Vor 65 Jahren trug Erich Kästner zu seinem 60. Geburtstag, der vor 125 Jahren geboren und vor 50 Jahren verstarb, in einer Rundfunksendung selbst sein Gedicht „Die Maulwürfe oder Euer Wille geschehe“ vor.
Erich Kästner trägt somit Jahrzehnte später zu einer Aufregung in Österreich bei, zu einer Aufregung, weil gemeint wird, die patriotische Parlamentspartei hätte nicht Erich Kästner zitiert, sondern die Bibel.
Die Bibel hat die gebirgsjägerisch geführte Partei nicht plakatiert. Ein Zitat ist, wie allgemein bekannt, eine wörtliche Wiedergabe, und stets in Anführungszeichen.
Die parlamentarische Festungspartei hat also Erich Kästner zitiert, ohne ihn zu nennen, ohne Anführungszeichen, damit ein Plagiat, einen Diebstahl als Werbung für sich plakatiert.
Erich Kästner zu plakatieren, meinen Sie, könne doch nicht eine eine derartige Aufregung verursachen. Doch. Es muß bloß der Wille zu einer Aufregung stark genug sein. Dann geschieht die Aufregung wie von selbst. Es muß nur verbreitet werden, diese Partei habe etwas aus der Bibel zitiert. Verdrängt, verschwiegen muß dabei bloß werden, daß es genauso Erich Kästner schrieb: „Euer Wille geschehe“. Dafür muß nur laut in die Aufregung gedrängt werden, diese Partei habe sich am Glauben vergangen, einen Spruch plakatiert, der wörtlich lautet: „Dein Wille geschehe“ — „Dein Wille geschehe – Die schönsten islamischen Gebete“ von Schimmel Annemarie, 5. Auflage 2004, Spohr, Kandern im Schwarzwald.

Und schon ist die perfekte Aufregung in Gang gesetzt, der Marschbefehl erteilt und befolgt.
Der Satz „Euer Wille geschehe“ spiele mit einem Zitat aus der Bibel, „und noch dazu mit dem wichtigsten Gebet, das Christinnen und Christen kennen“, sagte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, am Donnerstag im Interview mit Kathpress: „Leider kommt so etwas im wirtschaftlichen und politischen Marketing immer wieder vor. Wer das tut, dem muss bewusst sein, dass er mit etwas spielt, das Menschen heilig ist, und damit diesen Menschen nicht die Wertschätzung entgegenbringt, die sie verdienen.“
Es wird Peter Schipka wohl seine Lehre daraus gezogen haben, aus seinem traumatischen Erlebnis, keine Wertschätzung zu erfahren, als ein für kurz gewesener Bundeskanzler für den Termin mit Peter Schipka den Auftrag gab: „Ja, super. Bitte Vollgas geben.“ Seine Lehre wohl daraus, fortan hellhörig zu sein, was immer gesagt oder geschrieben wird.
Noch schwerere Geschütze fuhr die Wiener Theologin Regina Polak in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Furche“ auf. Wenn die FPÖ Slogans in Anlehnung an das Vaterunser-Gebet plakatiert, sei das, so Polak, „die zynisch-spottende, nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen“. Das Plakat sei deshalb nicht „nur“ Blasphemie, sondern Ausdruck einer „postmodernen Dämonie“. Blasphemie lästere zwar, anerkenne aber immer noch die Wirklichkeit Gottes. „Eine Dämonie anerkennt nur mehr irdische Macht und leugnet faktisch die Existenz Gottes, ungeachtet dessen, was öffentlich verkündet wird“, so die Leiterin des Instituts für Praktische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Postmodern sei sie zudem, „weil sie keinen wie immer gearteten Anspruch auf Wahrheit anerkennt und alles für Eigeninteressen interpretiert und benützt“.
Regina Polak weiß viel über zynisch-spottende Ankündigungen, weiß viel über Demokratie, weiß genau, wer zu herrschen hat … „Dein Wille geschehe!“: Der erste Satz im Pflichtenheft einer jedweden Diktatur. „Dein Wille geschehe!“: Der erste Satz des Schwurs auf jedwede Diktatur.
Zulehner indes nahm den weiteren Plakat-Slogan „Dein Herz sagt Ja“ zum Anlass, nach dem Verstand zu fragen: „Es geht immer nur um Emotionen“ – dabei brauche Demokratie und eine reife Wahlentscheidung „politische Nachdenklichkeit“. Dass der FP-Obmann offenbar an einem „eigenen Kickl-Vaterunser“ arbeite, zeuge indes von einem „Missbrauch der Religion eigener Art“.
Für das Bündnis Demokratie und Respekt sind Christentum und Rechtsextremismus nicht vereinbar. Die FPÖ sei deshalb „unwählbar“, hieß es bei einem Medientermin am Donnerstag im Cafe Landtmann in Wien. Ökonom und Bündnissprecher Stephan Schulmeister sagte: „Beide Weltanschauungen widersprechen sich fundamental.“ Besorgt stimmte ihn die Verwendung christlicher Begriffe auf FPÖ-Plakaten. Parteichef Kickl habe sich zuletzt „verändert“, so Schulmeister. Schulmeister zitierte eine Erklärung der deutschen Bischofskonferenz, wonach völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar seien. Universelle Menschenrechte würden etwa von Rechten abgelehnt. Ähnliche Widersprüche erkennt das Bündnis auch bei der Haltung zur Klimakrise, zur EU und zu Frauenrechten. Die Kirche sei zwar „keine Vorfeldorganisation des Feminismus“, bemerkte Schulmeister, der Grundsatz der Gleichheit werde aber dennoch hochgehalten.
Oh, und wie „der Grundsatz der Gleichheit dennoch hochgehalten werde“, geradeso,
als hätte ein Gottesmann das Gleichbehandlungsgesetz vom Berge herunter zu den Menschen …

„Völkischer Nationalismus und Christentum“ sei unvereinbar, zitiert die Schulmeister die Erklärung der deutschen Bischofskonferenz, von dieser auf ihrer Vollversammlung am 22. Februar 2024. Aus Österreich kann er dergleichen nicht zitieren. Wie auch. In diesem Land der Vereinbarkeit von allem mit seinem reichen Erbe des christlichen volkskanzlerischen Nationalen …
Heftige Kritik kam am auch von Abt Pius Maurer vom Stift Lilienfeld. Den zentralen Satz „Dein Wille geschehe“ aus dem Vater Unser leicht verändert („Euer Wille geschehe“) für politische Wahlwerbung zu nützen, halte er für „geschmacklos“, so Maurer. Die christliche Religion sei grundsätzlich friedlich, dennoch sollte sie sich nicht alles gefallen lassen müssen wie etwa „die taktlose Benützung eines Gebets- und Bibelzitates für Parteipropaganda“.
Die christliche Religion sei grundsätzlich friedlich, so friedlich, wie diese vom Grundsatz her die Gleichheit hochhalte … Ob Pius Maurer ab und an auch für seinen vor langer Zeit verstorbenen Zisterzienserbruder betet, ihn in seine Fürbitten einschließt, der viel geschrieben, Fahnen aufzog, viele Vorarbeiten leistete für seine Gesinnungsbrüder bis zum Heute herauf?
Die frühere evangelische Pfarrerin und Gründerin von „Omas gegen Rechts“, Monika Salzer, sprach von „Vernunft und Wahrung von Werten“ in den Kirchen. Kräfte wie die FPÖ würden hingegen den „gesellschaftlichen Frieden infrage stellen“. Salzer: „Kickl will die Verfassung aushebeln.“
Was der Festungskommandant für seine Machtträume an Verfassung braucht, hat er bereits mit dieser
Verfassung, die eine „Zeitbombe“ für solch gesinnungsgemäß zugerichtete Menschen ist —
Die Arbeit des Aushebelns der Verfassung wurde für solche Gesinnungen unter christlicher Patronanz vor Jahrzehnten bereits erledigt.
Sehr nachdenklich zeigte sich der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, in einem Kommentar in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“: „Was macht man da als Christ? Soll man sich freuen, dass die Volkssouveränität mit einer verfremdeten Zeile aus dem Vaterunser gewürdigt wird? Oder soll man Diabolisches vermuten – weil der Teufel ja gerne die guten Dinge durch kleine Verschiebungen, die ganz unschuldig daherkommen, auf den Kopf stellt? Hier hätte er ja nur ein besitzanzeigendes Fürwort von der Einzahl in die Mehrzahl gehoben.“ Es gäbe da in der Tat viel Nachdenkstoff. Zum Beispiel auch, ob die FPÖ mit „Euch“ das Volk, die Mehrheit oder die frustrierte Masse ermächtigen wolle. „Oder ob das Vaterunser nicht irgendwie denkmalgeschützt sein sollte. Oder ob es doch irgendwie nett ist, dass die Partei, der doch die ganze Literaturgeschichte offengestanden wäre, gerade zum christlichen Erbe greift, noch dazu einmal ohne erkennbare Absicht, damit irgendjemandem anderen wehtun zu wollen.“
Teufelvater des Sohnes, dem gelehrt, das Schwert zu bringen,
dem befohlen, das Schwert zu bringen,
vereidigt auf des Vaters Willen, das Schwert zu bringen
und nicht den Frieden, und nicht den Frieden.
„Vater… denkmalgeschützt sein sollte“ — Prüller … denkmalgeschützt wie der einstige christliche Landesvater zu Wien …
Und es zeigt sich auch hier wieder, das recht große christliche Herz, bereit, zu vergeben, bereit zu vergessen, für sie einzutreten, bereit sie aufzunehmen, jene die „nett gerade zum christlichen Erbe, noch dazu einmal ohne erkennbare Absicht, damit irgendjemandem anderen wehtun zu wollen“ …
Wie recht doch Michael Prüller hat, es wäre doch dieser Partei die ganze Literaturgeschichte offengestanden, für ein zu plakatierendes Zitat.
Und es steht ihr auch die ganze Literaturgeschichte offen,
von der sie reichlich Gebrauch macht,
für die Lyrik die Freude, durch die sie Kraft …
Bei Hölderlin sah diese von Bildung ganz und gar durchdrungene Partei die Notwendigkeit, seinen Namen doch hinzuschreiben, wenn sie ihn zitiert:
Bei Kästner, der doch noch sehr gegenwärtig ist, vertraute sie wohl darauf, daß die Menschen beim Lesen von „Euer Wille geschehe“ sogleich ausrufen: Kästner!
Vor bald 60 Jahren durfte Erich Kästner noch persönlich erleben, was in diesen letzten Augusttagen 2024 so heftig und aufgeregt beschworen wird: die „Unvereinbarkeit von Christentum und […]“
»Am Erntedanksonntag des Jahres 1965 brannten am Rhein wieder einmal Bücher. Der evangelische »Jugendbund für Entschiedenes Christentum« warf beim Gesang frommer Lieder »Schundhefte« sowie Werke von Kästner, Grass, Camus, Sagan und Nabokov ins Feuer. Das Ordnungsamt hatte die Aktion offiziell genehmigt. Der CVJM sah in ihr einen »Akt der Notwehr«.

Für solch einen Erntedank werden auch rechte Materialien gebraucht, und es werden immer welche gefunden, so etwa wie 2016 für den Erntedankgottesdienst mit dem biblischen und koranischen „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“ …
Nun aber genug, von dieser Aufregung im Wettstreit um Wahrheit, Lüge und Propaganda. Es soll das Gedicht von Erich Kästner, das er vor 65 Jahren an seinem 60. Geburtstag rezitierte, als das Wesentliche dieses Kapitels zitiert sein.
Die Maulwürfe oder Euer Wille geschehe
I
Als sie, krank von den letzten Kriegen,
tief in die Erde hinunterstiegen,
in die Kellerstädte, die drunten liegen,
war noch keinem der Völker klar,
daß es ein Abschied für immer war.
Sie stauten sich vor den Türen der Schächte
mit Nähmaschinen und Akten und Vieh,
daß man sie endlich nach unten brächte,
hinab in die künstlichen Tage und Nächte.
Und sie erbrachen, wenn einer schrie.
Ach, sie erschraken vor jeder Wolke!
War´s Hexerei oder war´s noch Natur?
Brachte sie Regen für Flüsse und Flur?
Oder hing Gift überm wartenden Volke,
das verstört in die Tiefe fuhr.
Sie flohen aus Gottes guter Stube.
Sie ließen die Wiesen, die Häuser, das Wehr,
den Hügelwind und den Wald und das Meer.
Sie fuhren mit Fahrstühlen in die Grube.
Und die Erde ward wüst und leer.
II
Drunten in den versunkenen Städten,
versunken, wie einst Vineta versank,
lebten sie weiter, hörten Motetten,
teilten Atome, lasen Gazetten,
lagen in Betten und hielten die Bank.
Ihre Neue Welt glich gekachelten Träumen.
Der Horizont war aus blauem Glas.
Die Angst schlief ein. Und die Menschheit vergaß.
Nur manchmal erzählten die Mütter von Bäumen
und die Märchen vom Veilchen, vom Mond und vom Gras.
Himmel und Erde wurden zur Fabel.
Das Gewesene klang wie ein altes Gedicht.
Man wußte nichts mehr vom Turmbau zu Babel.
man wußte nichts mehr von Kain und Abel.
Und auf die Gräber schien Neonlicht.
Fachleute saßen an blanken, bequemen
Geräten und trieben Spiegelmagie.
An Periskopen hantierten sie
und gaben acht, ob die anderen kämen.
Aber die anderen kamen nie.
III
Droben zerfielen inzwischen die Städte.
Brücken und Bahnhöfe stürzten ein.
Die Fabriken sahn aus wie verrenkte Skelette.
Die Menschheit hatte die große Wette
verloren, und Pan war wieder allein.
Der Wald rückte näher, überfiel die Ruinen,
stieg durch die Fenster, zertrat die Maschinen,
steckte sich Türme ins grüne Haar,
griff Lokomotiven, spielte mit ihnen
und holte Christus vom Hochaltar.
Nun galten wieder die ewigen Regeln.
Die Gesetzestafeln zerbrach keiner mehr.
Es gehorchten die Rose, der Schnee und der Bär.
Der Himmel gehörte wieder den Vögeln
und den kleinen und großen Fischen das Meer.
Nur einmal, im Frühling, durchquerten das Schweigen
rollende Panzer, als ging´s in die Schlacht.
Sie kehrten, beladen mit Kirschblütenzweigen,
zurück, um sie drunten den Kindern zu zeigen.
Dann schlossen sich wieder die Türen zum Schacht.
Es gibt so viele Hinwendungen an einen ungarischen Mann in Österreich, „dem Erlöser der ungarischen Kirche“,

so viele Wünsche, Träume, Fürbitten, sein Wille möge auch in Österreich geschehen, daß zu seiner Ehrerbietung das Gedicht von Erich Kästner in der Übersetzung von Békés István auch in seiner Sprache zu ziteren, die viele in Österreich schon sprechen, auch wenn sie noch meinen, deutsch zu sprechen —
A vakondok avagy Legyen meg a ti akaratotok
I
Háborúktól tönkregyötörve
jó ezer ölre szálltak a földbe,
a városodukba, pincegödörbe,
de senki se tudta azt, hogy ott
minden időkre elbúcsúzott.
Tolongtak a tárnarácsot elérve,
bőg a barom, masinák vasa kong,
mind le szeretne jutni a mélybe,
a mű-tüzü napba, a mü-ködü éjbe.
S gyomruk kavarog, ha egy sikong.
Rémíti őket a kóbor felhő!
Átok-e már avagy élet-e még?
Fürdik a pázsit, a patak, a rét?
Vagy szökevény tömegekre lepergő
gyilkos mérgeket ont az ég?
Az Úr szép napját messzire hagyták.
És messze a rétet, a rengeteget,
a házat, a tengert, lenge szelet.
És jártak a liftek, teltek az aknák.
És a föld színe puszta lett.
II
Lent, hol a mélyben városok álltak,
mint állt rege-régen Vinéta alant,
folyt a nagy élet, dalt muzsikáltak,
tollal, atommal manipuláltak,
az pénzt keresett, ez ágyba zuhant.
Föléjük az Új Haza gép-ege zárul.
Kék horizontja csiszolt üveg.
Szunnyad a félsz. Az elme feled.
Csak néha meséltek anyák ibolyárul,
s a fű, falevél, telehold mese lett.
Ég meg a föld csak lírai forma.
Ódon verset idéz csak a régi idő.
Ki tudja: mi volt Bábel csodatornya.
A Káin, az Ábel kinek fia-bornya.
S a síron a mécses: neoncső.
Lestek a mesterek szemvakulásig,
hogy száz csodagépük mit dübörög.
Nagy periszkópok tükre mögött
ülve figyeltek: jön-e a másik.
Ám az a másik az sose jött.
III
Fent térdrerogyott paloták kőteste.
Sín kiszakadt, leomolt a híd.
Gyár suta csonkja meredt az égre keresztbe.
A tétet az ember elvesztette,
a néma magányba’ csak Pán dala sírt.
Beárad az erdő, rázúdul a romra,
gépcserepen tör az ablakoromra,
lokomotívokon átgázol,
tornyokat tűzdel a zöld hajú lombba,
s Krisztust ledönti az oltárról.
Újra parancs, ami ősjogu rend yolt.
Nem törhetik el törvényköveit.
Szavát medve, virág meg a hó követik.
Az égi madáré újra a mennybolt,
s nagy és kis halaké a víz, fenekig.
Évente, tavasszal, előkerekeztek
a tankok, alattuk porzik az út.
Cseresznyevirág-gallyakat szedegettek,
hogy lent mutogassák a kisgyerekeknek.
S ismét becsukódtak a tárnakapuk.
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