Wir haben im Parlament eine Ausstellung, im Zentrum der Bibliothek, wo wir uns mit diesem Thema des Antijudaismus, das ist ja eine Geschichte durch zweitausend Jahre, und Antisemitismus auseinandersetzen. Es geht darum zu erklären und auch zu dokumentieren, und da sind auch die Aussagen von Lueger, Bürgermeister Lueger, immer wieder enthalten, aber auch viele andere. Ich glaube, ich bin mit Oskar Deutsch in vielem einverstanden, insbesondere was sein Shoah-Zentrum betrifft. Weil Wien wirklich keines hat und das mehr wie notwendig ist. Aber es ist, glaube ich, kein Weg, daß wir einfach die Geschichte streichen. Es ist wesentlich, daß wir dieses Denkmal konnotieren, da gibt es auch Vorschläge dazu, daß man das ganz klar […] Ich halte nichts, von der cancel culture, das ist kein Weg, damit Geschichtsklitterung zu betreiben. […] Auf der anderen Seite hat Lueger auch für diese Stadt viel getan, das heißt für die Entwicklung Wiens, des modernen Wiens […] eine sehr ambivalente Haltung, aber an seiner antisemitischen Haltung gibt’s nicht zu rütteln und ist zutiefst, auch aus unserem Standpunkt her, abzulehnen.
An wen hat der Herr Präsident wohl gedacht, als er sagte, es seien Aussagen auch von vielen anderen … wenn er bald darauf das Zeitwort „streichen“ verwendet, daß es kein Weg sei, die Geschichte zu „streichen“, darf vermutet werden, es könnte ihm der „österreichische Streicher“ eingefallen sein, vielleicht auch nicht, aber der „österreichische Streicher“ wird ihn ungewollt zum Streichen …
Das sagte der Herr Präsident in „Hohes Haus“ am 19. März ’23, als er befragt wurde, ob er das auch so sehe, daß das am Karl-Lueger-Platz weg gehöre, entsorgt gehöre, „das Denkmal, ein Denkmal eines …“
Vor ein paar Jahren war der Herr Präsident noch eifrig im werbenden Gedenken für den „österreichischen Streicher“ Plaketten mit seinem Namen zu verteilen. 2017. Dann ist in Österreich, einfach wie kurz gesagt, etwas passiert, das offensichtlich es notwendig machte, opportun gegen Antisemitismus … wie im Kapitel „Wolfgang Sobotka opfert für die christschwarz-identitäre Regierung in Österreich […] auf dem Margarinealtar des Scheins“, das mit diesem Zitat endet:

Ein Satz, der seine Gültigkeit nach wie vor nicht verloren hat, seine Gültigkeit in Österreich stets aufs Neue bekräftigt wird, wie in diesem März ’23 wieder zu erleben ist …
Der Herr Präsident spricht von der „ambivalenten Haltung“ nicht des „österreichischen Streichers“, sondern seines Herrn Bürgermeisters Lueger. Von dem „ambivalenten Herrn“, also von dem „ambivalenten österreichischen Streicher“, und der Herr Präsident wird das ein Wochenende zuvor wohl gelesen haben, schreibt die Tageszeitung des österreichischen Qualitätsstandards am 13. März 2023.
ÖVP-Ikone, aber auch Antisemit: Der ambivalente Herr Kunschak
Vor 70 Jahren starb der christlich-soziale Politiker Leopold Kunschak. Der vom Staat Hochgeehrte setzte sich vehement für den Erhalt der Demokratie ein – aber blieb unbelehrbarer Antisemit
Kunschak befeuerte den Personenkult um seinen antisemitischen Ziehvater Lueger mit der Errichtung des Denkmals zu Ehren des Bürgermeisters auf dem gleichnamigen Platz. Bei dessen Einweihung 1926 hielt Kunschak die feierliche Ansprache. „Erbe des Luegergeistes!“, wurde er später in einer Festschrift tituliert: „Kein Wort könnte Leopold Kunschak besser kennzeichnen.“
Wir Christlichsoziale von Wien und von ganz Oesterreich werden ihm folgen und wenn er uns das Erbe Lueger auslegt und neu vor Augen stellt, dann werden wir wissen, wir handeln im Geiste des großen Mannes, der im Denkmal auf dich, lieber Kunschak und auf uns alle herabsieht. Stimmen Sie ein mit mir in den Ruf: „Kunschak der Erbe des Luegergeistes, er lebe hoch! hoch! hoch! (Begeisterte Hochrufe.)
„handeln im Geiste des großen Mannes“ haben, also im „Geiste des ambivalenten Herrn Kunschak“, aufgerufen dazu, sich zu radikalisieren, vom Prälaten …
Der „Luegergeist“ in Totenstein gebannt, lebendig der Kunschakgeist, bis —
Ein Wochenende später, am 19. März, sagt der Herr Präsident auch dies, als er zum Simon-Wiesenthal-Preis befragt wird:
Er bringt Menschen oder Gruppen, Organisationen vor den Vorhang, die aus ihrem inneren Antrieb, den Antisemitismus bekämpfen, egal wo er auftritt. Das ist eine zutiefst bewundernswerte Haltung und ist für das Parlament ganz wichtig, da wir wissen, daß Antisemitismus antidemokratisch ist. Und da reicht es nicht nur mit dem Gesetz dagegen zu arbeiten, mit Aufklärung dagegen zu arbeiten. Da brauchen wir viele Leute, die aus der Mitte der Gesellschaft, weil auch dort der Antisemitismus verankert ist, dagegen aufstehen.
Konnte also Herr Kunschak, wie die Tageszeitung des österreichischen Qualitätsstandards schreibt, „sich vehement für den Erhalt der Demokratie“ — „Als ‚Staatsrat‘ unterstützte er die ‚durch seinen Märtyrertod geheiligten Ziele‘ von Dollfuß“ –, einsetzen, wenn, wie der Herr Präsident sagt, „Antisemitismus antidemokratisch“ —
Und von welcher Demokratie wird überhaupt gesprochen, wenn von Demokratie gesprochen wird? Von jener Demokratie, von der auch Nationalsozialistinnen sprachen, mit der sich Nationalsozialisten prüsteten: „Bei uns herrscht die wahre Demokratie.“? Von der des Mannes Demokratie zwischen 1934 und 1938 in Österreich?
Ist es nicht geradezu beschämend, daß man es heute nur wagt, die Erinnerung an Dollfuß durch Grabbesuche zu pflegen, aber darüber hinaus nicht den Mut besitzt, auch die Idee, die dem autoritären Regime vorschwebte, zu studieren und manchens wieder zu bekennen. War sie reaktionär oder faschistisch? Keines von beiden, eine sehr reale zukunftsträchtige Idee, die zutiefst soziale und demokratische Elemente in sich birgt.
„Zutiefst“ – ein Wort, das von Herrn Präsidenten in diesem kurzen Interview nicht nur einmal verwendet wird — „zutiefst soziale und demokratische Elemente“ …
„Zutiefst demokratische Elemente …“, Das ist zitiert aus
“Der Freiheitskämpfer – Organ der Kämpfer für Österreichs Freiheit“, Nr. 7/8, Juli/August 1954. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: „ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und „Bund österreichischer Freiheitskämpfer“. Redaktion und verantwortlich: Franz Kittel. Alle Wien I., Falkestraße 3
„Zutiefst soziale Elemente birgt in sich“ seit dem „ambivalenten Herrn Kunschak“ weiterhin die Parteipolitik seiner Partei bis heute in die Zukunft hinein, hatte er, der „ambivalente Herr“, für Menschen einen Rat, was sie essen sollen, wenn es sich nicht mehr ausgeht, so hat der zurzeitige Obmann seiner Partei für die Menschen noch keinen Rat geäußert, was sie essen sollen, wenn es sich nicht mehr ausgeht, aber es kann durchaus sein, daß der zurzeitige Obmann auch noch auf diesen zutiefst bewährten traditionellen Rat aus der geschichtlichen Tiefe seiner Partei zurückkommt und den Menschen ebenfalls noch raten wird, vielleicht wieder in einer dafür eigenen Rede, was sie essen sollen, wenn es sich alles nicht mehr ausgeht, das Bezahlen der Miete und und und …
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.