Eine Überschrift für ein Kapitel zu finden, ist nicht immer leicht. Es geht in diesem Kapitel um einen Spruch auf einer Hausmauer in Wien. In riesengroßen Buchstaben. Ein Spruch, wie ein Befehl. Der die Menschen von oben herab herrisch anschreit: „Es gibt nur einen Adel, den Adel der Arbeit“ … ein Spruch aus der Tiefe der Vergangenheit.
Und so ist diesmal eine Überschrift einfach mit den Namen der Menschen, die mit diesem Spruch etwas zu tun haben, die sich mit diesem Spruch beschäftigt haben, leicht zu finden, kann mit ihnen doch Gegenwart und Vergangenheit verbunden werden.
Anna Goldenberg, am 31. März 2021:
Ganz leicht zu erkennen sind sie nicht, die drei auf dem Relief auf dem Haus Ecke Operngasse und Faulmanngasse. „Es gibt nur einen Adel / den Adel der Arbeit“, prangt darunter. Fertiggestellt 1939, das Zitat dazu stammt von Adolf Hitler. Der Verweis auf Hitler wurde in den Nachkriegsjahren entfernt, der Rest gelassen. Einmal mehr zeigt sich, wie sichtbar und unsichtbar zugleich die Spuren von Nationalsozialismus und Austrofaschismus in Wien noch sind. Den Bau des Hauses trieb nämlich der Assanierungsfonds voran, eine Einrichtung des ständestaatlichen Wien, die ab 1934 privaten Wohnbau förderte und die Gemeindebautätigkeit des Roten Wien ersetzen sollte. Wie viele TU-Studenten und Naschmarkt-Besucher das Relief wohl für eine harmlose Arbeitsermunterung hielten?
Sie wählt für ihren Artikel die Überschrift: „Ein Hitler-Zitat, das 76 Jahre nicht auffiel“. Das klingt zwar reißerisch, aber es entspricht der Wahrheit und nicht der historischen Wahrheit. Es fiel auf. Und zu meinen, der Spruch wäre von Hitler – der Spruch ist nicht von Adolf Hitler. Auch bei diesem Spruch läßt es sich wieder einmal feststellen, wie äußerst wenig er und seine Gesinnungsmordgemeinschaft Eigenständiges hervorbrachten, bis auf Auschwitz, sonst aber zusammengetragen, was zum Zusammentragen nur war, von überall gestohlen, wo nur gestohlen werden konnte.
Sie fragt, ob dieser Spruch wohl für eine harmlose Arbeitsermunterung – „Es gibt nur einen Adel, den Adel der Arbeit“ ist nie eine harmlose Arbeitsermunterung gewesen, nicht deshalb, weil es Adolf Hitler sagte, wie Anna Goldenberg in ihrer Fixierung auf die Vergangenheit, die auch für sie beim Nationalsozialismus endet, oberflächlich meint, sondern es so etwas wie die schriftliche Flagge Österreichs ist. Seit 76 Jahren hat in Österreich nichts einen höheren Stellenwert als die Arbeit. Und wer nicht unter dieser Fahne marschiert, ist …
Rudolf Taschner, am 2. Juli 2014
„Es gibt nur einen Adel: den Adel der Arbeit“, prangt in stämmiger Fraktur gesetzt unter einem im Stil des sozialistischen Realismus entworfenen Flachrelief an einem Wiener Haus in der Operngasse, das wohl knapp nach dem Weltkrieg errichtet wurde. Was meinten die Verkünder dieser Parole unter dem „Adel der Arbeit“? Es war das Wort Adel, an dem sie sich orientierten.
Der für die türkis getupfte christschwarze Partei im Parlament Sitzende meint, das Haus wäre knapp nach dem Weltkrieg errichtet worden. Er kann mit diesem Weltkrieg nur den von 1939 bis 1945 meinen. Denn knapp nach dem Weltkrieg von 1914 bis 1918 wurde das Haus nicht errichtet, sondern zwischen 1937 und 1939, seine Fertigstellung also 21 Jahre nach dem Krieg von 1914 bis 1918. Das heißt, Taschner meint, das Haus sei unter einer sozialdemokratischen Stadtregierung errichtet worden. Und als kunstsinniger Für-Kurz-Abgeordneter, der im Parlament mit lateinischen Sprüchen wie ein Pedell mit seinen Wurstsemmeln aufwartet, erkennt er sofort den Stil: „sozialistischer Realismus“. Was für ein anderer Stil käme für Relief und Spruch auch in Frage in einer Stadt mit einer sozialistischen Regierung als ein sozialistischer Realismus?

Rudolf Burger, 13. August 2014
Rudolf Burger meldete sich nicht selbst zu Wort. Er machte Rudolf Taschner aufmerksam, der im letzten Teil seiner sechsteiligen Serie „und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen“ …
Es gibt nur einen Adel: den der Arbeit“, war das Wort, mit dem diese Artikelserie begann. Ich wusste es nicht, aber Rudolf Burger hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Wort von einem schwülstig verkündet wurde, der selbst arbeitsscheu wie kaum ein anderer war: Adolf Hitler. In Wahrheit hat Hitler dieses Wort gestohlen: von Alfred Krupp. Wenn das Wort bedeuten soll, man möge in der Arbeit – für Hitler: an der „Volksgemeinschaft“ – aufgehen, wäre dies eine Apotheose der Arbeit, eine Vernichtung der Individualität, eine Abkehr von der Aufklärung.
Anna Goldenberg wird Rudolf Burger, darf angenommen werden, nicht kennen. Denn. Als er „wohl bedeutendster Philosoph Österreichs“ war, wie ihn der bedeutendste Journalist Österreichs einst bezeichnete, war sie eine Jugendliche, also zu der Zeit, in der Wolfgang Schüssel Bundeskanzler war, so wie in der Zeit, als Sebastian Kurz Bundeskanzler war, um von seiner Bedeutung eine Vorstellung zu vermitteln, Konrad Paul Liessmann der …
Mit reichlich Verspätung nimmt sich die Politik der Sache an. Mitte März einigten sich im Wiedner Bezirksparlament SPÖ, Grüne und Links auf einen Antrag an die Kulturstadträtin. Sie solle ein Projekt zur Kontextualisierung initiieren. Der Hauseigentümer, die Hallmann Holding, ist gesprächsbereit.
„Mit reichlich Verspätung nimmt sich die Politik der Sache an.“ Schreibt Anna Goldenberg. Es ist aufgefallen, das mit dem Spruch. Und lang, sehr lang ist das her. Die Politik? Parteien auf Bezirksebene nehmen sich nun der Sache an …
Rudolf Taschner sitzt seit dem Jahr 2017 im österreichischen Parlament … Das, was ihm Burger flüsterte, schrieb er in einer Tageszeitung, die gelesen wird von der sogenannten Staatsspitze bis hinunter zu den wohl bedeutendsten …
„Der Hauseigentümer“, schreibt Anna Goldenberg, „ist gesprächsbereit“. Ob die Mieter dieses Hauses in der Operngasse 24 auch gefragt müssen werden? Eine Mieterin oder Eigentümerin von Firmenräumlichkeiten in diesem Haus ist die ÖBB Rail Equipment GmbH & Co KG, der könnte es vielleicht doch ein wenig unangenehm sein, plötzlich unter einem Dach mit einem kontextualisierten Spruch …
Krupp
Der Spruch ist von Alfred Krupp, nur ungenau zitiert von Adolf Hitler.
Und das, ist zu erwarten, wird in die „Kontextualisierung“ nicht aufgenommen werden. Dabei ist dies das Wesentliche, aus welcher Ecke dieser Spruch tatsächlich stammt, die von der tiefsten Vergangenheit, als Adolf Hitler noch gar nicht geboren war, bis herauf in die Gegenwart die Tagesordnung bestimmt, die Agenda schreibt …
Und wenn diese Ecke gefragt werden würde, ob sie dieses Projekt der Kontextualisierung finanziell unterstützen würden, ach, gerne würde diese Ecke das machen, finden sie es doch auch furchtbar schrecklich, was da geschah, mit Hitler, das muß zu dem „sozialistischen Relief“ unbedingt hinzugeschrieben werden, sein Name als Spruchtäter ganz groß, und darunter oder noch besser darüber mit größtem Dank die Namen der aus der Ecke, die durch ihre so großzügigen Zuwendungen die Realisierung der Kontextualisierung ganz in ihrem Sinne …

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