschaft gibt.‘ Und das verdient einen Segen. Ob die richtige Ausdrucksform dafür eine kirchliche Segnungsfeier ist – darüber muss man gut nachdenken.
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